Replay

Roman
176 Seiten, Hardcover
€ 18.5
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ISBN 9783406630057
Erscheinungsdatum 20.01.2012
Genre Belletristik/Erzählende Literatur
Verlag C.H.Beck
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Kurzbeschreibung des Verlags


Als Ed Rosen in der Morgendämmerung erwacht und mit den Zehen wackelt, steht eines fest: der Huf, der am Fußende aus seinem Bett ragt, ist auf keinen Fall seiner. Aber da. Wie soll er sich das erklären? Rosen, ein Software-Experte, war Mitentwickler und erster Träger des UniCom, eines Kommunikationsmittels, das als Implantat weit mehr kann als ein Smartphone – es protokolliert die Sinneswahrnehmungen seines Besitzers und macht das, was wir Realität nennen, in "Replays" unendlich wiederhol- und veränderbar: vor allem eine erotische Verlockung. Und es macht den Träger total kontrollierbar. Rosens Chef Matana und seine Firma treten einen weltweiten Siegeszug mit diesem Gerät an und nur ein paar ewiggestrige Störenfriede mahnen. Bis sich unerwartet Widerstand gegen das digitale Arkadien regt, der vielleicht auch den Huf erklärt?


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FALTER-Rezension

Ein Süchtiger erlebt sich nicht als krank

Anja Hirsch in FALTER 11/2012 vom 16.03.2012 (S. 23)

Benjamin Steins raffinierter Roman "Replay" erzählt nur auf den ersten Blick eine Science-Fiction-Geschichte

Es gibt Bücher, aus denen findet man nicht mehr heraus. Seitenlang hatte man sich einem Erzähler anvertraut, der vorgab, unter Ängsten und Mängeln zu leiden wie man selbst, wie Menschen überhaupt. Plötzlich wandelt er sich zum dogmatischen Werbeträger eines diktatorischen Unternehmens, das mit unser aller Daten Geld und Macht gewinnt. Er sagt Sätze wie "Kommunikation ist das Erdöl unserer Tage". Privatsphäre? Schnee von gestern. Individuum? Begriff einer antiken Lehre.
Dass er auch noch die Apple-Rhetorik beherrscht und den ästhetischen Wert seiner Erfindung als Kunstwerk lobt, obwohl sie doch alle Menschen nicht nur beglückt, sondern auch knebelt, macht ihn unheimlich. "Replay", der neue Roman von Benjamin Stein, ist höchstens in seinen Details Science-Fiction. In Wirklichkeit buchstabiert er Fallen des Facebook- und Handyzeitalters durch – wie einst George Orwells "1984" oder Ray Bradburys "Fahrenheit 451" für ihre Zeit.

Es ist das Tagebuch eines Süchtigen, der sich nicht als krank erlebt. Ed Rosen heißt er. Zu Beginn gibt es durchaus Hinweise, ihn als unzuverlässigen Erzähler zu begreifen. Als er morgens erwacht, lugt ein Huf unter seiner Bettdecke hervor. Trotzdem erscheint es glaubwürdig, dass Ed, promovierter Harvardabsolvent, bei einem Unternehmen im legendären Silicon Valley anheuerte, wie er erzählt.
Vom Fleck weg hat man ihn engagiert zur Entwicklung eines Augenimplantats. Gesteuert durch eine Art generalüberwachtes Handy, das "UniCom", unterstützt es Blinde. Und auch auf einem Auge Blinde wie Ed Rosen selbst sollen dadurch wieder räumlich sehen können – weshalb er sich überreden lässt, der erste Implantatträger zu sein. Diese Rolle verlangt ihm einige Strapazen ab. Sein Körper muss gestählt, das Nervensystem gekühlt, der Träger rund um die Uhr kontrolliert werden. Wie praktisch, dass seine Trainerin zugleich seine Freundin ist, nicht nur bewandert in Pilates und Yoga, sondern Informatikerin mit gleichem Forschungsgebiet. Zufall?
Die Zeichen mehren sich, dass Ed Rosen schon früh zur Marionette der Firma wird. Das stört ihn wenig, solange er das Gefühl behält, die sich steigernde Abhängigkeit selbst mitentwickelt zu haben. Täter und Opfer zugleich, entzieht sich diese Erzählerfigur eingleisiger Vorverurteilung. Wie Stein hier Fragen der Verantwortung in ein raffiniertes Verweissystem aus Leitmotiven verstrickt, ist meisterhaft.

Inhaltlich füllt es sich allmählich mit dem Suchtstoff des Erzählers. Dass er nicht Wissen, sondern Erfahrungen wohligster Sinnlichkeit hinterherjagt, wundert kaum. Der Rabbi hatte dem damals Pubertierenden einen gehörigen Schrecken eingejagt, als er ihm die Vorhölle ausmalte. Irdische Sünden pflegten dort als körperliche Deformation in Erscheinung zu treten. Die Lehre hatte ein Abwenden von Gott zur Folge. Sinnfragen wurden zur Seite geschoben.
Je älter Rosen wird, desto verführbarer wird er. Einmal den Körper und die Lust entdeckt, entwickelt er sich zu einem wahren Erotomanen, und das UniCom erweist sich hier als Wundergerät. Es vermag die erotischen Erlebnisse zu konservieren, sodass man sie je nach Belieben auf Knopfdruck auch bei Abwesenheit der Partnerin abspielen kann. Diese Wiedergabe, das sogenannte "Driften", beschert täuschend echte Orgasmen, die auszuformulieren Stein keine Zeile lang scheut. Schnell wird deutlich, dass es sich um eine Droge handelt. Bezahlt wird sie mit den Daten, die jeder UniCom-Träger freiwillig zur Verfügung stellt.
Stein bebildert nicht nur ein durchaus vertraut wirkendes Paralleluniversum, in dem digitale Diktatur unmerklich Fuß fasst. Selbst tätig im Bereich Informationstechnologie, ergründet er, wie solche Macht als Folge freiwilliger Unterwerfung entsteht. Souverän gelingt ihm die erzählerische Wende vom zerbrechlichen "Ich" zum kollektiven "Wir", in dem sich die Identität Rosens zu verlieren droht. "Replay" zeigt, dass Transparenz und Totalitarismus Hand in Hand gehen können.

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