

"Es geht nur ums Schnackseln"
Gerhard Stöger in FALTER 16/2014 vom 16.04.2014 (S. 34)
Die Wiener Entertainerin Jazz Gitti hat ihre Biografie geschrieben. Ein Gespräch über ihre jüdischen Wurzeln, rauchende Muschis, Helmut Qualtinger, Claudia Haider und Falco
Am Vormittag ist Martha Butbul alias Jazz Gitti mit Omadiensten eingedeckt. Danach hat die 67-Jährige aber Zeit, um in einem Innenstadtschani-
garten ausführlich über ihr bewegtes Leben zu sprechen, das sie in der Biografie "Ich hab gelebt" Revue passieren lässt.
Das Cola light trinkt sie aus der Flasche, die Portion Fish & Chips isst sie mit den Fingern. Sie trägt ein oranges Kleid, rote Fingernägel und einen blonden Kurzhaarschnitt; mit der bis zu 165 Kilo schweren Jazz Gitti von einst teilt sie nur mehr den Namen und die kräftige Stimme. "Die kürzeste Form meiner Memoiren wäre: auf die Welt gekommen, noch nicht gestorben und dazwischen einiges angestellt", sagt das bei aller Lust am Schmäh doch auch merklich nachdenkliche Wiener Original.
Als sie 14 war, starb die Mutter der 1946 im Nachkriegs-Wien Geborenen. Ohne fertige Schulausbildung ging die spätere Entertainerin für zehn Jahre nach Israel. Anfang der 1970er-Jahre kehrte sie nach einer gescheiterten Ehe zurück nach Wien, arbeitete als Kellnerin im Alt Wien und beim Jazz Freddy und prägte die Szene mit Lokalen wie dem Café Zuckerl und Gittis Jazz Club als singende Wirtin bald selbst mit. Jahrelang gehörte "die kleine Blade vom Mexikoplatz" den Rockchaoten Drahdiwaberl an; mit ihrer eigenen Band, den Disco Killers, feierte sie später zwischen Austropop und Schlager große Erfolge.
Noch heute steht die in Österreich weltberühmte Sängerin regelmäßig auf der Bühne, bei Firmenfeiern, Schlagerpartys und in Provinzdiscos. Ihren Lebenserinnerungen folgt mit "Sensation" demnächst eine neue CD, auf der sie vor allem alte Swingnummern interpretiert.
Falter: Frau Butbul, wie spricht man Sie denn formal korrekt an: als Frau Gitti oder als Frau Jazz?
Jazz Gitti: Weder noch: "Servus Gitti" heißt das! Es ist ja ganz Österreich per du mit mir, und es wäre mir sehr recht, wenn wir das auch so halten könnten.
Per Sie geht gar nicht?
Jazz Gitti: Wenn jemand denkt, dass er diese Ehrfurcht vor mir braucht
Es gibt auch welche, die versuchen es mit "Martha". Keine Sau hat mich je "Martha" gerufen, so heiße ich nur in offiziellen Dokumenten. Sogar in Israel war ich die "Tova", das ist die Übersetzung von "Gitti".
Wie wurde aus der Martha die Gitti?
Jazz Gitti: Weil ich so ein süßes, lustiges Kind war, wurde ich automatisch zur Gitti, nach einer jüdischen Tante meiner Mutter, die für sie immer glücksbringend war. "Martha" war ja nur eine Verlegenheitslösung. Ich sollte ein Bub werden, ein Franzl, und meine Mutter hatte anfangs keinen Namen parat. Dann hat der Pfarrer die Initiative ergriffen und mich nach meiner Taufpatin "Martha" genannt. Aber eine Martha ist meiner Meinung nach eine ganz eine Brave oder eine ganz eine Durchtriebene. Ich bin weder das eine noch das andere. Ich bin eine Pfiffige, deshalb bin ich eine Gitti.
Wann wurde aus der Gitti die Jazz Gitti?
Jazz Gitti: Das haben meine Gäste in den 70er-Jahren im Jazzklub kreiert. Als ich dann als Kommerztante ins Showgeschäft eingestiegen bin, hat mir das Wörtchen "Jazz" einen Touch von Kultur gegeben. Auch nicht schlecht. Nennt mich heute jemand "Frau Jazz", sage ich: "Frau Brigitte Jazz!"
Du wurdest 1946 ins Nachkriegs-Wien hineingeboren. Was sind deine ersten Erinnerungen?
Jazz Gitti: Dass es lustig war und es uns eigentlich gut gegangen ist. Meine Mutter hatte einen Konsum; dass ich etwas nicht bekommen hätte, das hat es nicht gegeben.
