Das Risiko und sein Preis – Skin in the Game

384 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783328600268
Erscheinungsdatum 27.08.2018
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Penguin
Übersetzung Susanne Held
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Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Neumarkter Straße 28 | DE-81673 München
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Kurzbeschreibung des Verlags


Warum wir nur denen vertrauen sollten, die etwas zu verlieren haben


Stehen wir für die Risiken ein, die wir verursachen? Zu viele der Menschen, die auf der Welt Macht und Einfluss haben, so Nassim Nicholas Taleb, müssen nicht wirklich den Kopf hinhalten für das, was sie tun und veranlassen. Intellektuelle, Journalisten, Bürokraten, Banker, ihnen vor allem wirft er vor, kein »Skin in the Game« zu haben. Weil sie den Preis nicht bezahlen müssen, wenn sie irren, fällen sie schlechte Entscheidungen. Taleb zeigt anhand vieler Beispiele, wie »Skin in the Game«, ein fundamentales Konzept des Risikomanagements, auf alle Bereiche unseres Lebens übertragen werden kann. Sein neues Buch, so provozierend und bahnbrechend wie »Der Schwarze Schwan«, fordert uns heraus, alles, was wir über Risiko und Verantwortung in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu wissen glauben, neu zu denken.

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FALTER-Rezension

Risiko kann man nicht vermeiden, man muss es umarmen!

Kirstin Breitenfellner in FALTER 41/2018 vom 10.10.2018 (S. 32)

Philosophie: In Zeiten zunehmender Verunsicherung und Sehnsucht nach Sicherheit lohnt es sich, über das Risiko nachzudenken

Es gibt kein Leben ohne Risiko. In Zeiten wachsender Verunsicherungen, geprägt von Terror, Migration und Klimaerwärmung, steht den Menschen der Sinn aber eher nach Sicherheit. Und Sicherheit hat einen Preis: die Freiheit.

Schon deswegen macht es Sinn, sich mit einem vernachlässigten Thema zu beschäftigen, zu dem es zwei Neuerscheinungen gibt: Anne Dufourmantelles „Lob des Risikos“ und Nassim Nicholas Talebs „Das Risiko und sein Preis. Skin in the Game“. Die französische Philosophin und Psychoanalytikerin und der libanesische Finanzmathematiker und Professor für Risk Engineering an der New York University wissen dabei, wovon sie schreiben, denn beide haben selbst Risiken auf sich genommen.

Dufourmantelle, geboren 1964, eilte am 21. Juli 2017 – sechs Jahre nach dem Erscheinen der französischen Originalausgabe ihres flammenden Aufrufs zur mehr Risikobereitschaft – zwei Kindern am Strand der Cote d’Azur zur Hilfe und erlitt dabei einen Herzstillstand, an dessen Folgen sie starb. Die Kinder wurden von Rettungsschwimmern geborgen und überlebten.

Taleb begann seine Berufslaufbahn als Trader und Hedge-Fund-Manager und hatte dort naturgemäß mit Risiken zu tun, die seiner Meinung nach aber falsch verstanden und analysiert wurden – weswegen er begann, sich mit dem Thema auch theoretisch auseinanderzusetzen.

Die Gegenwart steht im Zeichen des Risikos: „Wahrscheinlichkeitsrechnungen, Umfragen, Crash-Szenarien, Evaluierung psychischer Belastbarkeit, Prävention gegen Naturkatastrophen, Krisenzellen – keine Facette des politischen oder ethischen Diskurses entgeht diesem Prozess. Das Vorsorgeprinzip ist zur Norm geworden.“ Anne Dufourmantelles „Lob des Risikos“ beginnt mit einer Diagnose des Sicherheitswahns, in den eine überzogene Risikoabwägung münden kann.

Was bedeutet es für eine Zivilisation, wenn sie das Risiko nur noch als heldenhaften Akt, puren Unsinn oder abweichendes Verhalten denken kann, fragt die Philosophin, die ihre Dissertation über Kierkegaard, Nietzsche, Levinas und Jan Patocka schrieb und sich dann der Praxis zuwandte, der Psychoanalyse, daneben als Verlegerin arbeitete und rund 20 Bücher veröffentlichte, u.a. zusammen mit Jacques Derrida oder Antonio Negri, über Themen wie Gastfreundschaft, mütterliche Gewalt bzw. Wildheit, Frauen und Opfer, Träume oder die Macht der Sanftheit. „Lob des Risikos“ ist ihr erstes Werk, das ins Deutsche übersetzt wurde, was vermutlich ihrem tragischen Tod geschuldet ist, der ihren Reflexionen auf eine grausame Weise Glaubwürdigkeit verlieh.

Unheimlich wird die Lektüre, wenn Dufourmantelle gleich zu Beginn das Risiko als eine „Sterbensverweigerung“ zu fassen versucht, worunter sie den Tod zu Lebzeiten durch Verzicht, Depression und Aufopferung versteht. Diesem setzt sie das Risiko als „positives Trauma“ entgegen, als Gegensatz zur Neurose, die keinen Platz für das Unbekannte lässt und damit keine Luft zum Atmen. Sowie den Ungehorsam, der auf den Zwang pfeift, „weil man alles, sogar das Leben, zu verlieren bereit ist“.

