

Populismus & das Erbe Haiders
Barbaba Tóth in FALTER 10/2017 vom 08.03.2017 (S. 18)
Michael Laczynski, EU-Korrespondent der Presse in Brüssel, lässt sein Buch am 5. Februar 2000 in Wien beginnen. Die schwarzblaue Regierung war soeben angelobt worden und Jörg Haider tourte durch die Fernsehstudios, um das umstrittene Bündnis zu verteidigen. Unter anderem kam er auch zu Erich Böhmes „Talk im Turm“. Der TV-Veteran scheiterte kläglich beim Versuch, Haider als ewig gestrigen Nazi darzustellen. Haider stieg als smarter Politiker neuen Typs aus, der einfach ausspricht, was sich viele denken.
17 Jahre später ist Europa „haiderisiert“, schreibt Laczynski, Haiders Masche ist Mainstream innerhalb der populistischen Bewegungen Europas. Populistisch ist in Laczynskis Definition, wer in drei Rollen erfolgreich ist: als Rebell, Illusionskünstler und als Angstmacher. In seinen Reportagen, die das Kernstück des Buches ausmachen, führt er seine Leser an die Orte, an denen Populismus in Europa am besten funktioniert. Von London über Paris und das Brüsseler Europaviertel bis in die Einwandererviertel von Kopenhagen und die Vororte von Warschau. Er sucht dabei nach gemeinsamen Mustern, ohne die nationalen Besonderheiten zu ignorieren.
Die Frage, was dem neuen Populismus politisch entgegengehalten werden kann, lässt sich am schwersten beantworten. Der Autor plädiert auf europapolitischer Ebene für einen „liberalen Nationalismus“, wie in David Goodhart in seinem Buch „The British Dream“ formuliert hat. Und für nationale Regierungen empfiehlt er einen unaufgeregten Pragmatismus: „Keep calm and carry on“. Ein kluges und anschaulich geschriebenes Buch.