

Thomas Leitner in FALTER 26/2025 vom 27.06.2025 (S. 28)
Maria Leitner (1892-1942) wird nach und nach wiederentdeckt. Schon die Neuauflage ihres Romans "Hotel Amerika" (1930) beeindruckte. Der Ton der Autorin hat sich allerdings geändert: "Elisabeth" ist nicht mehr kühle Sozialreportage, sondern engagierte Literatur. Mit expressionistischen Strichen wird die allmähliche Ernüchterung eines naiv-begeisterten BdM-Mädchens geschildert.
Der Roman erschien 1937 in einer Pariser Emigrantenzeitschrift und führt den Lesern die Anfänge der Nazi-Diktatur vor Augen. Die Torturen, die Jugendliche in "Landverschickung" genannten Arbeitslagern erlebten, repressive Abtreibungspolitik und erste Sterilisierungskampagnen lassen das Schlimmste bereits erahnen. Die nahe Budapest aufgewachsene Autorin mit österreichischem Pass starb 1942 in Marseille als Widerstandskämpferin.