Beginners

Uncut - Die Originalfassung
368 Seiten, Hardcover
€ 22.7
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ISBN 9783100101501
Erscheinungsdatum 05.04.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag S. FISCHER
Übersetzung Manfred Allié, Gabriele Kempf-Allié
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S. Fischer Verlag GmbH
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Kurzbeschreibung des Verlags


Raymond Carver ist vielleicht der berühmteste Autor amerikanischer Short Stories im zwanzigsten Jahrhundert. Die Lakonie der Aussparung, die minimalistischen Details und wortkargen Dialoge prägten eine ganze Generation von Autoren - besonders durch Carvers zweiten, Kult gewordenen Erzählband »Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden«. Dieses Buch wurde jedoch in einer Version veröffentlicht, in der sein Lektor teilweise extreme Eingriffe vorgenommen hatte. Raymond Carver wünschte sich selbst eine Ausgabe des ungeschnittenen Manuskripts. Dieses wird nun zum ersten Mal auf Deutsch publiziert wird: eine Weltsensation.


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FALTER-Rezension

Carver Uncut

Klaus Nüchtern in FALTER 28/2012 vom 13.07.2012 (S. 29)

Erstmals liegen die legendären Kurzgeschichten von Raymond Carver in ihrer ganz schön unkurzen Fassung vor

Am Morgen des 8. Juli 1980, nach einer schlaflosen Nacht, schreibt Raymond Carver seinem Freund und Lektor Gordon Lish einen eindringlichen und verzweifelten Brief. Nachdem er ihn seiner Hochachtung und Freundschaft versichert und wiederholt beteuert hat, wie viel er ihm verdanke, fleht er ihn an, nicht wieder derart rigoros in seine Storys einzugreifen, wie Lish das zuvor in Carvers erstem Erzählband "Würdest du bitte endlich still sein, bitte" (1976) getan hatte.
Das Ringen um "ein wenig Selbstachtung und Selbstwertgefühl als Schriftsteller" ist leicht nachzuvollziehen. Carver steckt in einem furchtbaren Dilemma. Denn tatsächlich verdankt sich die vielzitierte und hochgelobte Lakonie seiner Short Storys vor allem den gnadenlosen Amputationsambitionen von Lish. Als Carver, der nicht als "Minimalist" gelten mochte, mit seinem dritten Erzählband "Kathedrale" (1983) in eine andere Richtung geht, warnt er seinen Lektor vor, dass es unter diesen Geschichten "einige geben wird, (…) die nicht den Vorstellungen entsprechen, die man von einer Carver-Story hat". Und wieder bittet er Lish, sich zurückzuhalten: "Bitte hilf mir mit diesem Buch als guter Lektor, als der beste … aber nicht als Ghostwriter."
Carvers flehentliches Schreiben aus dem Juli 1980 dürfte Lish freilich noch nicht sonderlich beeindruckt haben. Der 1981 unter dem Titel "Wovon wir reden, wenn wir von Liebe reden" erschienene Band ist nicht einmal halb so umfangreich wie das posthum veröffentlichte "Beginners" (2009), das die Storys in der Originalgestalt und mit den vom Autor vorgesehenen Titeln versammelt und nun auch in deutscher Übersetzung vorliegt.

So als hätte der Fluch einer besonders bösartigen Namensmagie über dem Autor gehangen – das Verb to carve bedeutet unter anderem "zerschneiden" und "tranchieren" –, waren die Erzählungen von Lish oft um weniger als die Hälfte zusammengeschnitten worden. Am härtesten traf es just die Story "Ein kleiner Segen", bei der Carver seinen Lektor um besondere Rücksichtnahme gebeten hatte: "Das Bad", wie der Titel in der 1981er-Version lautet, war um ganze 78 Prozent kürzer als das Original. Die Filetierung hatte Carver offenbar so geschmerzt, dass er bereits in dem Erzählband "Kathedrale", der nur zwei Jahre nach "Wovon wir reden …" erschien, eine deutlich längere Fassung davon publizierte.
Wer Robert Altmans Carver-Kompilation "Short Cuts" (1993) kennt, wird die Episode nicht vergessen haben. Es ist die Geschichte vom kleinen Scotty (im Film: Casey), der von einem Auto angefahren wird und an den Folgen des zunächst harmlos scheinenden Unfalls stirbt. Während der Bub in Carvers Originalfassung noch einmal kurz aus dem Koma erwacht, um einen furchterregenden Schrei auszustoßen, ehe er sein Leben aushaucht, ist in der Strichversion des Lektors so ziemlich alles ausgespart, was die Dramatik und das Pathos der ursprünglichen Version ausmacht.

Angesichts der Unterschiede, die nicht nur den Umfang, sondern auch Stil und Inhalt betreffen, sollte man aber ohnedies eher von zwei eigenständigen Storys sprechen, die sich desselben Stoffes bedienen und deren Gegensätzlichkeit schon im Titel ihren Ausdruck findet: Lishs Bemühen um coole enigmatische Knappheit entsprechend verrät "Das Bad" nichts über den Kern der Geschichte und spielt lediglich auf das Vorhaben der am Krankenbett wachenden Mutter an, ihren Mann kurz mit dem komatösen Buben alleine zu lassen, um zu Hause ein Bad zu nehmen. "Ein kleiner Segen" ("A Small, Good Thing") hingegen antizipiert die Schlusspointe, die Carver für seine Story vorgesehen hatte.
Die Nebenhandlung, die der Erzählung in einer überraschenden Wendung noch zusätzliche emotionale Tiefe verleiht, kommt in "Das Bad" allenfalls in Spurenelementen vor. Scottys Eltern haben nämlich eine Geburtstagstorte bestellt und abzuholen vergessen, worauf sich der verärgerte Bäcker als anonymer Anrufer betätigt. Schließlich wird den zunächst vor Sorge und dann vor Trauer vergehenden Eltern klar, wer sie da behelligt, und sie beschließen den Telefonterroristen zu nachtschlafender Zeit mit seinem schändlichen Treiben zu konfrontieren.
Der Bäcker, der von der ganzen Tragödie natürlich nichts mitbekommen hat, ist zutiefst beschämt, und versucht im Rahmen seiner Möglichkeiten Abbitte zu leisten und Trost zu spenden:
",Wahrscheinlich brauchen Sie etwas zu essen', sagte der Bäcker. ,Ich hoffe, Sie essen ein paar von meinen frisch gebackenen Teilchen. Sie müssen essen, damit Sie auf den Beinen bleiben. Essen, das ist ein kleiner Segen in einem solchen Augenblick', sagte er. Er brachte ihnen warme Zimtschnecken frisch aus dem Ofen – der Zuckerguss war noch nicht trocken. (…) Sie aßen Schnecken und tranken Kaffee. Ann war plötzlich hungrig, und die Schnecken waren warm und süß. Sie aß drei Stück, und der Bäcker freute sich."
Liest man die beiden Geschichten im Vergleich, befällt einen der Verdacht, Lektor Lish könnte sich vor der emotionalen Eindeutigkeit des ganz buchstäblich etwas klebrigen Finales geekelt haben. Chirurgen, die einem beide Beine und einen Arm abnehmen, müssen unsentimentale Menschen sein. Keine Frage: "Das Bad" ist eine brillante Short Story, deren kristalline Knappheit sie zum ewig leuchtenden Vorbild in den creative writing classes macht. Aber ebenso fraglos ist es die ursprüngliche Fassung Carvers, die uns berührt und die wir in Erinnerung behalten werden.

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