Zeit der Mutigen

1152 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783036950792
Erscheinungsdatum 08.09.2025
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag Kein & Aber
Sammlung Österreichischer Buchpreis 2025
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Kein & Aber Verlag
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Kurzbeschreibung des Verlags


Als das Dienstmädchen Eva am Vorabend des Ersten Weltkriegs ihrem Leben in der Donau ein Ende setzen möchte, wird sie stattdessen in die Arme des jungen Infanterieleutnants Alois Kozusnik gespült. Statt ihres Lebens verliert sie ihre Unschuld. Es ist der Startpunkt einer epischen Geschichte, die sich aus drei großen Erzählsträngen zusammensetzt und sich bis in die heutige Zeit fortspinnt. Was macht den Menschen aus? Wie durchlebt und übersteht er Jahre der Unterdrückung und Gewalt? Wie schafft er es immer wieder, Kraft zu schöpfen, zu hoffen und zu lieben?
Dimitré Dinev erkundet in seinem neuen großen Roman die Geschichte Europas und die zentralen Fragen des menschlichen Zusammenlebens und schafft damit ein literarisches Meisterwerk des Humanismus und der Empathie.


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FALTER-Rezension

Die Welt von gestern

Sebastian Fasthuber in FALTER 37/2025 vom 10.09.2025 (S. 36)

So ein Buch hat es schon länger nicht mehr gegeben. Der Anspruch, dass ein Roman die ganze Welt umfassen soll, ist der Literatur nicht erst gestern abhanden gekommen. Autoren wie Hermann Broch und Robert Musil rangen bereits vor knapp 100 Jahren damit, dass alles zu komplex und verworren geworden ist, um es noch in einem Gesamtzusammenhang darstellen zu können.
Jetzt kommt Dimitré Dinev daher und legt in einem anachronistisch wirkenden Kraftakt noch einmal einen totalen Roman vor. Dieser will einen umfassenden Einblick in das 20. Jahrhundert bieten. Ist das ein literarisches Wagnis, zeugt es von enormer Ambition? Schreibt der Autor gegen das Tempo der Zeit an, oder ist er aus der Zeit gefallen? Irgendwie trifft alles davon zu.

Die Donau fließt durch das Buch und verbindet die Handlungsstränge, die zunächst recht wenig miteinander zu tun haben. Anhand einer österreichisch-bulgarischen Familiensaga erzählt "Zeit der Mutigen" über mehrere Generationen von Unmenschlichkeit und Menschlichkeit, Naziverbrechen und kommunistischen Lagern. Ein Zufall bringt alles ins Rollen. Eigentlich wollte das Dienstmädchen Eva Nagel sich in die Donau stürzen, um sich das Leben zu nehmen. Sie landet jedoch in den Armen eines k. u. k. Offiziers und lebt weiter.

Der österreichische Strang ist großteils in der Wachau und in Wien angesiedelt. Der Böse ist ein Nazi-Winzer, der sich nach dem Krieg zwar eine Zeit lang versteckt hält, dann aber zurückkehrt und wieder gute Geschäfte macht. Zumindest bis zum Glykol-Skandal. Jene, die im Zweiten Weltkrieg Verbrechen begingen oder opportunistisch agierten, spielen bei Dinev jedoch nur Nebenrollen.

Ins Zentrum stellt er die Mutigen, auf die der Titel anspielt. Seine Hauptfiguren marschieren nicht mit der Masse. Sie sind Außenseiter und gehen mit der Art, wie sie leben, Risiken ein. Manche von ihnen setzen sich offensiv für Verfolgte und Flüchtlinge ein. Andere scheuen ihre Mitmenschen und verstecken sich am Rand von Dörfern. Als Bindeglied dient Meto, der auch den Namen Helmut trägt. Als Partisan bekommt er im Zweiten Weltkrieg eine Kugel in den Kopf. Er überlebt wie durch ein Wunder. Allerdings kann er sich an nichts aus seinem alten Leben erinnern. Schließlich nimmt er die Identität eines Wachauer Bäckers an, der nicht aus dem Krieg heimgekehrt ist. Die Witwe spielt mit -der neue Helmut ist ein netterer Zeitgenosse als der Gefallene. Am Ende wird sogar Liebe aus der ungewöhnlichen Liaison.

