Die Südbahn

Ihre Kurorte und Hotels
415 Seiten, Hardcover
€ 67
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
Reihe Semmering Architektur
ISBN 9783205200048
Erscheinungsdatum 28.05.2018
Genre Geschichte/Allgemeines, Lexika
Verlag Böhlau Wien
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Brill Österreich GmbH
info@boehlau-verlag.com
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Spannend liest sich die Architekturgeschichte der Südbahnhotels, die aufgrund ihrer Lage zwischen Gletschern und Palmen beispielhaft für die Gründung zahlreicher Kurorte waren. Dazu zählen die Höhenluftregion Semmering, Toblach (Dobbiaco) in den Südtiroler Dolomiten und der adriatische Kurort Abbazia (Opatija), alles Orte, die eng mit Österreichs Eisenbahngeschichte verwoben sind.Durch die internationale Gästeschar, die vor dem Ersten Weltkrieg aus allen Teilen der Habsburgermonarchie die Hotelanlagen entlang der neuen Bahnstrecke besuchte, nahm Österreichs Tourismusgeschichte ihren Anfang. Das vorliegende, reich bebilderte und opulent ausgestattete Buch bietet dem Leser nicht nur ein architektur- und kulturgeschichtliches Zeitbild altösterreichischer Kurorte, sondern auch einen interessanten gesellschaftspolitischen Überblick vom Fin de Siècle bis heute. Die wissenschaftliche Bearbeitung der hier vorgestellten residenzartigen Südbahnhotels war dringend geboten, da weltweit immer mehr großartige Hotelensembles der Belle Époque zerstört werden. Um dem märchenhaften Südbahnhotel am Semmering dieses Schicksal zu ersparen, zeigt die Autorin an internationalen Beispielen auch diverse denkmalpflegerische Neunutzungen alter Grand- und Palasthotels auf.

Mehr Informationen
Reihe Semmering Architektur
ISBN 9783205200048
Erscheinungsdatum 28.05.2018
Genre Geschichte/Allgemeines, Lexika
Verlag Böhlau Wien
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Brill Österreich GmbH
info@boehlau-verlag.com
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Die Traumfabrik

Matthias Dusini in FALTER 27/2019 vom 05.07.2019 (S. 26)

Das Südbahnhotel auf dem Semmering ist ein Denkmal der Tourismusgeschichte. Eine Saison lang, im Zuge eines Kulturfestivals, öffnet der Palast seine Pforten. Geht noch mehr?

Das Wunder fängt bei der Drehtür an. Sie ist mit raffiniert gebogenen Glaswänden ausgestattet und symbolisiert mondäne Betriebsamkeit. Es geht auf der Terrasse weiter, wo der Schriftsteller Karl Kraus in den „Letzten Tagen der Menschheit“ eine elegante Gesellschaft über die Schrecken des Krieges spotten lässt. Oder besuchen wir gleich den großen, längst verlassenen Speisesaal, dessen mit Stuck dekoriertes Gewölbe an eine Barockkirche erinnert. Man staunt über die mit vierblättrigem Klee dekorierten Fliesen, die den Gästen Glück versprachen. Der Blick auf Rax und Schneeberg stimmt erhaben. Das prächtig vor sich hin modernde Südbahnhotel auf dem Semmering war eine touristische Utopie, die Natur und Komfort, Fortschritt und Romantik vereint.

Nachdem das Hotel 1976 geschlossen wurde, bietet sich nun wieder die Gelegenheit, den gebauten Traum zu besuchen. Der Kultursommer Semmering, ein Festival mit Konzerten, Lesungen und Theateraufführungen, übersiedelt vom Kurhaus Semmering ins Südbahnhotel. Ein Streit mit dem Eigentümer des ehemaligen Sanatoriums machte den Schritt notwendig (siehe Kasten Seite 28). Stattdessen öffnet ein Denkmal der frühen Freizeitgesellschaft seine Pforten. In dem siechen Koloss steckt noch immer viel Kraft. Der Star einer vergangenen Epoche könnte ein Revival schaffen.

Die 1854 für den Verkehr freigegebene Eisenbahnstrecke über den Semmering stieg zum Symbol nationaler Identität auf. Noch in der Zweiten Republik war man stolz auf die Ingenieursleistung des Erbauers Karl Ritter von Ghega. Die Viadukte fügen sich malerisch in die alpine Landschaft. Eine wichtige Schlacht bei der Eroberung der Landschaft war das Südbahnhotel, das mit dem Bahnbau unmittelbar verbunden war.

Nach englischem Vorbild baute die private Südbahngesellschaft, die das Habsburgerreich mit Bahnverbindungen erschloss, am Ende der Linien große Hotels. Im heute kroatischen Opatija, im Südtiroler Pustertal und eben auch auf dem Semmering entstanden Herbergen auf höchstem Niveau. Sogenannte Grand- oder Palasthotels zogen bürgerliche Aufsteiger an, die die Nähe zur Aristokratie suchten. Im Südbahnhotel stiegen Mitglieder des Hochadels ab, denen großzügige Preisnachlässe gewährt wurden, um sie zum Kommen zu bewegen. Die Einnahmen kamen von den Ringstraßenmillionären, die hier eine gesellschaftliche Bühne fanden. Die neue Bahn ins Hochgebirge stellte auch eine Attraktion für die Massen dar. Die Ausflügler gingen in das Kaffeehaus und die Bierstube, die vom Hotelbetrieb getrennt waren.

