Victor Adler / Friedrich Engels, Briefwechsel

267 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783050049885
Erscheinungsdatum 14.12.2011
Genre Geschichte
Verlag De Gruyter
Herausgegeben von Gerd Callesen, Wolfgang Maderthaner
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De Gruyter GmbH
Genthiner Straße 13 | DE-10785 Berlin
productsafety@degruyterbrill.com
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Kurzbeschreibung des Verlags


Die Korrespondenz zwischen Friedrich Engels und Victor Adler, den beiden "Hofräten der Revolution", berührt außer persönlichen Fragen insbesondere Überlegungen zu taktischen Problemen der Arbeiterbewegung. In der Zeit eines Aufschwungs der Bewegung stellte sich für den führenden Vertreter der seit 1889 geeinten österreichischen Arbeiterbewegung und dem Veteranen, der fast 50 Jahre auf theoretischem wie praktischen Gebiet zur Entwicklung der Bewegung beigetragen hatte, die Frage, wie die Eroberung der politischen Macht, "die einzige Tür in die neue Gesellschaft", vollbracht werden könne. Es galt mit den Worten von Engels "den Stein ins Rollen zu bringen", um die Kettenreaktion auszulösen, die diese Tür öffnen würde. Voraussetzung für die Diskussion des europäischen Sozialismus waren Massenstreiks der Arbeiter, Wahlerfolge, Demonstrationen, u. a. seit 1890 am 1. Mai in mehreren Ländern. Wichtig wurden die Kämpfe um das Wahlrecht, die in Belgien einen erfolgreichen Ausgangspunkt fanden und in Österreich weitergeführt wurden. Sie brachten Engels zu der Überzeugung, dass die österreichische Bewegung unter den gegebenen Umständen die "Avantgarde des europäischen Proletariats" bilden solle. Da Massen neu in die Arbeiterbewegung strömten, waren sich die zwei Diskutanten einig, dass parteiintern offene Diskussionen eine absolute Notwendigkeit seien, "um nicht zur Sekte zu werden". Massenbewegung und gemeinsamer Standpunkt mussten vereinigt werden. Der vorliegende Band enthält den gesamten überlieferten Briefwechsel sowie Texte von Adler und Engels, auf welche in der Korrespondenz Bezug genommen wird.


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FALTER-Rezension

Die Vizegottheit der Linken und der Arbeiterführer aus Wien

Robert Misik in FALTER 14/2012 vom 06.04.2012 (S. 15)

Die Korrespondenz zwischen Friedrich Engels und Victor Adler schenkt den Sozialdemokraten Hoffnung und wird Revolutionäre enttäuschen

Es hat eine abenteuerliche Odyssee hinter sich und seit 1959 ruhte es im Wiener "Verein für Geschichte der Arbeiterbewegung" – das Papierbündel mit dem Briefwechsel zwischen Victor Adler und Friedrich Engels. Aber jetzt wurde die Korrespondenz zwischen dem legendären Gründer der österreichischen Sozialdemokratie und Friedrich Engels, Marx-Freund und quasi Vizegottheit der internationalen Linken, erstmals umfassend veröffentlicht.
Der Briefwechsel hat es in sich. Engels und Adler waren sich erstmals in den 1880er-Jahren begegnet, seit 1890 verband den damals 38-jährigen Adler und den 70-jährigen Engels eine immer enger werdende Freundschaft. "Erwarte Euch mit Sehnsucht", schrieb Engels an Adler und sorgte sich um den jungen österreichischen Armenarzt und Parteiorganisator. So sehr, dass er in einem Brief annoncierte, er möchte "euch Österreichern" wieder Geld zuwenden, sich aber "wegen der Verwendung einige Vorbehalte zu machen erlauben". Denn Engels grämte, "dass Deine Tätigkeit für die Partei fortwährend gehemmt wird durch die Unfähigkeit eben dieser österreichischen Partei, Dir diejenige Stellung zu sichern, die Dir erlaubt Deine ganze Zeit & Kraft der Sache zu widmen".
Fortan finanzierte Engels, der früher schon Karl Marx unterstützt hatte, Victor Adlers Lebensunterhalt immer wieder mit 1000 Mark da, 500 Mark dort.