Risiko definiert Dufourmantelle als ein Verlangen, das uns selbst nicht bewusst ist, eine Liebe, deren Gesicht uns verborgen bleibt, ein „reines Ereignis“. Es setzt die Fähigkeit voraus, sich Traurigkeit, Angst und Enttäuschung auszusetzen, und den Mut, frei zu sein. Im Grunde bedeutet jede Entscheidung ein Risiko. Deswegen stellt Dufourmantelle ihrem Buch ein Zitat von Kierkegaard voran: „Der Moment der Entscheidung ist eine Verrücktheit.“

Freiheit versteht Dufourmantelle dabei aber nicht als absolute Unabhängigkeit, im Gegenteil, sie versucht die „angeborene Abhängigkeit“ des Menschen vom anderen zu denken und geht dabei von der mütterlichen Liebe und „Gastfreundschaft“ aus. Diese existenzielle Unsicherheit gelte es anzunehmen. Die Notwendigkeit, sich zu versichern, daran erinnert Dufourmantelle nachdrücklich, sei proportional zur Logik der Selbstevaluierung und „Testbarkeit“ von Menschen und Dingen gewachsen, einer Kommerzialisierung des Lebens. Sie spalte das Subjekt in ein triebgesteuertes Wesen, das vor sich selbst versichert werden müsse, und ein Vernunftwesen, das nie vernünftig genug sein könne und dennoch andere damit betraue, aus dem Risiko Kapital zu schlagen und sie vor ihrer eigenen Unbedachtsamkeit zu schützen.

Dufourmantelle umkreist ihr Thema behutsam. „Freiwillige Knechtschaft und Ungehorsam“, „Das Risiko der Leidenschaft“, „Das Verlassen der Familie“, „Ein Geheimnis wahren“, „Sich mit seinen Ängsten anfreunden“, „Die Traurigkeit riskieren“, „Über das Zeitverlieren“, „Das Risiko des Sprechens“ oder „Das Risiko der Unterwelt (Eurydike)“ lauten die so disparaten wie aussagekräftigen Titel ihrer kurzen Kapitel. Ihr aphoristischer Zugang, bestehend aus vermischten Reflexionen, Lesenotizen, Gesellschaftskritik und berührenden Lebensgeschichten aus Dufourmantelles psychoanalytischer Praxis, macht dieses tiefsinnige und kluge Buch leicht lesbar.

Auf starke Thesen verzichtet die Autorin weitgehend, aber in Summe stellen ihre vermischten Betrachtungen eine Hommage an ihren Beruf, die Psychoanalyse, das Risiko der Begegnung, der Interpretation einer fremden Wirklichkeit und des Neuanfangs in einer scheinbar festgefahrenen Lebenssituation dar – auf die Kraft des Gesprächs und damit der Sprache.

Nassim Nicholas Taleb pflegt einen entgegengesetzten Zugang. Er packt sein Thema bei der Wurzel und führt es zu einem Nullpunkt zurück, der Frage des Überlebens, die er als Richterin der Geschichte und über Wahr und Falsch begreift. Sein Hauptbegriff „Skin in the Game“ – so der Originaltitel des Buches, der in der deutschsprachigen Ausgabe als Untertitel firmiert – bedeutet die Bereitschaft, sich der Realität auszusetzen, und zwar im wörtlichen Sinne: indem man seine Haut riskiert.

Diesen Einsatz vermisst Taleb bei zahlreichen Menschen, was ihn besonders schmerzt, wenn es sich dabei um Entscheidungsträger handelt. Denn ohne die Bereitschaft, einen Preis für sein Handeln zu bezahlen, so seine These, wird man die Welt nie verstehen, sondern bleibt der Versuchung ausgeliefert, an falschen Prämissen festzuhalten. Als Beispiele dienen ihm Manager, die Boni einstreifen, auch wenn sie ein Unternehmen in den Ruin getrieben haben, Banken, die sich nach Fehlkalkulationen vom Steuerzahler „retten“ lassen, aber auch Interventionisten, die Kriege in anderen Ländern anzetteln, um Diktatoren zu stürzen, und, wenn sie nur Chaos gesät haben, es in einem anderen Land noch einmal probieren. Aber auch Wissenschaftler, der „Intellektuelle also Idiot“ (sic!), Bürokraten und Journalisten bekommen ihr Fett ab, ganz zu schweigen von Charity-Events als zeitgenössische Form des Ablasshandels.

