Lento Violento

208 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783218013253
Erscheinungsdatum 16.08.2022
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Kremayr & Scheriau
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Verlag Kremayr & Scheriau GmbH & CO.KG
Rotenturmstrasse 27/5 | AT-1010 Wien
d.sima@kremayr-scheriau.at
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Kurzbeschreibung des Verlags


Lento Violento ist nicht nur eine Musikrichtung, sondern ein Lebensstil. Langsam, aber hart bahnt sich die Bassdrum ihren Weg durch verträumte Sounds und treibt Ruth, Daniel und Alex von einer exzessiven Erfahrung zur nächsten. Alex ist Schriftstellerin und verliert sich zunehmend in ihrer Roman-Recherche zur Jugendkultur der 90er. Hat Eurodance, der Musikstil ihrer Kindheit, sie und ihre Freund*innen unwiederbringlich geprägt, in einen tranceartigen Zustand versetzt, dem niemand mehr entkommen kann? Als für Alex die Grenze zwischen Fiktion und Realität immer weiter zu verschwimmen droht, wird die Beziehung der Drei auf eine harte Probe gestellt. Kann sie sich aus der Krise herausschreiben?




Maria Muhar lässt die Figuren ihres vielschichtigen Debütromans „Lento Violento“ tief in existenzielle Abgründe blicken, ohne dabei auf eine kräftige Portion Humor zu verzichten. Scharfsichtig fängt sie die Atmosphäre einer Generation ein, die auf der Suche nach Selbstbestimmung in die Orientierungslosigkeit abgedriftet ist.
 
„Ich frage mich, welche Stimmung damals von dieser Musik ausging. Vielleicht das Kennenlernen von Sehnsucht. Das hardcore Versprechen von einem geheimnisvollen Ort, die Ahnung einer Öffnung, eines Schlupflochs, durch das man in eine andere Welt fallen konnte.“


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ISBN 9783218013253
Erscheinungsdatum 16.08.2022
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FALTER-Rezension

Kassandra lacht

in FALTER 49/2023 vom 08.12.2023 (S. 36)

Das Kabarett Niedermair ist leer, aber die Kaffeemaschine läuft. An einem Mittwochvormittag um halb elf sitzt Maria Muhar an einem kleinen schwarzen Tisch, vor ihr eine Tasse Cappuccino und eine Packung Mannerschnitten. Mittlerweile tritt die Wienerin regelmäßig im traditionsreichen Kleinkunstlokal in der Lenaugasse im achten Bezirk auf. Das Niedermair ist ihr zweites Wohnzimmer geworden.
Maria Muhar, Jahrgang 1986, ist gelernte Köchin und Schriftstellerin. Im Sommer 2022 erschien ihr erster Roman "Lento Violento". Kurz davor brachte sie ihr erstes Soloprogramm auf die Bühne, "Storno". Die Wiener Festwochen luden sie ein, eine Kabarettreihe zu kuratieren. Und dann war "Storno" auch noch beim Österreichischen Kabarettpreis 2023 erfolgreich.

Die Mannerschnitten bleiben ungeöffnet. Muhar sagt, dass sie nervös sei. Bloß man merkt es nicht. Sie wirkt entspannt, zurückgelehnt, gleichzeitig hoch konzentriert. Hin und wieder lächelt sie, manchmal verzieht sie fragend ihr Gesicht.

Aufgewachsen in Wien, wusste Muhar nach dem Gymnasium nicht so recht, was sie tun sollte. Sie studierte ein bisschen Soziologie, "sandelte herum". Dann entschied sie sich für eine Kochlehre. Ob ihr diese Erfahrung dabei geholfen hat, ihren Weg zu finden?"Ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken", sagt Muhar und lacht etwas gequält. Sie ist voller Bewunderung für die anderen Lehrlinge. "Die sind 16 Jahre alt und arbeiten häufig 50 Stunden in der Woche. Ich hätte das in dem Alter nicht geschafft."

Vor allem Männer werden Köche. Der Umgangston war oft sexistisch. "Gleich am ersten Tag im Betrieb hat mich der Souschef gefragt, ob meine Brustwarzen eher violett oder rosa sind", erzählt Muhar. Die Belästigungen gingen weiter. Beschwerdestelle? Fehlanzeige. "Ich wollts halt allein schaffen und hab meist goschert zurückgeredet. Aber manchmal hab ich auch so getan, als ob ichs nicht gehört hätte."

Gleichzeitig sah Muhar, welches Leben ihre ehemaligen Kolleginnen und Kollegen aus dem Gymnasium führten. Mehr Zeit, länger ausschlafen. Muhar stand diese Option offen. "Die Wahl hatten die meisten in der Berufsschule nicht."

22-jährig bewarb sie sich nach Abschluss der Lehre an der Akademie der bildenden Künste und fand dort heraus, dass sie am liebsten mit Wörtern arbeiten wollte. Nach dem Diplom, sieben Jahre später, wechselte sie an die Angewandte und studierte Sprachkunst. Der Roman "Lento Violento" war ihre Bachelorarbeit.

Das Thema klingt etwas sperrig. Im Zentrum steht die in den 1990er-Jahren populär gewordene Musikrichtung Eurodance. Musiker wie Gigi D'Agostino prägten diese Form der elektronischen Tanzmusik, die Techno für die Massen kommerzialisierte und mit mehr oder weniger sinnvollen Texten kombinierte.

Muhars Protagonistin Alex, die einen Roman schreibt, lebt mit Ruth und Daniel in einer Wohngemeinschaft. Alle drei sind Mitte dreißig, kämpfen mit Arbeitslosigkeit, künstlerischen Schaffenskrisen und Depressionen. Muhar wechselt gekonnt von der auktorialen Erzählung zu Tagebucheinträgen, Songtexten und Gedichten. Immer wieder arbeitet sie mit Wiederholungen. "Von außen betrachtet ist das hier vielleicht okay. Leider bin ich nicht von außen": Dieser wunderbarer Satz kehrt in unterschiedlichen Situationen immer wieder.

