

Ulrich Rüdenauer in FALTER 10/2009 vom 06.03.2009 (S. 20)
Wer den Freitod sucht, sagt Jean Améry, bricht aus der Logik des Lebens aus. Die Figuren in Hans Pleschinskis neuem Roman "Ludwigshöhe" haben alle einen Punkt erreicht, an dem sie genau das tun wollen.
So finden gut ein Dutzend Lebensmüder in einer Villa am Starnberger See zusammen – eben auf der Ludwigshöhe, in einem Hospiz ganz eigener Art. Die Leitung haben drei Geschwister inne, und ihre Sterbehilfedienstleistung hat nichts mit Nächstenliebe zu tun, sondern ist reines Mittel zum Zweck: Onkel Roberto nämlich hat den dreien ein imposantes Erbe vermacht, allerdings unter der perfiden Auflage, dass sie erst einmal Gutes tun müssten und seine Villa auf der Ludwigshöhe den Ungetrösteten und Jenseitssüchtigen öffnen sollten.
Wo aber die Todessehnsucht am größten, wächst das Rettende auch: In dieser liebenswerten Gesellschaft der Entmutigten entsteht ein Zaudern vor dem letzten Schritt. Immer wieder zögern sie hinaus, was sie vorhatten, weil sie neue Erfahrungen sammeln, über kleine Wunder des Alltäglichen staunen und die finalen Motive des anderen in Zweifel ziehen.
Die Geschwister jedenfalls sehen ihr Erbe in weite Ferne rücken. Pleschinski ist ein wundersam schwebender, ironischer Roman gelungen: Das Gewicht des Themas ist kaum zu spüren. Sein Selbstmörderroman ist so zuletzt eine Feier des Lebens – auch gegen dessen Logik.