Meine Zuflucht und mein Sturm

368 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783103977097
Erscheinungsdatum 08.10.2025
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag S. FISCHER
Übersetzung Anette Grube
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S. Fischer Verlag GmbH
Hedderichstraße 114 | DE-60596 Frankfurt am Main
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Kurzbeschreibung des Verlags


Bewegt von dem Ansturm der Erinnerungen und Gefühle, die vom Tod der Mutter hervorgerufen werden, erzählt Arundhati Roy die zutiefst beeindruckende und manchmal verstörende Geschichte ihres eigenen Lebens. Ein intimer, bedeutsamer und sensibel erzählter Blick auf Kindheit und Gegenwart, auf vererbten Widerstandsgeist und die Lebensrealität in Indien. Und eine Geschichte über Geschwister, die zusammenhalten gegen mütterliche Gewalt, sowie eine junge Frau, die ausbricht, um eine der unerschrockensten Stimmen unserer Zeit zu werden.


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FALTER-Rezension

Der gefährlichste Ort der Welt

Kirstin Breitenfellner in FALTER 42/2025 vom 15.10.2025 (S. 23)

anche Leserinnen und Leser werden sich noch an den Hype um den Debütroman von Arundhati Roy im Jahr 1997 erinnern: „Der Gott der kleinen Dinge“ gewann im selben Jahr den Booker Prize und hat sich seitdem acht Millionen Mal verkauft. Andere haben den Weltbestseller damals vielleicht verweigert. Sie alle können sich nun einem spannenden Experiment hingeben: zuerst Roys jüngstes Buch, das Memoir „Meine Zuflucht und mein Sturm“, lesen und sich danach dem so bezaubernden wie verstörenden Erstling Roys widmen.

Allerdings steht zu befürchten, dass der Lesegenuss getrübt wird, wenn man weiß, welche Persönlichkeit hinter der Mutter namens Ammu steht, die im Roman zwar auch gehörig gemein sein kann, am Schluss aber eine berührende Liebesgeschichte zugeschanzt bekommt. Eine Lovestory ohne Happy End.

Eine solche stellt auch die Beziehung der Autorin zu ihrer Mutter Mary dar. Deren Tod im Jahr 2022 setzt die mittlerweile über 60-jährige Tochter auf die Spur der Wahrheit hinter der eigenen Fiktion. Der Originaltitel, „Mother Mary Comes to Me“, spielt auf den Beatles-Hit „Let It Be“ an, komponiert von Paul McCartney, der in dieser Zeile seiner früh verstorbene Mutter im Traum begegnet. Dagegen wirkt der deutschsprachige Titel bräsig, das wird dem Verkaufserfolg aber keinen Abbruch tun.

Geboren 1933 in dem ab 1957 kommunistisch regierten Kerala als Mitglied einer Familie syrisch-orthodoxer Christen, erzieht Mary Roy ihre Kinder mit rabenschwarzer Pädagogik – mit Quälereien und Sadismus. „Sie ist nur so, weil sie uns liebt“, glauben diese. Heute erklärt sich die Autorin ihre Flucht selbst aus glücklichen Beziehungen mit dieser Traumatisierung, denn für sie bleibt familiäre Nähe „der gefährlichste Ort der Welt“.

Manche Sätze kommen in beiden Büchern vor und werden erst jetzt in all ihrer Grausamkeit verständlich, etwa die Botschaft der Mutter an die Kinder: „Ich hätte euch an dem Tag, an dem ihr geboren seid, ins Waisenhaus bringen sollen! Ihr seid die Mühlsteine an meinem Hals!“ Einige davon erschließen sich erst durch die Kenntnis des Memoirs: „Ihr seid nicht die Sünder. Ihr seid diejenigen, gegen die gesündigt wurde.“

Man dechiffriert den realitätsverformenden Prozess der Literarisierung mit angehaltenem Atem. Und der wird auch von der Autorin selbst thematisiert, wenn sie die Vorbilder hinter den Protagonisten des Romans offenlegt. „Du hast aus allen Ungeheuern nette Menschen gemacht“, kommentierte ihn kichernd ihr Bruder. Übrig bleibt die tieftraurige Geschichte eines von Narzissmus gespeisten Machtmissbrauchs, aus dem sich die Autorin bis heute nicht zu befreien vermag. Kurz vor ihrem Tod lässt die Mutter, die hier durchgehend „Mrs Roy“ genannt wird, der Tochter endlich (schriftlich) Anerkennung zukommen: „Ich habe niemanden auf der Welt so geliebt wie dich.“ „Das lebenslange Festhalten an meiner Liebe zu ihr hatte endlich ihre Barrieren durchbrochen“, glaubt die Tochter.

Arundhati Roy kann immer noch glänzend erzählen: lapidar, rotzfrech, poetisch und oft komisch, um nicht zu sagen: sardonisch. Und immer politisch. Auch das hat mit Mary Roy zu tun, einer Frau mit der „Courage einer Gangsterin“. 1967 gründete die geschiedene, alleinerziehende Mutter eine Schule, die zahlreichen Kinder den Weg in ein besseres Leben ermöglichte. Nach dem Tod ihres Vaters focht sie ein Gesetz an, das Töchter vom Erbe ausschloss, und gewann 1984 vor dem indischen ­Supreme Court.

Mary Roy lebte ihrer Tochter damit die Unerschrockenheit und Sturheit vor, die es braucht, um politische Kämpfe durchzustehen, und ebnete damit den Weg für deren zweite Karriere als Aktivistin: im Pakistan- und Kaschmir-Konflikt (den ihr zweiter Roman, „Das Ministerium des äußersten Glücks“ von 2017, zum Thema macht) sowie im Schutz von Umwelt und Minderheiten.

„Ich habe mein Leben immer als Fußnote zu den Dingen verstanden, die wirklich wichtig sind. Nie als tragisch, oft als lustig“, schreibt die Autorin in der Einleitung. „Ich habe die endlosen Theorien und Erklärungen satt. Ich glaube, heute sind mir Beschreibungen lieber“, heißt es an anderer Stelle. Mit „Meine Zuflucht und mein Sturm“ legt sie die Doppelbiografie zweier unbeugsamer Frauen vor – ein großes Buch.

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