Rohstoff

352 Seiten, Hardcover
€ 24.7
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783257070347
Erscheinungsdatum 22.05.2019
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Diogenes
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Diogenes Verlag AG
Sprecherstrasse 8 | CH-8032 Zürich
info@diogenes.ch
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Harry Gelbs Rohstoff sind Opium auf einem Dach in Istanbul und LSD in einer Kommune in Berlin, sind Heroin in einer Göttinger Mansarde und unzählige Biere in Frankfurts Kneipen – vor allem aber ist sein Rohstoff das Schreiben. Rasant, brutal ehrlich und witzig erzählt Fausers Alter Ego von einer gefährlichen wie gefährdeten Jugend und von einem Mann, der weder als Nachtwächter noch als Flughafenpacker vergisst, was er sein will: Schriftsteller.

Mehr Informationen
ISBN 9783257070347
Erscheinungsdatum 22.05.2019
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Diogenes
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Diogenes Verlag AG
Sprecherstrasse 8 | CH-8032 Zürich
info@diogenes.ch
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Den Süchtigen gehört die Welt

Sebastian Fasthuber in FALTER 26/2019 vom 28.06.2019 (S. 35)

Der Roman "Rohstoff" des Außenseiters Jörg Fauser erzählt in makelloser Prosa von Sucht und Lebenslust

Lesen kann süchtig machen." Selten passt einer der Sprüche, die Verlage gern auf Werbezettel drucken, derart gut zum vorliegenden Roman wie im Fall von Jörg Fausers "Rohstoff". Der Erzähler Harry Gelb ist am Beginn Junkie und am Ende Alkoholiker. Aber das ist nur eine Seite. Gelb setzt sich den extremen Situationen, in die er als Heroinsüchtiger und später als Säufer immer wieder gerät, durchaus bewusst aus, weil er weiß, dass er irgendwann darüber schreiben wird.

Die dritte Abhängigkeit in "Rohstoff" ist die vom Lesen und Schreiben. Wenn man Harry Gelb Glauben schenken darf, ist sie kaum weniger gefährlich als hartnäckige Substanzabhängigkeiten. "Rohstoff" ist zweierlei.

Zum einen handelt es sich um einen Entwicklungsroman, der von der langen, schmerzhaften Geburt eines Schriftstellers erzählt. Mit der Figur des Harry Gelb schuf sich Fauser ein Alter ego und zog damit eine Grenze zwischen Leben und Werk ein, die davon abhalten soll, seine Bücher als schnöde autobiografische Prosa zu konsumieren.

Zweitens ist "Rohstoff" eine prall gefüllte Schatzkiste an Beobachtungen und Anekdoten aus den ausgehenden 1960er-und beginnenden 70er-Jahren. Der Roman beginnt mit Harry Gelbs trister Zeit als Junkie im Istanbuler Viertel Tophane, das in der Zeit Hippies magisch anzog, um nicht wenige von ihnen als hoffnungslose Junkies wieder auszuspucken. Nachdem Gelb der Absprung gelingt, versucht er sich im Frankfurter Westend als Hausbesetzer.

Allerdings ist Harry nur halb bei der Sache, weil ihn Schreiben, Räusche und Frauen ganz gut fordern. Außerdem muss er seine Mitbewohner beobachten. Er verfügt über einen guten Bullshit-Detektor, und der schlägt bei so einigen Hausbesetzerkollegen an: "Das wollen Revolutionäre sein? Das sind die neuen Sozialdemokraten." Als Kontrast zu den studentischen Marxisten in seinem Umfeld tritt Harry demonstrativ einen Job als Nachtwächter an. Sehr lang hält er nicht durch, da sich sein Leben langsam im Suff auflöst. In abgefuckten Kneipen findet er unter Säufern erstmals ein Zusammengehörigkeitsgefühl ohne falsche Illusionen. Hier suchen alle nur das eine.

