Der Konflikt

Die Frau und die Mutter
222 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783406608018
Erscheinungsdatum 30.09.2010
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Verlag C.H.Beck
Übersetzung Ursula Held, Stephanie Singh
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HerstellerangabenAnzeigen
Verlag C.H.Beck GmbH & Co. KG
Wilhelmstraße 9 | DE-80801 München
produktsicherheit@beck.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Die Freiheiten, die sich Frauen einmal erkämpft haben, sind seit 30 Jahren zunehmend bedroht - in Deutschland noch mehr als in Frankreich. Elisabeth Badinter, Feministin, Philosophin und Bestsellerautorin, macht dafür die neuen Ideale von der perfekten Mutter verantwortlich. Sie flößen allen Müttern ein schlechtes Gewissen ein, die ihrem Kind nicht ständig den Vorrang vor sich selbst, ihrem Partner und ihrem Beruf einräumen.
"Ich bin eine mittelmäßige Mutter, wie vermutlich die meisten Frauen", sagt Elisabeth Badinter. Doch so freimütig äußern sich heute nur wenige. Dominiert wird das neue Mutterbild vom Diktat der Natur. Natürlich sei, so heißt es, die ständige Nähe zwischen Mutter und Kind; sie sei für die gesamte Entwicklung des Kindes unverzichtbar. Natürlich sei das Stillen; es sei daher weit über das erste Jahr hinaus moralisch geboten. Und überhaupt müsse man Frauen über ihre natürliche Mutterrolle definieren. Aber was ist wirklich natürlich? Und sollen Frauen im Namen der Natur wieder verzichten lernen?

lisabeth Badinter scheidet in ihrer klugen Polemik die Wahrheiten von den Mythen des nur angeblich Natürlichen. Gegen das moralische Diktat der Natur setzt sie die Freiheit der Frauen, ihr eigenes Leben und die Beziehung zu ihren Kindern selbst zu gestalten. Schließlich führt die Angst, keine vollkommene Mutter sein zu können, gerade in Deutschland bei vielen Frauen zum Verzicht auf Kinder. Ein weitsichtiges Buch, das zum Umdenken zwingt.

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ISBN 9783406608018
Erscheinungsdatum 30.09.2010
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FALTER-Rezension

Mütter müssen nicht perfekt sein

Gerlinde Pölsler in FALTER 10/2017 vom 10.03.2017 (S. 56)

Der Mutterkult setzt Frauen laut Elisabeth Badinter nicht nur unnötig unter Druck – er ist auch schuld an der hohen Kinderlosigkeit

