

Es tut ihr weh? Ach, das hält sie schon aus
Juliane Fischer in FALTER 15/2025 vom 09.04.2025 (S. 33)
Der Menstruationsschmerzsimulator lässt die Männer mit leidgeplagten Mienen auf den Klappsesseln hin und her rutschen. Das von einem Westernfestival stammende Video hat die deutsche Journalistin Eva Biringer auf Youtube entdeckt. Frauen, schreibt sie, würden durchschnittlich rascher Schmerz empfinden, diesen aber besser aushalten.
Mit "Unversehrt" hat die Autorin das männerzentrierte medizinische System und die im Hinblick auf quälende Empfindungen zutiefst misogyne Gesellschaft vermessen. Sie zeigt, wie körperliche Beschwerden von Frauen weniger ernst genommen oder sogar gewollt werden. Die Schmerzklaviatur reicht vom in China erst 1949 verbotenen Brauch, Mädchen für den "Lotusfuß" die Füße zu brechen, bis zum absichtlich eng vernähten Dammschnitt, dem sogenannten "Husband Stitch". Im schlimmsten Fall steht am Ende der Misshandlung ein Femizid.
Wenn die katholische Kirche Geburts-und Regelschmerzen mit der Erbsünde rechtfertigte und Hippokrates hier "ein Ungleichgewicht der vier Körpersäfte" ortete, tun wir das als uralte Erzählungen ab. Tatsächlich scheint das Wissen über den weiblichen Körper laut Biringers umfassender Abhandlung noch immer erschreckend gering.
So werden das prämenstruelle Syndrom und die Endometriose, von der jede zehnte Frau betroffen ist, oft noch als "Einbildung" abgetan. Krankheiten, an denen überwiegend Frauen leiden, wie Multiple Sklerose, Hashimoto oder das oft durch Corona verursachte ME/CFS, sind schlecht erforscht. Hauptsache, es gibt 2000 Studien zu Erektionsstörungen.
"Obwohl Frauen per se mehr körperliche Schmerzen ertragen müssen als Männer", kritisiert Biringer, "gelten sie nicht etwa als härter im Nehmen, sondern als das schwache Geschlecht." Gelungen benennt dieses Buch die vielen schauderhaften Schattierungen des (weiblichen) Schmerzes: Es sind Chroniken des Grauens.