

Stefan Ender in FALTER 16/2014 vom 16.04.2014 (S. 28)
Die Kindheit war schwierig: Der um mehr als 60 Jahre ältere, glaubensstrenge Vater stirbt, als der Bub 14 ist. Die Mutter muss aufgrund ihrer Depressionen mehrmals in die Klinik; wenn sie zu Hause ist, vergöttert sie den Frühbegabten, der Zuflucht in den Büchern findet. So beschreibt Manfred Dierks das familiäre Umfeld von Adolf Muschg. In seinem genauen, einfühlsamen Werk schildert er in zwölf Stationen den Aufbruch des Freigeists von der Enge des Elternhauses in Zollikon am Zürichsee in die Weite der intellektuellen Welt. Immer wieder flicht Dierks Querverweise zum literarischen Schaffen ein, das "von einem streng und raffiniert komponierten Japan-Roman ("Im Sommer des Hasen", 1965) hin bis zu einem gelassenen Weben von erzählerischen Assoziationsteppichen ("Löwenstern", 2012)" reicht. Alice Millers von Dierks oft zitiertes "Drama des begabten Kindes" scheint in Muschgs Fall ein glückliches Ende gefunden zu haben.