Mit „Mutterliebe“ hat Elisabeth Badinter 1981 die Wandelbarkeit ebendieser analysiert und einen Bestseller gelandet. Auch die 2010 erschienene Nachschau rief in Frankreich ebenso wie in Deutschland heftige Debatten hervor. „Die Freiheiten, die sich die Frauen einmal erkämpft haben, sind seit 30 Jahren zunehmend bedroht“, heißt es da. Schuld sei das Wiedererstarken eines naturalistischen Mutterbilds.
Zum einen entdeckte die Wissenschaft den „Mutterinstinkt“ wieder: Die Mutter habe in den ersten Jahren eines Kindes dessen Hauptbezugsperson zu sein. Zeitgleich legte der Feminismus eine „180-Grad-Wende“ hin. Die zweite Welle entdeckte „typisch weibliche“ Tugenden wieder – das Nährende, die Sorge um andere. In der Ökobewegung verband sich dies zu neuen Muttertugenden: Auf die Stimme der Natur hören. Natürlich gebären, möglichst lang stillen. Et voilà: Zunehmend sähen sich Frauen wieder nach Hause verwiesen.
Die Chauvinisten könnten sich freuen: „Sie haben ihren heimlichen Kampf gewonnen, ohne zu den Waffen zu greifen oder auch nur ein Wort zu sagen.“ Die Kehrseite: ein „Gebärstreik“. Je rigider die Mutterrolle, desto mehr Frauen bekämen einfach keine Kinder. Als Gegenmodell präsentiert Badinter Frankreich. Dort verlange man von Müttern keine totale Aufopferung, und Französinnen gingen besonders rasch wieder arbeiten. Die kinderlose Frau sei ein Randphänomen. Französinnen seien „,mittelmäßige‘ Mütter, aber immerhin Mütter“. Wie lange noch, fragt Badinter, werden sie dem Trend trotzen? Stoppen könne diesen „einzig eine gerechte Aufgabenteilung unter den Eltern.“
Badinter formuliert geschliffen und polemisch, manches malt sie zu schwarz-weiß. Wenn sie sagt, Freiheiten der Frauen seien „seit 30 Jahren bedroht“, zeichnet sie die damalige Lage schöner, als sie war. Väter bringen sich heute deutlich mehr ein. Es gibt mehr Kinderbetreuungsangebote, und viel mehr Mütter sind erwerbstätig, wenn auch Teilzeit. Vorhanden sind die von Badinter beschriebenen Tendenzen aber unbestreitbar. Das Buch ist sowohl Eltern zu empfehlen als auch jenen, die noch schwanken: Gerade Kinderlose laufen laut der Autorin mit besonders rigiden Mutterbildern herum, die sie vom Kinderkriegen abhalten. Badinters Botschaft: Ihr müsst nicht perfekt sein, um dabei zu sein.

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Ich bin die Milch deiner Brüste

Julia Kospach in FALTER 39/2010 vom 01.10.2010 (S. 35)

Schon 1981 hatte Elisabeth Badinter in ihrem Buch "Mutterliebe" von den außergewöhnlichen Sitten der Französinnen berichtet: Seit dem 17. Jahrhundert war es quer durch die Gesellschaftsschichten üblich, Kinder unmittelbar nach der Geburt zu einer Amme aufs Land zu geben, von wo sie erst mit zwei oder drei Jahren wieder nach Hause zurückkehrten. Hinter dieser Praxis stand die Überzeugung, dass Mutterschaft nicht der Inbegriff des weiblichen Lebens sei.
Daran habe sich, so die französische Vorzeigefeministin, grosso modo nichts geändert. Will man es den Französinnen negativ auslegen, sind sie bis heute die Rabenmütter Europas, arbeiten im EU-Vergleich nach der Geburt ihres ersten Kindes am häufigsten wieder Vollzeit, haben aber eine der höchsten Geburtenraten.
Kinder und Berufstätigkeit, Frau­sein und Muttersein schließen einander in
ihrer Sicht weniger aus als etwa in Deutschland und Österreich, wo sich immer mehr Frauen ganz gegen Kinder entscheiden, weil sie sich den damit verbundenen hohen Anforderungen und Erwartungen nicht aussetzen möchten.