Seine Ironie, sein Sarkasmus, sein Furor, seine Nonchalance und seine Unduldsamkeit bilden einen starken Kontrast zu den abwägenden, oft dunkel-poetischen Betrachtungen Dufourmantelles. Taleb kommt stets zum Punkt, wobei Kernsätze typografisch hervorgehoben werden. „Der Fluch der Modernität besteht darin, dass es immer mehr Menschen gibt, die besser erklären können als verstehen“, lautet eine dieser Sentenzen. „Ausschlaggebend ist nicht, was eine Person hat oder nicht hat; ausschlaggebend ist, was sie Angst hat zu verlieren“ eine andere. Aber auch Verhaltensregeln bekommt man von Taleb geliefert: „Lassen Sie sich nicht von Personen beraten, die davon leben, Ratschläge zu geben, es sei denn, sie haften für die Folgen.“ Seine Leidenschaft gilt dem Auffinden von intuitiven Überzeugungen, die Humbug sind.

Wer die Bereitschaft aufbringt, sich auf seine Radikalität einzulassen, wird mit Thesen überrascht, die oft wider den Stachel eingefahrener Überzeugungen löcken. Etwa jener der „Minderheitenregel“, die besagt, dass Geschmack und moralische Werte nicht auf Konsens beruhen, sondern der Mehrheit von Intoleranten von Minderheiten aufgezwungen werden. Oder Talebs Skepsis gegenüber dem Universalismus und deswegen auch der Globalisierung. Auch Moral kann für ihn nicht schrankenlos sein, denn der Mensch ist ein Gruppenwesen. Daraus resultiert Talebs Vorliebe für Föderationen. Ohne Risikobereitschaft gibt es für Taleb keine Moral. Mut sieht er dabei als die höchste Tugend an und zugleich die einzige, die man nicht vortäuschen kann – definiert als die Bereitschaft, sein Leben zu riskieren.

1960 in eine griechisch-orthodoxe Familie von Ärzten, Wissenschaftlern und Politikern geboren, weist der Finanzmathematiker eine profunde Kenntnis der Kultur des Vorderen Orients bis zurück in die Antike auf, er spricht und liest zahlreiche Sprachen: neben Libanesisch-Arabisch, Französisch und Englisch auch Latein, Griechisch, Hebräisch und Aramäisch. In der Antike, betont er, wurden Gesellschaften von Menschen gelenkt, die Risiken trugen, und nicht von solchen, die diese abgaben. Zu seinen Lieblingsautoren gehören römische Philosophen wie Cicero oder Seneca.

Leben ist für ihn gleichbedeutend mit Opfer- und Risikobereitschaft. Denn die Verlagerung von Risiken habe die Macht, Systeme zu zerstören. „Skin in the Game“, fasst er an einer Stelle zusammen, „hält die menschliche Hybris im Zaum“.

„Das Risiko und sein Preis“ bildet den Abschluss seines fünfbändigen Projekts namens „Incerto“ zu den Themen Glück, Ungewissheit, Wahrscheinlichkeit, Opazität, menschliches Irren, Risiko und Entscheidungsfindung. Es kann aber gleichzeitig auch als Einführung in sein Denken gelesen werden, da Taleb darin immer wieder Themen aus seinen Bestsellern „Schwarzer Schwan“ (dt. 2008) und „Anti-Fragilität“ (2013) aufgreift.

Was sie tun sollten, um die „Welt zu retten“, wird Taleb manchmal von jungen Leuten gefragt, und er rät ihnen, Risiko auf sich zu nehmen: ihre Tugend nicht zur Schau zu stellen und sich selbstständig zu machen. Risikobereitschaft endet für ihn bei der Möglichkeit eines Ruins. Als Experte für Extremereignisse wie Tail-Risiken (die Risiken extremer Verluste) war Taleb übrigens einer von wenigen, die die Finanzkrise von 2008 vorausgesagt hatten.

Auch in seinem Buch „Schwarzer Schwan“ (orig. 2007) beschäftigte er sich mit Ereignissen, die von den meisten Risikoforschern ignoriert werden, weil sie höchst unwahrscheinlich und selten sind. Wenn sie aber doch eintreten, haben sie extreme Konsequenzen, die von den Menschen allerdings, so Taleb, im Nachhinein mit einfachen und verständlichen Erklärungen verharmlost werden.

Voraussehen kann man sie nicht, da sie höchst unerwartet eintreten. Man kann ihnen nur mit der Entwicklung von Robustheit und Stabilität begegnen, die Gegenstand seiner Reflexionen zur „Anti-Fragilität“ waren.

Im Angesicht eines Ruins – ob von Privatpersonen, Firmen oder unserer Lebenswelt durch eine Öko-Katastrophe – sind schließlich keine Kosten-Nutzen-Analysen mehr möglich. „Rationalität ist die Vermeidung eines systemischen Ruins“, lautet sein Fazit, denn zu den klassischen Tugenden gehört neben Mut auch Besonnenheit.

Eines seiner Beispiel dafür klingt wie eine Hommage an Anne Dufourmanelle, die Taleb wohl kaum gekannt haben dürfte: „Ich kann Mut beweisen, indem ich eine Gruppe Kinder vor dem Ertrinken rette und dabei mein eigenes Leben aufs Spiel setze, und gleichzeitig wäre es ein Akt der Besonnenheit.“

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