„Warum grün und nicht rot“, ärgert sich Désirée Vasko-Juhász, die Verfasserin eines Standardwerks über die Südbahn-Architektur, über die Farbe der Ziegel. Als der jetzige Eigentümer, der deutsche Unternehmer Rudolf Presl, den Gebäudekomplex kaufte, ließ er das Dach mit glasierten Biberschwanzziegeln decken, allerdings nicht in der originalen Südbahn-Farbe. Vasko-Juhász kennt jedes Detail des denkmalgeschützten Gebäudes, die Schablonenbemalung im altdeutschen Bierkeller, die gelben Glasfliesen im modernistischen Bad aus den 30er-Jahren oder das Kino, in dem die Soldaten der Roten Armee nach dem Zweiten Weltkrieg amerikanische Filme schauten.

Auch wenn die Architektur durch die vielen Zu- und Umbauten einen wilden Mix verschiedener Stile versammelt, hält die Kunsthistorikerin das Südbahnhotel für ein Gesamtkunstwerk. Die Brüche fügen sich organisch ins Ganze und folgen dem ästhetischen Programm des ersten Architekten Alfred Wildhack, das Materie in einem flirrenden Fantasiebild aufzulösen versuchte. Aus der Ferne wirkt das Haus mit seinen Türmchen und wehrartigen Stützmauern wie ein Märchenschloss aus Hollywood.

Das ursprüngliche Hotel stammt von 1882. Es befindet sich heute hinter dem für seine Türme und spitzen Dächer bekannten Hauptgebäude und wurde in den 70er-Jahren in einen Block für Ferienwohnungen verwandelt (siehe Bild aus Seite 28). Das eigentliche Grandhotel stammt von 1901 bis 1903, zehn Jahre später kam der spektakuläre Speisesaal dazu, der eine Bühne besitzt und in dem heute Aufführungen stattfinden. Auch der ebenfalls im Zuge des Festivals zugängliche Waldhofsaal, das ehemalige Kaffeehaus, stammt aus dieser Phase. Die letzte wichtige Erweiterung geht auf das Jahr 1932 zurück: Damals entwarfen die Architekten Hoppe & Schönthal ein neues Foyer, eine American Bar und ein Schwimmbad im schnörkellosen kubischen „Bauhaus“-Stil der Zeit.

Es blieb so viel erhalten, dass man sich auch heute noch einen Eindruck vom ursprünglichen Zustand machen kann. Die moderne Uhr über der Drehtür wirkt, als wäre die Zeit nicht stehen geblieben. Das prächtige Raxgemälde von Gustav Jahn, auf dem eine Sennerin Alpenrosen pflückt, hängt wie eh und je im kleinen Speisesaal. Auch die Ausstattung der Zimmer blieb teilweise erhalten. Die Zimmertüren bestehen aus einem großen und einem kleinen Flügel. Das Personal öffnete die schmale Tür, um den frisch gereinigten Smoking in das Zimmer zu hängen, ohne es betreten zu müssen.

Auch wer das Südbahnhotel nur von außen betrachtet, bekommt einen Eindruck von den gewaltigen Dimensionen des Vorhabens. Wo vorher steile Wälder und Wiesen waren, planierten die Bauarbeiter riesige Flächen für Gebäude und Gärten. Zum touristischen Angebot gehörte ein 350.000 Quadratmeter großer Erlebnispark, in dem im Sommer Golf gespielt und im Winter Skigefahren wurde. Golfabschlag Nr. 7 befand sich auf einem Felsvorsprung, der sich in der kalten Jahreszeit in eine Skisprungschanze verwandelte. Bis zum jähen Ende des mondänen Betriebs in der Nazizeit wetteiferte der Semmering mit St. Moritz um den ersten Platz unter den Wintersportdestinationen. Das Südbahnhotel war die erste Herberge überhaupt, die eine Wintersaison einführte.

Auf dem Gelände des nach wie vor existierenden Golfclubs steht eine Meierei, die vom Hotelmanagement errichtet wurde, um die Gäste mit frischer Kuhmilch zu bedienen. Die armen Reichen wüssten oft nicht, für was sie sich entscheiden sollen, bemerkte der Schriftsteller Peter Rosegger 1904 in einem Text über das Hotel und seine verwöhnten Gäste. „Hier ist es ihnen möglich, Salon und Kuhstall, Seide und Loden, Sekt und Ziegenmilch nebeneinander zu genießen.“

Der letzte Aufbruch liegt 25 Jahre zurück. Damals kaufte der deutsche Unternehmer Rudolf Presl die Liegenschaft und wollte eine Rehabklinik gründen. Presls Bavaria Gesellschaft betrieb in Deutschland mehrere Kliniken und war bereit, 60 Millionen Euro in das baufällige Haus zu investieren. Die Bauarbeiten begannen, die elektrischen Leitung wurden erneuert, das Dach gedeckt und das Dekor teilweise renoviert. Doch dann gab es eine Gesetzesänderung und die einkalkulierten Verträge mit den Versicherungsgesellschaften verloren ihre Gültigkeit. Presl drückte die Stopptaste.