13 Jahre hat Dimitré Dinev an dem Roman gearbeitet, als Wunderkammer des Erzählens mit viel Schrecklichem und auch Schönem hat er ihn angelegt. Zwei, drei Wochen dauert die Lektüre auch bei flottem Lesetempo. Um es in der Internet-Konsumentensprache des Spätkapitalismus auszudrücken: Lohnt es sich?

Die Antwort ist -jein. Es braucht eine Engelsgeduld. Mitunter droht man sich in der Fülle an Geschichten, Episoden und Lebensläufen zu verlieren. Umso mehr, als Figuren manchmal für 100 Seiten und länger verschwinden, um danach plötzlich wieder aufzutauchen. Mitunter tun sie es unter neuem Namen in einem anderen Land.

Hier gibt einem der Roman leider nur wenig Orientierung. Der unvollständige Mini-Stammbaum auf der letzten Seite des Buches ist auch keine große Hilfe. Nach und nach stellen sich zwar immer mehr Bezüge her. Wichtiger als der Spannungsbogen sind aber ohnehin die zentralen Fragen, die der Roman stellt: Was braucht es, um ein Mensch zu sein? Und wer sind die Feinde der Menschlichkeit?

Die besten Passagen liegen am schwersten im Magen. Akribisch schildert Dinev, was Gefangene in bulgarischen Arbeitslagern erleiden mussten. Er nutzte dafür die Arbeiten des investigativen Journalisten Hristo Hristov, der jahrelang zu den Verbrechen der Staatssicherheit recherchiert hat.

Den Kommunismus schildert Dinev als Faschismus in einem anderen Mäntelchen. Und mit wenig reizvoller Reizwäsche. Eine Bulgarin hat bei einem Aufenthalt im Westen Gelegenheit, fremdzugehen.

Sie lässt sie verstreichen, weil sie sich ihrer Unterwäsche schämt: "Die sah so aus, als ob die Inquisition selbst sie hergestellt hätte."

Sein Herkunftsland lässt den Autor, der 2003 die österreichische Staatsbürgerschaft erlangt hat, bis heute nicht kalt. Bulgarien war nach dem Fall des Eisernen Vorhangs das einzige Land, in dem die Ex-Kommunisten die ersten Wahlen für sich entscheiden konnten. Weil sie sie manipulierten.

Auch eine Roma-Dynastie ist Teil der weit verzweigten europäischen Saga. Eindrücklich schildert Dinev das Leben des fahrenden Volkes - und wie es seine Identität durch Sesshaftigkeit zu verlieren droht. Der Ton ändert sich von Kapitel zu Kapitel. Werden die Roma mit Respekt bedacht, ist Dinevs Blick anderswo ironischer. Das betrifft etwa linke Studenten und Indien-Reisende der 1970er. Die verspäteten 68er in Österreich rebellieren im Buch wortreich gegen ihre Nazi-Eltern. Viele wollen im Grunde aber nur bei den Frauen gut dastehen und saufen und ficken. Die Ideale tauschen sie irgendwann gegen eine Karriere. Das Saufen und - nach Möglichkeit -Ficken behalten sie bei.

Die starken Figuren im Roman sind aber die Frauen. Auch im sexuellen Sinne. Sie bestimmen, ob und wann etwas passiert. Dinevs Sexszenen sind mutig, da er sie mythologisch auflädt und Pathos nicht scheut.

"Zeit der Mutigen" schildert eine Welt von gestern, die nur scheinbar weit zurückliegt. Die Themen Menschlichkeit und Mut bleiben höchst gegenwärtig.

Ein bisschen Kürzen wäre trotzdem okay gewesen.

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