Mutterliebe revisited
Fast 30 Jahre nach ihrer einflussreichen ersten Kulturgeschichte der Mutterschaft, legt Badinter nun eine Art "Mutterliebe revisited" vor. "Der Konflikt. Die Frau und die Mutter" macht gleich im Titel klar, dass sich die Dinge nicht zum Besseren verändert haben. Auch in Frankreich, wenn auch dort mit Verzögerung. Badinters Analyse ist kühl und selbstbewusst. Ihre Schwäche liegt darin, sich etwas zu häufig auf Statistiken zu berufen – aber vielleicht tut Absicherung not, wenn man sich in die Kampfzone Mutterschaft begibt.
Badinter ortet einen Backlash, der Frauen mit Kindern zunehmend auf ihre Mutterrolle einschränken will und die Aufgaben für eine "gute" Mutter immer weiter in die Höhe schraubt. Drei Hauptursachen dafür hat sie ausgemacht: Erstens sind junge Frauen entmutigt von einer immer härter werdenden, sie in Aufstiegschancen und Gehalt benachteiligenden Arbeitswelt, der gegenüber der Rückzug ins Private reizvoll erscheint. Die Auswirkungen der Wirtschaftskrise haben dies noch verschärft.
Zweitens bescherte der Siegeszug des ökologischen Denkens, der in Umweltbelangen so viel Gutes gebracht hat, der weiblichen Emanzipation einen Rückschritt: Wo der Mensch sich nicht mehr die Natur untertan macht, sondern sich ihr anzupassen trachtet, sind die nicht weit, die von Frauen wieder ein Zurück zur Natur in Kinderfragen einfordern. So kam die Anrufung des natürlichen Mutterinstinkts, die man überwunden glaubte, wieder in Mode, das lange Stillen von Babys wurde zum Maß aller Dinge, und die möglichst enge Bindung zwischen Mutter und Kind stieg in den Rang eines Naturgesetzes auf.
Badinter beschreibt am beispiellosen Aufstieg der US-amerikanischen Stillvereinigung La Leche League, welche sektenhaften Ausmaße ein als moralische Pflicht verstandener Stillkult annehmen kann, und zitiert dazu aus den "Zehn Geboten" der Website von AlternaMomsUnite. Gebot eins: "Ich bin die Milch deiner Brüste, du sollst keine andere Art der Kindernahrung bei dir im Haus haben." Inzwischen herrscht weitgehender Konsens, dass nur eine stillende Mutter eine gute Mutter sein kann. Allein in den USA ist der Anteil stillender Mütter von 20 Prozent Mitte der 50er- auf 60 Prozent Mitte der 80er-Jahre gestiegen.

Feminismus in der Krise
Drittens geriet der Feminismus selbst in die Krise und musste sich, so Badinter, "sogar vorwerfen lassen, das zentrale Problem der Ungleichheit der Geschlechter überhaupt nicht gelöst zu haben". Eine Reaktion darauf war, dass sich der Feminismus ein neues Feld eroberte und nun "biologische Erfahrungen der Frauen in den Vordergrund stellte" – mit der Verherrlichung von weiblichem Zyklus, Schwangerschaft und Geburt als etwas Erhabenem, durch das Frauen zur Essenz ihres natürlichen Wesens finden und der von Männern drangsalierten Gesellschaft ein alternatives Lebenskonzept entgegenstellen konnten.
Dieser neue Maternalismus half dem Feminismus aus seiner Identitätskrise und spielte, so Badinter, den männlich geprägten Machtstrukturen in die Hände, ohne dass ein Mann dafür auch nur einen Finger rühren musste. In Badinters Augen eine klare Selbstaufgabe des von Frauen in den 60er- und 70er-Jahren Erreichten. Das Gegengift: Es hilft, sich klarzumachen, dass weder Kind noch Mutter perfekt sein müssen. In Badinters Worten: "Ich bin eine mittelmäßige Mutter, wie vermutlich die meisten Frauen."
Ayelet Waldman hat es weit gebracht. Heißt es im US-amerikanischen Mediendiskurs über irgendeinen Essay oder ein Buch, es erinnere an Ayelet Waldman, dann ist alles klar, und die Fronten stellen sich auf eine erbitterte Schlacht ein. Gemeint sind damit nicht Waldmans Krimis aus ihrer Mummy-Track-Mysteries-Serie um eine Teilzeitdetektivin und Ganztagsmutter, sondern ihre Essays zum Thema Mutterschaft und ihr Buch "Böse Mütter", das vor einem Jahr in den USA erschienen ist.