"Eurodance ist Partymusik, aber sie ist manchmal fast düster oder verdächtig überdreht", sagt Muhar. "Vielleicht war die Musik auch eine Vorbotin für eine Zukunft, die keine mehr ist. Der Eiserne Vorhang ist gefallen, Freiheit hat sich angekündigt, aber eigentlich ist es anders gekommen als erhofft. Die Auswirkungen des Klimawandels waren uns in den 90ern nicht so klar." Die These, dass Eurodance die Rolle der Kassandra übernimmt, ist gewagt, funktioniert aber im Roman. Drohende Klänge kommen hämmernd näher.

Als Masterarbeit am Institut für Sprachkunst hat sie ihr erstes Kabarettprogramm eingereicht. "Storno" ist klug, witzig und feministisch. Und autobiografisch. Auf der Bühne spielt Muhar eine Kunststudentin, die bereits ausgebildete Köchin ist. "Bis an mein Lebensende habe ich nun das Recht zu sagen, dass ich der Arbeiterklasse angehöre", posaunt die Figur hinaus. "Viele Linke stellen diesen Anspruch, obwohl sie eigentlich aus privilegierten Familien kommen so wie ich", sagt Muhar. "Da fehlt es an Reflexion."

Auf der Bühne sitzt die 37-Jährige in der Wohnung eines befreundeten Paares und hütet dessen Kinder. Sie denkt über Elternschaft nach, und ihr fällt ein, wie die Mutter der Kinder krampfhaft versucht hat, nach außen hin alles perfekt erscheinen zu lassen. Aber irgendwann war die Kraft weg.

Muhar gelingt es, gleichermaßen Mütter und kinderlose Frauen in deren Lebenswelten abzubilden. Ein halbes Jahr lang um eine halbe Stunde in der Badewanne kämpfen. Auf den Nachwuchs der besten Freundin aufpassen und ständig alles kontrollieren, um dann erleichtert zu sein, dass man die Verantwortung nach einem Abend wieder los ist. Oder etwa doch nicht?

Die Kunststudentin auf der Bühne wird unruhig. Das WLAN-Passwort funktioniert nicht, das Babyphon gibt seltsame Geräusche von sich. Und wo sind die Eltern? Auch hier ist das Unheil nicht mehr weit. Selbst wenn man im Wohnzimmer sitzt.

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Als hätte die Stadt gerade Sex gehabt

Thomas Maurer in FALTER 12/2023 vom 24.03.2023 (S. 10)

Romane, in deren Zentrum Autoren oder Autorinnen stehen, die einen Roman schreiben, von dem einem bald dämmert, das es sich vermutlich um jenen handelt, den man gerade liest, stehen allgemein und oft nicht zu Unrecht im Ruf papierener, überkünstelter Leblosigkeit. Aber wer diesen Roman aus diesem Grund nicht liest, verpasst was.

Ebenfalls verpasst etwas, wer „Lento Violento“ wegen des übel ranschmeißerisch formulierten Klappentextes meidet; der noch dazu die Bedeutung der Musikrichtung „Eurodance“ im Buch betont, was all jene, die der bescheiden dimensionierten Schnittmenge von Gegenwartsliteratur-Interessierten und Autodromtechno-Nostalgikern nicht angehören, ebenfalls abschrecken könnte. Was, wie gesagt, schade wäre.

Die drei Hauptpersonen, WG-Genossen und allesamt ungefähr der Generation der 1986 geborenen Autorin angehörig, trudeln planlos durch ein Jungerwachsenenleben, das vorrangig von Geldsorgen, Depressionen, vergeudeter Zeit, Drogenproblemen, Tics und allgemeiner Perspektivlosigkeit geprägt ist.

Dass daraus immer wieder Szenen von funkelnder Komik entstehen, ist bemerkenswert, überrascht aber nicht, wenn man weiß, dass Maria Muhar jüngst auch ein zu Recht hochgelobtes Kabarett-Debüt auf die Bühne gebracht hat (Falter 2022/40).

„Lento Violento“ ist kein realistischer Coming-of-Age-Roman. Obwohl Maria Muhar, beziehungsweise ihre mit dem Schriftstellerin-werden-Wollen kämpfende Protagonistin Alex Perner, atmosphärisch präzise zu beschreiben weiß – etwa eine Silvesternacht: „Die Luft ist voll Schwefel. Nach einer halben Stunde Geballer liegt die Stadt erschöpft und rauchend neben sich, als ob sie gerade Sex gehabt hätte.“

Formal aber ist das Buch von einer Probierfreudigkeit, die man früher, zur Hochblüte des Eurodance, wohl noch avantgardistisch genannt hätte: ein ständiges Schlenkern zwischen Tagebuchauszügen, auktorialer Erzählung, Youtube- und Lebenshilfe­ratgeber-Exzerpten, absurd korrekten Fußnoten, Songtexten und Was-auch-immer-das-jetzt-genau-sein-soll.

Dass obendrein kaum je ausgeschildert wird, was nun Realität, literarischer Versuch, Drogenwirkung, Gebrauchsanweisung, Wunschvorstellung oder Paranoia ist, funktioniert erstaunlich gut und sorgt für unmittelbare Nachvollziehbarkeit der deliriösen Grundstimmung. Und zwischendrin bekommt man auch noch Sätze fürs Leben: „Von außen betrachtet ist das hier vielleicht okay. Leider bin ich nicht von außen.“

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