Keine Not, kein Elend?
Jazz Gitti: Mein einziges Elend war, dass meine Alten nur wenig Zeit für mich hatten. Wenn sie dann doch Zeit hatten, haben sie mich eh verwöhnt wie nur was. Daher war ich ein fürchterlicher, verzogener Fratz. Ich habe immer schon getanzt und gesungen, es ging um Action, Action, Action bis zum Umfallen. Und Essen! Ich wollte immer eine Knackwurst und Salz dazu, Brot habe ich keines gebraucht. Eigentlich sind meine ersten Kindheitserinnerungen, dass ich die Leute sekkiert habe.
Die Mama war Jüdin. Der Vater Christ?
Jazz Gitti: Christ? Na ja. Er war ein guter Gauner, sonst hätte er die Mama nicht durchgebracht.
Hat Religion in der Kindheit eine Rolle gespielt?
Jazz Gitti: Meine Mutter hat mich ins Kloster geschickt, weil sie ein gut erzogenes Kind haben wollte. Das erste hat mich derart verstört, dass ich dorthin nicht mehr zurückmusste. Dann kam ich nach Kaisermühlen, da war es in Ordnung. Und von wegen gut erzogen, dort im Internat habe ich nur noch dazugelernt!
Deine jüdische Geschichte spielte als Kind keine Rolle?
Jazz Gitti: Meine Mutter hatte Angst, ich könnte öffentlich darüber sprechen und deshalb diskriminiert werden. Mich hat das alles nicht groß gekümmert. Habe ich wo das Wort "Saujud" aufgeschnappt, war das für mich nicht schlimmer als "Arschloch". Wie sehr meiner Mutter noch die Angst im Nacken saß, habe ich erst später kapiert. Wenn sie mir als Kind ein jiddisches Lied vorsang und dazu sagte, dass ich nicht drüber reden soll, war das für mich ganz normal. Ich wusste ja: Was daheim passiert, geht nicht raus.
Die Mutter war Kommunistin. Hat das auch deine Weltsicht geprägt?
Jazz Gitti: Ich bin dann Sozialistin geworden. In Wahrheit war ihr Politik scheißegal. Die Russen haben sie gerettet, die Russen haben ihr was zum Fressen gegeben, also hat sie gesagt: Ich bin Kommunistin!
Als Kind hast du schon beim Heurigen gesungen, mit 16 warst du Siegerin eines Gesangswettbewerbs. Ist die Platte, die unter dem Pseudonym Dolly Darling aufgenommen wurde, je erschienen?
Jazz Gitti: Nicht dass ich wüsste. Ich habe damals ja nichts ernst genommen. In meiner Jugend war es so: Sagte einer, dass er dich groß rausbringt, hieß das eigentlich, dass er dich nageln will. Ich wurde nie aufgeklärt, aber ich wusste: wer schnackselt, kriegt Kinder, also wurde nicht geschnackselt. Bis ich es dann doch tat, und schon war die Shlomit da. Aber sie ist das Beste, was mir je passiert ist: eine tolle Tochter, eine tolle Künstlerin, ein lieber Mensch.
Shlomit kam in Israel zur Welt, wo du rund zehn Jahre verbracht hast. Zurück in Österreich bist du als Kellnerin im Alt Wien der frühen 70er-Jahre inmitten der Künstlerszene dieser Zeit gelandet.
Jazz Gitti: Das war mein Schicksal. Aber ob Intellektueller oder Künstler, das war mir wurscht, ich bin mit denen genauso Schlitten gefahren wie mit allen anderen. Für mich zählt immer der Mensch und nie, was er ist. Aufs Häusl gehen wir alle, und dort lassen wir alle die Hosen runter. Wenn einer ein Arschloch ist, ist er ein Arschloch. Dass er ein begnadeter Künstler ist, ändert daran nichts, bei allem Respekt vor dem Können.
Helmut Qualtinger war nicht so dein Fall?
Jazz Gitti: Der Qualtinger war ein ungustiöses Schwein. Dauernd war er angesoffen, dauernd hat er sich aufgeführt. Natürlich war er ein Genie, aber ich habe da eine eigene Einstellung. Ich bin nicht sehr gläubig, aber ich glaube an Schicksal, eine höhere Energie. Wenn ein Mensch ein Talent bekommt, meinetwegen von Gott, und es derart kaputtmacht, geht das für mich einfach gar nicht. Das ist so eine Schwäche! Wie fürchterlich sich etwa auch der Ambros zugerichtet hat. Klar kann er noch Konzerte geben, das Publikum singt seine Nummern eh für ihn fertig, aber das ist einfach eine Unhöflichkeit, eine Frechheit gegenüber seinem Talent. Ich habe ja auch gefressen, bis ich fast gestorben wäre, das ist ebenfalls eine Form der Sucht. Nur habe ich irgendwann kapiert, dass ich etwas dagegen machen muss.
