Zwei illustrierte Tagebücher aus Kiew und St. Petersburg
128 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783328603252
Erscheinungsdatum 14.02.2024
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Penguin
Übersetzung Alexander Weber, Nora Krug
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Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Neumarkter Straße 28 | DE-81673 München
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Kurzbeschreibung des Verlags


Einzigartiger visueller Journalismus: die Alltagserfahrungen einer ukrainischen Journalistin und eines russischen Künstlers im Ukrainekrieg - gegenübergestellt und farbig illustriert von Nora Krug, der preisgekrönten Autorin von »Heimat«


Eine ukrainische Journalistin und ein russischer Künstler, ein Jahr lang begleitet von einer deutsch-amerikanischen Illustratorin. Zwei Leben im Krieg, zwei Tagebücher über 52 Wochen, ein Buch voller Hoffnung auf Frieden. Wenige Tage nach der russischen Invasion der Ukraine hat Nora Krug Kontakt aufgenommen zu zwei Menschen in Kiew und Sankt Petersburg, die ihr in wöchentlichen Gesprächen berichten, was der Krieg für sie bedeutet. Wie sie mit ihren Kindern darüber sprechen, mit Freunden und Fremden, ob sie arbeiten können und wie sie leben. Was es heißt, wenn die Heimat zerstört wird. Und wie es sich anfühlt, wenn sie einem genommen wird, weil die eigenen Überzeugungen nicht mit dem Krieg, den das Heimatland führt, vereinbar sind. Nora Krug hat 52 Wochen lang die Berichte gesammelt und illustriert. Auszüge aus den visuellen Tagebüchern wurden u.a. in Süddeutscher Zeitung und L.A. Times veröffentlicht. Dieses Buch umfasst das ganze erste Kriegsjahr. Das erste Jahr eines Krieges, von dem die Welt dachte, er würde keine sechs Tage dauern.Ausgezeichnet mit dem Overseas Press Club Award 2023. Die L.A.-Times-Serie war für den Pulitzer Preis nominiert.

Ausstattung: durchgehend vierfarbig illustriert

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ISBN 9783328603252
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FALTER-Rezension

52 Wochen: Chroniken aus Kiew und Sankt Petersburg

Erich Klein in FALTER 12/2024 vom 20.03.2024 (S. 26)

Kunst und Krieg, das war immer schon ein heikles Thema. Die Klärung der Frage, wer spricht, aus welcher Perspektive über Mord und Gewalt geschrieben oder gemalt wird, ist dabei von nicht geringer Bedeutung. So klar der Zweck aller Arten von Agitprop sein mag, auf welche Quellen sich zum Beispiel Paul Celan bezog, als er 25-jährig seine berühmte „Todesfuge“ über den Holocaust schrieb, ist bis heute nicht vollständig geklärt.

Dementsprechend vorsichtig und ausführlich sind auch die Anmerkungen der deutsch-amerikanischen Künstlerin Nora Krug, Professorin für Buchillustration in New York, in ihrer Einleitung zu „Im Krieg. Zwei illustrierte Tagebücher aus Kiew und St. Petersburg“. Die „visuelle Journalistin“, wie sich Krug selbst bezeichnet, bat unmittelbar nach dem Überfall von Wladimir Putins Armee auf die Ukraine am 22. Februar 2022 eine ukrainische Journalistin, mit der sie vage bekannt war, und einen russischen Künstler, ihre persönlichen Erlebnisse und Eindrücke festzuhalten. Aus den im Lauf eines Jahres verfertigten Notizen der beiden anonymisierten Protagonistinnen K. und D. über ihre persönlichen Erfahrungen aus mehr oder weniger großer Entfernung zu unmittelbaren Kriegsgeschehnissen entstand eine Graphic Novel, die den Krieg allen von diesem nicht direkt Betroffenen näher bringen soll.