Mütterpolizei und Kampfzicken
Die für die dortige "Mütterpolizei" unerträglichste These, die Waldman zum Thema je aufgestellt hat, war zu verkünden, sie liebe ihren Mann mehr als ihre Kinder – und hielte das für alle Beteiligten für den gesündesten Zustand. Internetforen und Mütterblogs erklärten Waldman daraufhin zur gefährlichen Verrückten und regten an, ihr ihre Kinder wegzunehmen (als deren Vater übrigens der Bestsellerautor und Pulitzer-Preisträger Michael Chabon firmiert).
Oprah Winfrey nahm sie ins Kreuzverhör, und "die New-York-City-Spezialeinheit der Mütterpolizei, die Kampfzicken von UrbanBaby.com, schlugen ihre spitzen, kleinen Schneidezähne in meinen Waden".
In "Böse Mütter" lässt Waldman ihre "15 Minuten Ruhm" noch einmal Revue passieren und schließt daran eine Reihe weiterer Essays über Schwangerschaft und Stillen, Kind und Karriere, Schwiegermutterkonflikte und Familienleben, Schwangerschaftsabbruch und Sexualität an. Waldman, einst Strafverteidigerin mit Harvard-Abschluss, ist eine radikal exhibitionistische Schriftstellerin. Jede Wette, dass es sich ihre Kinder in ein paar Jahren verbitten werden, jemals wieder in einem ihrer Texte Erwähnung zu finden!
Denn Waldman teilt alles ganz offenherzig mit: ihre Ängste um ihre Kinder, ihren Kampf mit der Muttermilchabpumpmaschine, ihre Überlegungen über die sexuelle Entwicklung ihrer Kinder am Beispiel ihrer eigenen Karriere als "Schulschlampe", ihre Verzweiflung angesichts der pränatalen Diagnose einer Behinderung, ihre mit jedem weiteren Kind steigende Langeweile angesichts von Elternabenden, ihre Aggressionen gegenüber der Selbstgerechtigkeit anderer Mütter.
Waldman erspart sich und ihren Lesern gar nichts – bis hin zum Inhalt ihrer Nachtkastlschublade. Sie tut das weder blind noch ohne Humor. Immer wieder mal zitiert sie ihre Kinder mit einem angewiderten "Mummy, wie widerlich!". Ohne Zweifel tendiert Waldman im Leben wie im ­Schreiben zu einer Art Hysterie, die sie jedes Thema mit Leidenschaft verfolgen lässt. Wenn dieses sich um Kinder und Familie dreht, geht es schnell ans Eingemachte – und Waldman, gleichermaßen befeuert von emanzipatorischem Kampfeswillen wie von ihrer Rolle als überzeugter "jewish mom", wirft sich mit Furor ins Getümmel.

Sexbombe für die Väter
Oft beschreibt sie das ganz normale alltägliche Ringen einer berufstätigen Frau, Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen. Dazu gehört ihr Rat an Ehemänner, sich wie ihr eigener Mann gleichermaßen für Haushalt und Kinder zuständig zu fühlen, weil sie damit für ihre Frauen begehrenswert bleiben, da sich weniger Groll zwischen den Partnern aufbaut.
Komisch zu lesen ist ihre Beschreibung der Briefe, die sie von Männern bekommen hat, die diese Botschaft anscheinend nicht verstanden hatten: Ihnen ging es nur um die Entdeckung des Geheimnisses, wie Waldmann es hinkriege, immer noch gern mit ihrem Mann zu schlafen. Gottseibeiuns für die Mütter, Sexbombe für die Väter!
"Böse Mütter" ist über weite Strecken eine erfrischende, entlastende Lektüre. Gleichzeitig bewirkt es Kopfschütteln darüber, dass eine so kluge Frau sich wegen jedem – man möchte wirklich sagen – Furz tage-, wochen- und monatelang in den skurrilsten Internetforen herumdrückt, um sich dort Empfehlungen, Trost oder Ohrfeigen abzuholen.
Darin liegt eine erstaunliche Unfähigkeit, sich auf sein Gefühl verlassen zu können, und eine starke Unsicherheit, die vermutlich zeigt, was für ein Minenfeld das Aufziehen von Kindern – gerade im puritanischen Amerika – ist.
Oder aber auch nur, von welch manischer Energie angetrieben Waldman versucht, die beste aller Mütter zu sein. Und dabei genau weiß, dass sie es immer nur so gut machen kann, wie es eben geht.

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