Mit der US-Jazz-Legende Art Blakey hast du dich als Kellnerin einst auch angelegt?
Jazz Gitti: Er ist besoffen aufgetreten und hat immer wieder "Give me your Pussy!" zu mir gesagt. Ich kann kein Englisch, deshalb habe ich das nicht verstanden. Weil irrsinnig viel zu tun war, sagte ich irgendwann halt: "Gut, da hast du dein Bussi, und jetzt lass mich arbeiten!'" Meine Kollegin hat mich dann aufgeklärt, dass nicht ein Bussl, sondern meine Vagina gefragt wäre. Na, da habe ich aufgedreht und dem Art Blakey eine auf seine Glatze gehauen!
1974 hast du ein eigenes Lokal aufgemacht, das Café Zuckerl auf der Heiligenstädter Straße. Drei weitere sollten folgen. Welches deiner Lokale war dir das liebste?
Jazz Gitti: Ganz wurscht. Bei mir ist es immer so: Ich mache immer das am liebsten, was ich gerade mache, weil sonst mache ich es gleich gar nicht. Ich bin in einem Geschäftshaushalt aufgewachsen, und ich war immer selbstständig – in Israel halt drei Jahre lang als Putzfrau, weil ich das Geld dringend gebraucht habe. Bis heute gilt: Was gemacht gehört, gehört gemacht. Habe ich keine Stimme, kann ich nicht singen, aber sonst kann mich nichts von der Bühne fernhalten. Geht es mir körperlich nicht gut, hüpfe ich halt weniger. Aber der Schmäh rennt – und der Gesang läuft auch. Und wenn tatsächlich einmal alles beschissen ist, verlasse ich mich darauf, dass mein Schicksal das wieder ausgleicht. Oder dass es mich irgendwann im Schlaf holt. Aber eigentlich will ich ja nach dem Orgasmus sterben.
Ich dachte, das sei eine Männerfantasie?
Jazz Gitti: Nein, wieso? Es ist doch ein Scheiß, wenn man den ganzen Tod lang geil ist!
Geil ist ein gutes Stichwort: Wie bist du um 1980 bei der Chaotentruppe Drahdiwaberl hineingeraten?
Jazz Gitti: Kennengelernt habe ich sie dadurch, dass mein Lokal am Bauernmarkt einmal den halben Abend lang leer war. Dann sind sie alle gekommen und haben vom Drahdiwaberl-Konzert erzählt, bei dem sie gerade waren. Irgendwann ist dann der Stefan Weber gekommen, der Kopf von Drahdiwaberl. "Ich brauch dich!", hat er gesagt. Auf die Frage, was ich tun soll, meinte er: "Was du willst!" Damals war ich ja sehr stark, und ich habe bei Konzerten die Bassfrequenzen nicht ausgehalten. Nach meiner Magenverkleinerung ging es. Stefan wollte, dass ich ein Korsett anziehe – eine echte Herausforderung! Aber ich habe eine Miedermacherin gefunden, und Netzstrümpfe habe ich auch irgendwo aufgetrieben, das war damals gar nicht so einfach. Auf der Bühne hat sich der Stefan immer auf mich draufgeworfen. Die Leute dachten, das sei furchtbar erotisch, aber ich sagte immer nur: Stefan, pass bloß auf, dass du mir die Strümpfe nicht zerreißt!
Wann hattest du genug von Drahdiwaberl?
Jazz Gitti: Als es nicht mehr um Persiflage ging, sondern als die dazukamen, die wirklich so drauf waren. Eine Frau, die auf die Bühne pinkelt und sich den Klobesen einführt, das brauche ich nicht. Mir hat ganz einfach gegraust. Der Schlusspunkt war ein Konzert in Salzburg. Ich liege dort als "Jeanny" verkleidet, weil wir die Geschichte des Falco-Songs umdrehen wollten: Der Stefan kommt in den Wald und ich vergewaltige ihn, nicht umgekehrt. Da liege ich also, und plötzlich verspüre ich einen stechenden Schmerz auf meiner Vagina. Ich schaue runter, und es raucht aus meiner Muschi. Jemand hatte mir einen brennen Tschick raufgehaut. Da bin ich aufgestanden und gegangen.
Rudelpudern auf der Bühne war deine Sache nicht?