Nora Krugs erste Illustration zum Bericht der ukrainischen Journalistin K. ist das abgeschnittene Bild einer Frau, die einen Vorhang zur Seite zieht: Vor dem Fenster ist ein offenbar abgeschossenes Flugzeug zu sehen, das brennt. „Als ich erfuhr, dass in Kiew der Krieg ausgebrochen war, nahm ich zuallererst ein Bad“, schreibt die ukrainische Journalistin in ihrem ersten Eintrag: Sie habe eine Zeitlang nicht gewusst, wie ihr geschehe, dann sei ihr aber klar geworden, „dass dies das Ende von Putins Russland ist“.

Auf diesen Trommelwirbel gemischter Gefühle folgt die Flucht mit zwei Kindern aus Kiew nach Lwiw, wo K. überfüllte Züge mit Flüchtlingen Richtung Westen und Züge mit Panzern Richtung Osten beobachtet. Das erinnert sie an jene Züge, die im Zweiten Weltkrieg Juden ins Konzentrationslager transportierten: „Ein wenig später deportierten dieselben Züge Menschen aus Lwiw in den Gulag, denn viele von ihnen wurden beschuldigt, Kollaborateure zu sein.“ Ob das dichte Geschichtsnarrativ über die Westukraine im 20. Jahrhundert eine „authentische“ Momentaufnahme von der Flucht darstellt, sei dahingestellt; die geschichtsträchtig stilisierte Form der Erzählung legt eher das Gegenteil nahe.

Die Geschichte des russischen Counterparts auf der gegenüberliegenden Buchseite ist vordergründig weniger dramatisch: Hände, die Rotweingläser halten, im Hintergrund ein aufgeklappter Laptop. Der Petersburger Künstler D. schreibt: „Schrecklich. Die schlimmsten Tage meines Lebens. Putin richtet mein Land zugrunde. Ich fürchte, viele Leute stehen noch zu ihm. Ich trinke Wein mit meiner Frau und wir sprechen übers Auswandern.“

Die Woche für Woche im Lauf eines Jahres festgehaltenen bruchstückhaften Berichte fügen sich dann, wie Nora Krug ausführlich erläutert, zu einer disparaten und zugleich kohärenten Erzählung, um „ein differenziertes und emotionales Verständnis dessen zu finden, wonach die meisten Historiker, Journalisten und Autoren suchen: Wahrheit“. Wie das Leben im Ausnahmezustand des Kriegs so spielt, besteht diese Wahrheit allerdings aus einer Kette von zufälligen Ereignissen. Worin der intellektuelle oder künstlerische Mehrwert der Graphic Novel gegenüber normalen journalistischen Berichten oder Fotoreportagen aus dem Krieg liegen soll, erschließt sich jedenfalls nicht ganz. „Im Krieg“ stellt eher ein sehr gekonntes Lehrstück in Sachen Erzählung über die Schrecken des Krieges dar und ist allein schon deshalb bedenkens- und lesenswert.

In der vierten Woche trifft die ukrainische Journalistin mit ihren Kindern in Dänemark ein, allerdings quält sie dort bald das schlechte Gewissen, nicht weiter ihrem Beruf als Kriegsberichterstatterin nachzukommen. In der sechsten Woche kehrt sie in die Ukraine zurück, erfährt von den russischen Massakern in Butscha und Irpin und hält ihren Hass auf die Russen fest, der sich in ihrem Fall mit Selbsthass vermischt. K. berichtet von den Disputen zwischen jenen Ukrainern, die im Land blieben, und jenen, die die Flucht vorzogen und gelegentlich aus Europa zurückkehren. Sie erinnert sich an frühere Erfahrungen als Journalistin, die seinerzeit von beiden Seiten der Konfliktparteien im Donbas berichtete, und stellt schließlich die Frage nach ihrer eigenen Identität: Im Alter von 13 mit der Mutter, einer „jüdischen Russin“, aus dem russischen Wolgograd auf die Krim übersiedelt, studierte K. später in Moskau, arbeitete dort bei großen Tageszeitungen und erhielt erst 2015 die ukrainische Staatsbürgerschaft. „Ich selbst habe mich auch nie als Russin betrachtet.“ Sie fährt mit einem Filmteam an die Fronten im Norden und Süden der Ukraine, ist zunehmend erschöpft und hat vor allem Sehnsucht nach ihren Kindern in Dänemark. Erst im fortgeschrittenen ersten Kriegsjahr erhält auch ihr Mann, ebenfalls Journalist und im wehrfähigen Alter, eine Genehmigung für eine Reise nach New York.

