
Der Mann der Mitte
Wolfgang Zwander in FALTER 13/2010 vom 31.03.2010 (S. 16)
Jede Nation hat ihre lebenden Säulenheiligen, die für Werte, Identität und Orientierung stehen. Einer, der für die meisten Deutschen diese Position einnimmt, ist Richard von Weizsäcker. Es verwundert nicht, wenn zu seinem anstehenden Neunziger gleich vier Biografien über ihn erscheinen. Die beste schrieb der Zeit-Journalist Gunter Hofmann. Sein Buch verwebt die Biografie des Ex-Präsidenten der Bundesrepublik mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts. Weizsäckers Eltern waren Teil jenes aristokratischen Bürgertums, das "in Weimar die Kraft nicht hatte", Hitler zu verhindern. Es scheint, als ob Weizsäcker diesen Fehler ausbessern wollte. Er bot Orientierung und war ein Mann der Mitte, den Ausgleich suchend zwischen Gegenwart und Nazi-Vergangenheit, zwischen BRD und DDR, zwischen 68ern und konservativem Bürgertum.