Jazz Gitti: Kommt drauf an. Wir haben das auch gemacht, aber mit Niveau. Und nicht echt. Aber dann kamen Leute, die echt geil waren und sonst keinen abgekriegt haben, also haben sie es bei Drahdiwaberl auf der Bühne gemacht. Das war zum Speiben!
Wie hast du Falco in Erinnerung, den einstigen Bassisten von Drahdiwaberl?
Jazz Gitti: War Falco nüchtern und mit dir alleine, war er ein entzückender Mensch. War er besoffen und du warst mit ihm alleine, war es mal so, mal so. Sobald aber eine dritte Person dabei war, war er fürchterlich – egal ob nüchtern oder nicht. Eine Zeit lang war er mit einer Edelnutte zusammen, einer ganz einer lieben Person. Aber wie er die behandelt hat! "Oida, reiß di zsamm, das ist ja zum Scheißen!", hab ich ihm gesagt. "Warum gib ich mir das mit dir?", hat er gefragt. Ganz einfach, sagte ich – weil ich recht habe! Da kam dann nur mehr Gegrummel. Aber er hat auf alle Fälle einen Schmäh erfunden, er war ein genialer Musiker und er hat Österreich super vertreten.
Einen Schmäh hast du dann auch erfunden. Wie war das, mit Ende 30 von der singenden Wirtin plötzlich zur Star-Entertainerin zu werden?
Jazz Gitti: Darauf hatte ich schon gewartet, denn ich wollte ja meine Schulden vom Lokal bezahlen und dafür brauchte ich Hits. Als Star habe ich mich aber nie gesehen. Ich wollte spielen, eine Hetz haben und es genießen. Ob ich nicht vielleicht Noten lernen möchte, wurde ich öfter gefragt, aber wozu, ich habe ja meinen Bauch und meine Ohrwascheln! Zum Hirnen will ich gar nicht anfangen, und zur Jazzpolizei will ich auch nicht. Wenn ich Jazz singe und ich habe einen guten Tag, improvisiere ich super, alles leiwand. Bin ich nicht gut drauf, klingt es scheiße. So ist es nun einmal.
Wie passt der Schlager zum Jazz?
Jazz Gitti: Bei mir im Club hieß Jazz immer Spaß und Entertainment, da sind die Leute auf den Tischen herumgehüpft. Gehst du heute dagegen ins Porgy, ist da keine Stimmung – die Leute sitzen brav auf ihren Plätzen und applaudieren höflich. Mir ging es immer darum zu unterhalten, und meine Lieder gehen auch stets positiv aus, ich will ja nicht, dass sich jemand nach einem Konzert von mir aufhängt. Es ist für mich auch das schönste Kompliment, wenn die Leute nach Konzerten sagen, dass sie für zwei Stunden ihre Sorgen vergessen haben.
Genau das wird dem Schlager gerne vorgeworfen: dass diese heile Welt nichts mit der Realität zu tun hat.
Jazz Gitti: Die, die so über den Schlager reden, sollen einmal genau hinhören. Eigentlich sind die Texte nämlich total schweinisch. Sogar Andy Borg, einer der Solidesten, singt: "Ich will nicht wissen, wie du heißt, ich will nur wissen: Bleib heut Nacht bei mir!" Es geht ihm also nur ums Pudern. Eigentlich geht es nur ums Schnackseln.
Die Stadt Wien hat dir das Goldene Verdienstzeichen verliehen. Was sind im Rückblick deine zentralen Verdienste?
Jazz Gitti: Weiß ich nicht. Dass ich den "Lieben Augustin" bekommen habe, hat mir mehr getaugt. Den kriegst du, wenn du Menschen gut unterhältst und ihnen Freude bereitest. Bei der Ybbsiade, einem Kleinkunstfestival, habe ich den "Spaßvogel" gekriegt, der passt auch zu mir. Das Verdienstkreuz
Man kann schon sagen, dass ich eine Vorreiterin der Beislszene war. Das habe ich mit Herzblut gemacht, was die Stadt damals mit Ausnahme vom Helmut Zilk nicht wirklich zu würdigen wusste.
Behördenwillkür?
Jazz Gitti: Die haben mich mit meinem Club derart gequält, weil sie einfach nicht kapierten, was ich mache. Ich habe dann eine Protestaktion organisiert, wir wollten uns von Wien bis Tirol an einem Freitag mit unseren Stammgästen zum Tschechern auf die Straße setzen, um auf unsere Situation aufmerksam zu machen. Irgendwie ist das zum Zilk durchgesickert. Er kam vorbei, hörte sich an, was los ist, und dann hat er es geregelt. "Was wollt ihr von der Jazz Gitti?", soll er gesagt haben. "Wir bräuchten zehn solche wie sie!" Bei mir war immer klar: Die Kieberer brauche ich nicht in meinem Lokal, aber Drogen auch nicht. Es wussten auch alle: Wer mir da blöd kommt, der sauft das Wasser aus dem Häusl.
