

Solang es im Garten was zu tun gibt, hat der Tod keine Chance
Sebastian Fasthuber in FALTER 29/2025 vom 16.07.2025 (S. 28)
Es gibt liebende Mütter und abwesende Väter. In diesem Rahmen bewegen sich die Familiengeschichten in der bulgarischen Literatur laut einem, der die Ausnahme von der Regel geschrieben hat. Der Bulgare Georgi Gospodinov (Jg. 1968) hat sich mit einigen Romanen und Kurzgeschichten als großer europäischer Erzähler erwiesen.
Nun berichtet er vom Sterben seines Vaters. Man kann es ein trauriges, schwermütiges Buch nennen.
Das ist aber nur die eine Seite der Medaille. Gleichzeitig gelingt es Gospodinov, auf wunderbar leichte, bisweilen sogar heitere Art über die letzten Dinge zu schreiben. "Der Gärtner und der Tod" umfasst die ganze emotionale Palette.
In tagebuchhaften, gleichzeitig stark verdichteten kurzen Kapiteln schreibt er über einen, der kein Mann großer Worte war. Zumindest nicht, wenn es um seine Gefühle ging. Um die Zuneigung, die er für seine Kinder empfand. Oder um die Schmerzen, die ihm sein gebrechlich gewordener Körper und der Krebs am Ende bereiteten.
"Halb so wild": Das war der Satz, der ihn definierte. Gleichzeitig war er für seine Zeit ein untypischer Vater und kein "Schreckgespenst". Schlug seine Söhne nicht, sie durften sich sogar die Haare wachsen lassen. Und er kümmerte sich - was damals in Bulgarien als unmännlich verlacht wurde -beinahe liebevoll um die Wäsche.
Seine späte Liebe galt seinem Garten. Er bewirtschaftete bis 79 ein Grundstück mit Obst, Gemüse, Blumen. Solang es draußen was zu tun gibt, hat der Tod keine Chance: Folgerichtig stirbt der Vater kurz vor Weihnachten, als der Garten ruht.
Der Sohn begleitet ihn in den letzten Wochen, nimmt Abschied - und natürlich geht es trotzdem zu schnell. "Der Gärtner und der Tod" ist ein bewegendes Memoire und Trauerbuch in einem. Ist die Sprache in der ersten Hälfte einfach und klar, wird sie nach dem Tod des Vaters literarischer, schwerer.
Und doch: "Halb so wild."