Der Einfluss der Fasane

Roman
240 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783103971712
Erscheinungsdatum 12.03.2025
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag S. FISCHER
Sammlung Besser lesen mit dem FALTER - Die Bücher zum Podcast Folge 101-
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S. Fischer Verlag GmbH
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Kurzbeschreibung des Verlags


An einem frühen Morgen steht Hella Karl am Briefkasten und liest die Meldung, die sie aus der Bahn werfen wird: Der Star der Berliner Theaterszene und Gravitationszentrum der Kulturwelt hat sich das Leben genommen. Hella Karl, Feuilletonchefin einer großen Zeitung, ist nicht so leicht aus der Ruhe zu bringen und glaubt, alles im Griff zu haben. Doch sie hat einen folgenreichen Artikel über den gefeierten Mann verfasst – und jetzt wird sie für seinen Tod verantwortlich gemacht. Ist er an sich selbst gescheitert, oder hat Hella Karl ihn in den Tod geschrieben?


»Der Einfluss der Fasane« erzählt heiter und packend von einer, die die Kontrolle verliert. Von den Erregungsdynamiken, die sich, einmal in Gang gesetzt, nicht mehr steuern lassen. Ein leichtfüßiger Roman über schwere Vorwürfe, das Ringen um Worte und über das Unheil von medialen Diskursen.


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ISBN 9783103971712
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FALTER-Rezension

Möglichst früh zu spät kommen

Stefanie Panzenböck in FALTER 12/2025 vom 21.03.2025 (S. 17)

Hella Renata Karl ist Feuilletonchefin einer Berliner Tageszeitung. Sie wohnt im beschaulichen Potsdamer Stadtteil Klein-Glienicke, in „kinderloser, haustierloser Zweisamkeit“ mit ihrem Mann, der nur T. genannt wird. Als sie eines Morgens die Zeitung, für die sie arbeitet, aus dem Postkasten nimmt, liest sie, dass sich der schillernde Theaterintendant der Hauptstadt, Kai Hochwerth, das Leben genommen hat. In Australien, vor der Oper in Sydney. Dorthin hatte er seine Frau, eine Sopranistin, begleitet. Warum wurde sie nicht früher davon informiert?

Weil er unter dem Verdacht stand, seine Macht als Direktor missbraucht zu haben, hatte Hochwerth seinen Job verloren. Der Artikel, der dafür den Ausschlag gab, stammte von Hella Karl und trug die Überschrift: „Intendant zwingt Schauspielerin zur Abtreibung“. In der Öffentlichkeit, der analogen wie der digitalen, ist das Urteil schnell gefällt : Mit dieser reißerischen Schlagzeile habe die Journalistin den Kulturmanager in den Tod geschrieben.

Was es mit dem Suizid Hochwerths tatsächlich auf sich hat, ist in diesem hochreflektierten Roman über Macht und Medien nur eine Frage von vielen. Während die Protagonistin versucht, mit den Anschuldigungen umzugehen, werden in den geschickt eingeflochtenen Rückblenden immer noch weitere Themen angeschnitten. Analytisch und elegant beschreibt die deutsche Schriftstellerin und Buchpreisträgerin Antje Rávik Strubel die Mechanismen gesellschaftlicher Kräfteverhältnisse.

Wie sieht Qualitätsjournalismus in Zeiten von Social Media aus, und wie bewahrt man sich seine Unabhängigkeit? Wie berichten Zeitungen darüber, dass erfolgreiche Kunstschaffende ihre Position missbrauchen, und wie reagiert man, wenn einem selbst ein Shitstorm entgegenschlägt?

Hella Karl findet, dass sie einen „seltsamen Beruf“ gewählt hat; einen, „in dem man immer zu spät kam. Man war nie zur rechten Zeit zur Stelle. Und diese Verspätung war uneinholbar, auch wenn sich einige aus der Branche darin überboten, so früh wie möglich zu spät zu kommen“ – ganz im Gegensatz zu Menschen, die gestalten, wie Friseure oder Piloten. Journalisten können „nichts ausrichten, sie richteten nach“.