Das Verdienstzeichen war eine späte Wiedergutmachung?
Jazz Gitti: Natürlich ehrt es mich, aber was soll's. Heuer war ich beim Kaffeesiederball, da wollte ich es ausführen, aber der große Orden war zu groß, und der kleine hat auch oasch ausgeschaut.
Wie geht es dir mit deinen polnischen, serbischen und jüdischen Wurzeln, wenn du heute in Wien Plakate wie "Daham statt Islam" liest?
Jazz Gitti: Österreich war immer ein Integrationsland, schon durch die Monarchie. Mir ist jeder Mensch willkommen, wenn er tolerant genug ist, uns so leben zu lassen und sich zu integrieren. Wer das nicht will, soll dorthin zurückgehen, wo er integriert ist. Aber die türkischen Männer sind ja irrsinnig fesch. Wenn sich das vermischt, kommen die schönsten Kinder heraus, das ist eine Blutauffrischung! Dass wir ein Integrationsland sind, ist gut, aber wir haben genug eigene, die saufen, radikal sind und nichts hackeln wollen, also brauchen wir uns die nicht importieren.
Und die Religion?
Jazz Gitti: Die ist mir wurscht. Nur Radikalität halte ich nicht aus, in keiner Weise. Es wäre halt wichtig, dass die Leute die Sprache verstehen, das hat man versäumt. Das ist eine Frage der Politik. Apropos Politik: Dieses Arschloch, das ich nicht beim Namen nennen mag, will sich mit seinen Sprüchen populär machen. Der, der damit angefangen hat, war wenigstens intelligent. Aber was hat er als Landeshauptmann von Kärnten zusammengebracht? Die Hypo-Scheiße! Jetzt kommt der nächste, und wieder wählen ihn die Leute. Verstehen die denn nicht, dass das dieselbe Bagage ist?
Jörg Haider und du, ihr wart vermutlich keine Freunde?
Jazz Gitti: Ich hatte in Kärnten Auftrittsverbot, weil ich einst ein gemeinsames Foto verweigert habe. In den 80ern, als ich noch regelmäßig im Roten Engel gesungen habe, ist einmal eine Gruppe junger Kärntner dahergekommen, die Champagnerrunden geschmissen haben. "Ah, ihr seid die braunen Arschlöcher", habe ich gesagt, als sie sich als Teil der Haider-Partie zu erkennen gaben. Die haben sich redlich um mich bemüht, aber ich konnte nur sagen: "Ihr seid zwar liebe Leute, aber mit euren Sprüchen kann ich nichts anfangen. Hätte es früher nämlich keine Leute mit solchen Sprüchen gegeben, hätte ich noch eine Großmutter!" Die Claudia Haider ist aber eine ganz nette Person, die habe ich einmal bei einem Event kennengelernt. Man wollte noch schnell die Tafeln vertauschen, damit wir nicht nebeneinandersitzen, aber sie hat das unterbunden. Wir haben uns auf Anhieb vertragen. Sie hat mich dann auch für einen Auftritt engagiert, und da habe ich dann vor den ganzen Braunen ein jiddisches Lied gesungen.
Nach der Himmelfahrt vom Sonnengott?
Jazz Gitti: Der war da nimmer, ja.
Wird der, dessen Namen du nicht nennen willst, je Wiener Bürgermeister?
Jazz Gitti: Wenn die Leute weiterhin so deppert sind und nicht bedenken, wie uns die abgezockt haben. Aber was will der aus Wien machen, was will der denn verbessern? Wien ist super und der Häupl macht seine Arbeit sehr gut.
"Ich bereue nichts in meinem Leben" heißt es am Ende deines Buches. Was würdest du ändern, wenn das möglich wäre?
Jazz Gitti: Leid tut mir nichts. Könnte ich etwas ändern, hätte ich nach meiner allerersten Diät in Israel noch zehn Kilo abgenommen und das fünf Jahre gehalten. Gesundheitlich hätte ich mir dadurch viel erspart. Nur: Wäre ich damals nicht so dick gewesen, hätte das mit meiner Karriere wohl nicht so geklappt. Von daher: Nein, ich würde gar nichts ändern. Die ganze Israel-Geschichte etwa hat mir so viel Lebenserfahrung gebracht. Der Mexikoplatz und Israel – if you make it there you make it everywhere!