Um es vorwegzunehmen: Die Reaktion auf Nora Krugs „Im Krieg“ fiel in der Ukraine nicht ohne massive Kritik aus: „Das Buch enthält Fehler und zeugt von mangelndem Verständnis der Zusammenhänge.“ Der dabei vielleicht wichtigste Kritikpunkt: Krugs ukrainische Journalistin K. sei schon zwei Jahre vor Kriegsbeginn nach Dänemark emigriert und unterscheide sich deshalb ganz wesentlich von der Masse jener Flüchtlinge, die die Ukraine nach den ersten Bombardements durch die Russen ohne Ziel und Plan verlassen mussten.

Nora Krug weist in der Einleitung des Buches mehrfach darauf hin, dass es ihr um die vielfachen „Ambivalenzen“ in den Biografien ihrer Protagonistinnen gehe und um „den krassen Gegensatz zwischen den zwei Erzählungen“, die dieser Krieg hervorbrachte. Dennoch bleibt die Erzählung des Petersburger Künstlers D. eher farblos: Da er als Einziger in der Familie einen Reisepass besitzt und nur er bedroht ist, zum russischen Militär eingezogen zu werden, überlegt er vor allem die Möglichkeiten, Russland zu verlassen. An der finnischen Grenze wird er abgewiesen, mehrere Versuche, über das benachbarte Lettland eine Aufenthaltsgenehmigung in der EU zu erhalten, schlagen fehl.

D. beschreibt die Propagandaflut, die über Russland hereinbricht, und wie er seinen Kindern die Wahrheit dieses Krieges, der in Petersburg praktisch unbemerkt bleibt, erklären könne. Schockiert ist er über die Propagandasprüche des angesehenen Direktors der Ermitage, einem der bedeutendsten Kunstmuseen der Welt, wonach Russland mit dieser „Spezialoperation“ den Lauf der Weltgeschichte verändere.

Als ihm endlich die Flucht nach Frankreich gelingt, stellt D. wie sein ukrainischer Counterpart die Frage nach der kulturellen Identität und definiert sich als „sibirisch, jüdisch“. Auch er leidet unter der Trennung von der Familie, träumt vom Tod Putins als einziger Rettung und erklärt am Ende: „Der Krieg hat auch gezeigt, dass man seine ­Regierung in keiner Weise beeinflussen kann. Das ist furchtbar, aber es ist eine Tatsache.“

„Im Krieg“ ist ein anspruchsvolles und zugleich in sich widersprüchliches Buch, trotz Krugs Erklärung, keinen „Raum der Aussöhnung zu schaffen oder die russischen und die ukrainischen Erfahrungen gleichzusetzen“. Ob dieses Vorhaben gelang, müssen die Leserinnen und Leser für sich entscheiden. An der Aufgabe, angemessen mit dem Russland-Ukraine-Krieg umzugehen, ist erst kürzlich der Wiener Festwochen-Zampano Milo Rau ebenso peinlich gescheitert wie US-Präsident Joe Biden, der die Witwe des ermordeten russischen Dissidenten Alexej Navalny neben die ukrainische Präsidentengattin setzen wollte – dabei galt Navalny in der Ukraine vielen als Vertreter eines russischen Nationalismus.

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