Die Hofräte der Revolution
Linksradikale Phrasendrescher, die in Engels einen der Säulenheiligen kompromissloser Revolutioniererei sehen, werden mit dem Engels, der sich in diesen Briefen zu erkennen gibt, keine große Freude haben. Gemeinsam mokieren sich der Pragmatiker Adler und der alte Engels über den linksradikalen "Rausch der Phrasen".
Engels lobte Adlers Strategie des "Schritts vor Schritt", und als die Parteilinke im Wahlrechtsstreit für den revolutionären Generalstreik plädierte, gelang es Adler, die "revolutionäre Aktion" auf den Sanktnimmerleinstag zu verschieben, worauf Engels schrieb: "Zu der Art, wie Du den Generalstrike in den Schlummer gewiegt hast, gratuliere ich Dir …" Engels wiederum hielt der linken Opposition immerhin zugute, sie verhindere, dass die Partei in Spießigkeit versumpfe: "Die Opposition von links müsste erfunden werden, wenn man sie nicht hätte; nur würde man sie um eine Nuance gescheiter und anständiger erfinden."
Es zeigt sich hier in der schönsten Offenheit, was Eingeweihte schon ahnen konnten: dass es Engels selbst war, der in seinen letzten Lebensjahren sachte jenen sozialdemokratischen "Revisionismus" begründete, der Reform vor Revolution stellte und später dann von Theoretikern wie Eduard Bernstein theoretisch begründet wurde.
Dass hier gewissermaßen zwei reformistische Warmduscher unter sich waren, ist das Überraschendste an diesem Briefwechsel. Darüber hinaus bestechen die beiden berühmten Korrespondenten durch ihre (Selbst-)Ironie und ihren Charme.
Adler schimpft auf die "Dummheit, Kleinlichkeit … im eigenen Lager", nennt sich und Engels "Hofräte der Revolution", mokiert sich über die "Phrasenmäuligkeit gewisser Genossen", während der alte Engels die guten Ratschläge des Arztes Adler folgendermaßen quittiert: "Ich treibe Diät nach Noten, behandle meinen Verdauungskanal wie einen mürrischen bürokratischen Vorgesetzten, dem man immer nach der Pfeife tanzen muss."

Zu ernst, zu wenig wienerisch
Schön sind die ironischen Halbsätze Adlers zur österreichischen Mentalität, wenn er beschreibt, wie die Partei Nachstellungen durch die Polizei übersteht: "Derlei ist auch nur in Österreich möglich, wo nicht einmal Niedertracht und Polizeiperfidie ordentlich gemacht werden."
Von Adler stammt ja das berühmte Diktum, im kaiserlichen Österreich herrsche "Despotie, gemildert durch Schlamperei". Die demokratische und soziale Reformpartei der Sozialdemokratie dürfe sich freilich nicht von diesem Geist des Österreichertums anstecken lassen: "Was wir erzielt haben, erreichten wir nur dadurch, dass wir nicht Österreicher sind, oder vielmehr uns als Nichtösterreicher maskierten, dass wir nicht schlampert, nicht flackernd, nicht sprunghaft und schnell ermüdet waren."
Dass der Herr Adler aus dem Café Griensteidl dann natürlich doch ein Wiener war, zeigte sich wenige Wochen nach Gründung der täglich erscheinenden Arbeiter-Zeitung, in die er all seine Kraft steckte: "Redaktionell bin ich immer noch nicht zufrieden. Das Blatt ist noch immer zu ernst, zu wenig wienerisch."
Engels hatte von London aus eifrig an der Finanzierung des Blattes mitgewirkt und Geldgeber aufgetrieben. "Das erste Tagblatt", schrieb er, "bezeichnet überall einen gewaltigen Fortschritt im Leben einer Partei, & besonders einer Arbeiterpartei! Es ist die erste Position, von der aus sie, wenigstens auf dem Gebiet der Presse, ihre Gegner mit gleichen Waffen bekämpfen kann."
Engels starb kurz danach, im Sommer 1895, an Kehlkopfkrebs, und der Arzt Adler verbrachte noch zwei Wochen an seinem Sterbebett, als persönlicher und ärztlicher Sterbebegleiter. Die Freundschaft mit dem legendären Revolutionshaudegen Engels muss für Adler eine Art Ritterschlag gewesen sein.
Wir sind heute von all dem durch mehr als 100 Jahre getrennt, und doch blitzt in diesem Briefwechsel immer wieder etwas Bekanntes auf: die Spannung zwischen "reiner Lehre" und "kleinen Schritten", zwischen scharfem Antikapitalismus und Reform, zwischen Phrasendrescherei und Pragmatismus. "Gäbs die scharfen Linken nicht, man müsste sie glatt erfinden, nur gescheiter." Wer würde sich das, so wie Adler, nicht auch heute denken?

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