Die Stärke von "Rohstoff" ist der makellose Stil, den Fauser durch langes Üben entwickelte. Der Text bleibt sehr nah dran an den Ereignissen und verfügt doch über genügend Distanz zu ihnen. Das Buch erschien 1984, als sich kaum jemand dafür interessierte, was 1969 oder 1972 los war. Dadurch hat es sich sehr gut gehalten. Der emotionslose, fast kalte Blick wiederum, mit dem Fauser über (seine) Abhängigkeiten schrieb, ist in der deutschsprachigen Literatur einzigartig.

Seine Einflüsse stammten aus den USA. Als 20-jähriger Jungspund hatte er für die Frankfurter Hefte noch über den Barockdichter Andreas Gryphius geschrieben. Später empfahl er praktisch nur mehr US-Spezialisten in Sachen Erfahrung, Spannung und Dialogen. Literatur musste für Fauser immer etwas mit dem Leben zu tun haben, intensiv sein und das Milieu, die Straße und den Dreck inhaliert haben, von denen sie handelte.

Neben Charles Bukowski studierte er vor allem William S. Burroughs genau. Vom Vater der Beat-Literatur ließ er sich bei einer Begegnung nicht nur in die Geheimnisse der Cut-up-Technik einweihen, sondern befragte ihn auch zur Behandlung mit Apomorphin, mit der es ihm im x-ten Anlauf gelingen sollte, vom Heroin wegzukommen.

Als mit Büchern wie "Rohstoff" oder "Der Schneemann" (1981, kurz darauf mit dem Popmusiker Marius Müller-Westernhagen verfilmt) dann doch der Erfolg kam, wahrte er die Distanz zum deutschen Literaturbetrieb. Fauser spürte, dass er von der Literaturkritik, die ihn als Krimiautor verunglimpfte, nicht verstanden wurde und letzten Endes einfach nicht dazugehörte. Zu seiner Berufsbezeichnung befragt, sagte er: "Ich bin Geschäftsmann. Ich vertreibe Produkte, die ich herstelle. Und das ist mein Geschäft: Writing is my business."

Am 16. Juli würde Fauser seinen 75. Geburtstag feiern. Er kam 1987 in der Nacht nach seinem 43. Geburtstag ums Leben, als er beim Überqueren einer Autobahn bei München als Fußgänger von einem Fahrzeug erfasst wurde. Die Umstände wurden nie restlos aufgeklärt, die Vermutungen reichen von einer bsoffenen Gschicht bis zu einer Verschwörung, weil er über Informationen zu Verbindungen zwischen Drogenmilieu und Politik verfügt haben soll.

Neben Neuauflagen von "Rohstoff" und seinem dritten Roman "Schlangenmaul"(1985) ist im Diogenes-Verlag aktuell ein Sammelband mit dem etwas missverständlichen Titel "Rohstoff Elements" erschienen. Diese Zusammenstellung enthält unabhängig vom Roman zu lesende frühe Gedichte, Magazinbeiträge sowie seinen ersten langen Prosatext "Tophane", der unter dem Eindruck seiner Heroinsucht entstanden ist.

Hier tritt einem noch ein anderer Fauser entgegen: assoziativ, experimentell, aber auch effekthascherisch und dem Underground-Slang der Zeit verhaftet. Am besten haben sich von diesen Arbeiten jene gehalten, in denen er vor lauter Blues auf die Kraftmeierei vergessen hat: "Wein, Wodka, draußen die graue Kälte, / Sick City, marodes Hinterland, Suizid ganz / banal, Fauser schreibt wieder unverständliches / Zeug, nicht tief, nicht kritisch, / nicht deutsch genug, trister Typ /der kaum was bringt außer /abgekauten Erinnerungsfotos (...)"


Jörg Fauser wurde 1944 bei Frankfurt am Main geboren. Der Vater war bildender Künstler, die Mutter Schauspielerin. Während seines Militärersatzdiensts in einem Krankenhaus wurde Fauser heroinabhängig, lebte anschließend im Istanbuler Drogenviertel Tophane. Nach sechs Jahren gelang ihm der Entzug, später wurde Alkohol seine Droge. Wildes Leben war die Grundlage für seine Texte, in denen er als Harry Gelb auftritt. Er starb 1987 auf der A 94 bei München

weiterlesen