

Juliane Fischer in FALTER 47/2015 vom 20.11.2015 (S. 34)
Es braucht Schriftsteller, die sich an den Rand wagen, um uns von dort zu berichten. Ianina Ilitcheva hat ein Experiment unternommen. Für 183 Tage, also ein halbes Jahr lang, hat sie ihre sozialen Kontakte fast gänzlich gekappt: kein Internet, keine Anrufe, keine Kurznachrichten und auch keine E-Mails. Ihr Buch ist ein literarisches Protokoll; die Aufzeichnungen aus der Isolation zeigen das Alleinsein in allen Facetten und mit seinen Nebenwirkungen. Gefühle wie Sehnsucht, Unsicherheit, Rastlosigkeit und Leid erscheinen wie unter dem Vergrößerungsglas.
Der Rückzug bedeutete gleichzeitig eine Kreativitätssuche. Die aus Usbekistan stammende Künstlerin studierte in Wien Sprachkunst und Malerei, entsprechend multikünstlerisch fällt auch ihr Buch aus. In dem Gesamtkunstwerk fließen Illustrationen, gezeichnete Selbstporträts, Fotografien auf Transparenzpapier und unzählige Notizzettelchen zusammen.