Rávik Strubel beschreibt, wie dieser Umstand für die Branche selbst immer mehr zum Problem wird. Obwohl genau das „Nachrichten“ seriösen Journalismus ausmacht, der auf genauer Beobachtung, Distanz und Reflexion beruht – alles Dinge, denen sich Hella Karl verpflichtet fühlt. Die Geschäftsführung aber schielt auf höhere Verkaufszahlen, will „mehr Gefühle, weniger Analyse“.

Karl versucht, einen Weg zu finden, beides in Einklang zu bringen – eine Art „hemdsärmeligen Qualitätsjournalismus“, wie sie sich rechtfertigt und die entsprechende Schlagzeile formuliert: „Intendant zwang Schauspielerin zur Abtreibung.“ Die Aussage der Betroffenen hat sie auf Band, der Intendant aber verweigert jede Stellungnahme. Die Recherche ist noch nicht abgeschlossen, aber die Schlagzeile steht fest.

Subtil und äußerst differenziert beschreibt die Autorin, warum es Hella Karl schwerfällt, Distanz zu Hochwerth zu halten. Die Lebenswege der Protagonisten ähneln einander nämlich. Beide sind in finanziell und sozial prekären Verhältnissen aufgewachsen und auf der gesellschaftlichen Leiter Sprosse für Sprosse nach oben geklettert. Nur, Hochwerth ist sich seiner neuen Position bewusst. Karl kämpft.

Die erste Begegnung empfindet sie als Demütigung. Während eines Premierenempfangs stellt ihr Hochwerth in Anwesenheit anderer eine Frage und wendet sich, noch während sie antwortet, gelangweilt ab; widmet sich der Frau neben ihr, die es allerdings bei weitem schlimmer trifft: „Sie sehen aus, als wären Sie mit einer schönen Fotze gesegnet“, meint er zu ihr. Sie lächelt, die anderen schweigen.

Im Laufe der Jahre entwickelt sich zwischen den beiden ein Verhältnis, das Karl mit den Worten „ich konnte gut mit ihm“ beschreibt. Außerdem übt er als jemand, der sich vor nichts und niemandem zu fürchten scheint, eine erotische Anziehungskraft auf sie aus, denn: „Einen Mann, der sich fürchtete, wollte sie nicht im Bett.“

Karl gleicht jenen Frauen, die für #MeToo-Debatten nur bedingt Verständnis haben. Auch für die Arbeitsbedingungen im Kulturbetrieb zeigt sie vorerst kein Interesse – bis sie im Zuge ihre Recherchen zum Fall Hochwerth zur Kenntnis nehmen muss, dass sexuelle Belästigung im Theaterbetrieb offenbar auf der Tagesordnung steht: „Hella war der Sache schnell überdrüssig geworden. Das Theater war […] eine museale Angelegenheit, schillernd, aber tot, und seine Gepflogenheiten wichen schon wegen der ständigen psychologischen Extreme und sexuellen Spannungen vom Normalen ab.“

Nach dem Tod des Intendanten sucht sie das Gespräch mit einem Schauspieler aus dessen Ensemble, der ihr über Social Media ausrichten hat lassen, mit einer Eisenstange bei ihr in der Redaktion vorbeischauen zu wollen. Es bleibt bei wüsten Beschimpfungen. Hella reagiert, indem sie Hochwerth zitiert. „Schon gut. Aus Grausamkeit entsteht die größte Kunst.“ Dann fragt sie: „Sollte das Theater nicht der Verbesserung der Verhältnisse dienen?“ Die Antwort des Schauspielers: „Mit dem Theater dient man nur sich selbst. Fick, fick, fick.“

An der Figur Hella Karl wird sichtbar, wo die Probleme des Kulturjournalismus aktuell liegen. Einerseits steigt das Bewusstsein dafür, dass Machtmissbrauch in Kulturbetrieben oft vorkommt und darüber berichtet werden muss. Aber hat man schon alles überprüft? Andererseits will man sich vom genialen Künstler, der sich mehr erlauben darf als andere, nicht verabschieden. Dazwischen steht fundierte Recherche und eine seriös formulierte Nachricht.

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