Seit einigen Jahren sucht der Klosterneuburger Tourismusberater Edgar Bauer in Presls Auftrag einen Käufer. Eine Homepage erläutert mögliche Nutzungen, vom Altersheim über ein Hotel bis zum Kulturzentrum. Der Verkaufspreis beträgt acht Millionen Euro, der zehnfache Betrag müsste für die Renovierung eingeplant werden. „Für reine Finanzinvestoren ist das nichts“, sagt Bauer. „Es wäre ein Herzblutprojekt.“ Bauer versucht, die Immobilie wieder ins öffentliche Bewusstsein zu rücken. Tausende Gäste werden sich im Sommer vom Glanz vergangener Tage berauschen lassen. Gesucht wird ein Milliardär, der ein Faible für cultural heritage hat und sich ein Denkmal setzen möchte.

Als Musterbeispiel eines noch funktionierenden Grandhotels in den Bergen gilt das 1908 eröffnete Waldhaus Sils im Schweizer Engadin. Es spielt alle Stückeln eines Luxushotels und bewahrte sich gleichwohl die historische Patina. Wie das Südbahnhotel ist es über eine Zugstrecke erreichbar, die zum Unesco-Weltkulturerbe zählt.

„Im Waldhaus habe ich einmal eine Woche verbracht“, sagt Wolfgang Kos, der ehemalige Direktor des Wien Museum. In der günstigen Nebensaison quartierte er sich im Waldhaus ein, um über die Grandhotels am Semmering zu schreiben. Die Erinnerung an den Philosophen Theodor W. Adorno oder David Bowie, die ebenfalls hier residierten, lockert den Gedankenfluss. „Das Südbahnhotel ist die Maschine des Semmerings, auch wenn sie auf kleiner Flamme läuft“, kommentiert Kos die aktuelle Entwicklung. Jetzt sitzt Kos auf der Terrasse eines Semmering-Hotels und arbeitet an seinem neuen Buch, Thema: der Semmering. Seit Jahrzehnten beschäftigt sich der Historiker mit der Gegend, kuratierte 1992 in Gloggnitz eine Landesausstellung über sie. Bereits als Kind kam er im Sommer mit dem Zug herauf in die kühle Luft, sein Vater, ein Eisenbahnfan, ließ den Sohn die Stationsnamen auswendig lernen.

Kos zeigt sich optimistisch, was die Zukunft des Semmerings betrifft. Die Hitze treibt die Menschen in die Berge. In wenigen Jahren wird der Semmering-Basistunnel fertiggestellt sein. Dann dient die romantische Zugstrecke ausschließlich der touristischen Nutzung. Er kann sich im Hotel Ausstellungen vorstellen, die die Verbindungen zur Kunst um 1900 darstellen: „Egal, was sich ergibt, ob Tagungszentrum, Hallenbad, Kulturnutzung oder Wellness. Man wird umbauen und neubauen müssen.“ Auch Eduard Aberham hat eine Idee, wie es weitergehen soll. Aberham war 27 Jahre lang Direktor des Hotels Panhans, des einstigen Konkurrenzbetriebs, das einer ukrainischen Gesellschaft gehört. „Als Grandhotel lässt sich das Südbahnhotel nicht mehr führen“, erläutert Aberham. Er schlägt eine Teilung vor. Die Säle könnten für Konzerte und Theater genutzt werden.

Das riesige, ehemalige Postamt würde sich als Museum eignen. Der ehemalige Personaltrakt könnte an die Tourismusschule Semmering angegliedert werden. Auch Aberham hofft auf einen beherzten Unternehmer, der sich nicht nur als Investor, sondern auch als Mäzen sieht – ein Oligarch mit Geschmack. Für die Kultur müsste die niederösterreichische Landesregierung Mittel zur Verfügung stellen.

Die Nähe zu Wien, Bratislava und Budapest macht den Semmering zu einem alpinen Rückzugsort für zivilisationsmüde Großstädter.

Der Pioniergeist der Gründer könnte heutige Planer beflügeln. Ein Verbot des Autoverkehrs und ein landschaftsarchitektonisches Konzept für die Parks und Freiräume wären ein erster Schritt. Die Gebäude drohen unter dem vorrückenden Wald zu verschwinden. Mehr Licht und Ruhe würden jene Mischung aus Höhenrausch und Märchenwald wiederherstellen, die die Herzen höher schlagen lässt. Wo ein Traum, da auch Kapital.

weiterlesen