Phantome des Terrors

Die Angst vor der Revolution und die Unterdrückung der Freiheit
618 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783406697661
Erscheinungsdatum 19.09.2016
Genre Sachbücher/Geschichte/Neuzeit bis 1918
Verlag C.H.Beck
Übersetzung Andreas Nohl
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Kurzbeschreibung des Verlags


Mit seinen Napoleon-Büchern "1812“" und "1815" ist Adam Zamoyski auch in Deutschland zum Bestsellerautor geworden. Nun erzählt der polnisch-britische Historiker, wie nach dem Ende Napoleons aus der Angst der Herrschenden vor Terror und Revolution eine paranoide Politik der Unterdrückung wird. Spannend wie immer schildert Zamoyski das Ringen zwischen den Kräften der Reaktion und der liberalen Bewegung. Und er lässt keinen Zweifel daran, auf wessen Seite er steht: Auf der Seite der Freiheit. Für die Herrschenden und Besitzenden waren die Jahre nach der Französischen Revolution und Napoleon ein Zeitalter höchster Besorgnis. Die gekrönten Häupter lebten in der permanenten Furcht vor erneuten Rebellionen und waren überzeugt davon, dass ihre Macht auf dem Spiel stand. So entstand eine Politik, die mit einem immer aufwendigeren System von Bespitzelung, Zensur und Repression gegen reale und imaginäre Feinde vorging. Doch das Resultat war anders, als es sich die Mächtigen erhofft hatten. Der Polizeistaat und eine verfehlte Politik brachten – damals wie heute - genau das hervor, was sie verhindern wollten.


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ISBN 9783406697661
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FALTER-Rezension

Das System Metternich oder die Herrschaft des Verdachts

Rudolf Walther in FALTER 15/2017 vom 14.04.2017 (S. 19)

Der Historiker Adam Zamoyski beschreibt die Zensur und Staatsspionage im Kampf gegen bürgerlichen Widersinn

Die Studie des englischen Historikers Adam Zamoyski unter dem deutschen Titel „Phantome des Terrors“ handelt von den Versuchen der europäischen Staaten, mit den Erbschaften aus der Französischen Revolution und des Usurpators Napoleon zurechtzukommen. In diesen Bemühungen spielt die Angst vor einer erneuten Revolution eine zentrale Rolle.
Der Titel der Originalausgabe bringt diese Angst mit „Phantom Terror“ sehr viel präziser auf den Punkt als die doppeldeutige Genitivkonstruktion „Phantome des Terrors“; man könnte das englische „Phantom Terror“ auch mit dem deutschen Kompositum „Phantom-Terror“ übersetzen, denn es war eingebildeter Terror, der die maßgeblichen Politiker der fünf Großmächte Großbritannien, Österreich, Russland, Frankreich und Newcomer Preußen seit dem Wiener Kongress von 1815 be­stimmte.
Die Großmächte wollten die Neuordnung Europas durch eine zwischenstaatliche Verpflichtung auf legitime dynastische Thronfolge und christliche Werte begründen, also auf „Thron und Altar“, synthetisiert zur Idee einer Herrschaft von Gottes Gnaden.
Das programmatisch antiaufklärerisch und obrigkeitsstaatlich ausgerichtete Ziel dieser Politik fasste Friedrich Gentz (1784–1832) – einer ihrer Propagandisten und prominentestes Sprachrohr des österreichischen Staatskanzlers Klemens Fürst von Metternich (1773–1859) – mit der rustikalen Devise „den Zeitgeist mit Kanonen besiegen“ zusammen.
Zamoyski zeigt, wie unter der Fuchtel Metternichs die Großmächte ihre Herrschaftsbereiche mit polizeistaatlichen Zensur-, Spitzel- und Überwachungssystemen sicherten, die hauptsächlich dafür sorgten, jene Panik, Angst und Hysterie zu erzeugen, mit der die Regierungen dann ihre brutalen Repressionsmaßnahmen gegen die Presse, Bürgerrechte und Universitäten im Namen von Ruhe und Ordnung rechtfertigten.

20.000 Zeitungsleser und Zensoren
In Russland etwa gab es ganze 20.000 Zeitungsleser, aber fast ebenso so viele Zensoren und Kontrolleure der Zensoren. In London wurde die Angst vor dem Umsturz von der Presse geschürt, die von der Regierung dafür jährlich die ungeheure Summe von 5000 Pfund kassierte.
Edmund Burke hetzte gegen die „Cloaca Maxima des Jakobinismus“, obwohl von den 500 Unruhen und Protesten zwischen 1790 und 1810 höchstens ein Zehntel politische Ziele verfolgte.
Unter Metternich entstand ein staatenübergreifendes System der Herrschaft des Verdachts – „des österreichischen Polizeidenkens“ (Zamoyski) –, mit dem politisch gefährliche Meinungen und Gesinnungen vorab kriminalisiert und dann geheimpolizeilich registriert und verfolgt wurden. Dass solche Gesinnungen oft nicht oder nur mit abenteuerlichen Schlüssen und Spekulationen beweisbar waren, galt in diesem Polizeidenken wie in den meisten späteren Institutionen zur Aufrechterhaltung von „Sicherheit“ bis hin zum „Ministerium für Staatssicherheit“ in der DDR nicht als struktureller Mangel, sondern als Beleg für die Wahrscheinlichkeit „staatsgefährdender Gesinnungen und Umtriebe“, die dann juristisch zum Beweis bzw. wirklichen Delikt umfrisiert wurden.
Das gelang mit dem Trick, dass geheimpolizeilich ermittelte „Erkenntnisse“ vorab und pauschal als kriminell galten. Die Bilanz für polizeistaatliche Ordnungsfantasien war in Frankreich wie überall ernüchternd: Die Spitzel füllten „Pariser Archive voller Berichte von nervtötender Sinnlosigkeit.“

Problematische Quellen
Metternichs Vision, dass in Paris seit 1789 ein „comité directeur“ bestanden habe, das oppositionelle Strömungen und Personen in ganz Europa mittels Geheimgesellschaften und Verschwörern steuere, war Allgemeingut.
Zamoyski stützt seine faktenreichen Darstellungen auf diplomatische und polizeiliche Akten, die den „Krieg gegen den Terror“ behandeln, den Katharina II. von Russland 1794 mit der militärischen Intervention in Polen einleitete und Metternich bis zum Einsatz von österreichischen Truppen im Kirchenstaat und im Königreich Neapel bis in die 30er-Jahre des 19. Jahrhunderts fortführte. Einzig Großbritannien wehrte sich gegen die Normalisierung militärischer Interventionen gegen Rebellionen.
Zudem beruft sich Zamoyski in seiner Studie auf Spitzelberichte und andere Geheimdienstakten. Diese Quellen dokumentieren hauptsächlich die Vergeblichkeit staatlichen Handelns, erlauben aber immerhin etwas Einsicht in die politischen Motive und die Mentalität des polizeistaatlichen Apparats zu gewinnen.
Darüber hinaus benützt der Autor leider viel zu oft und zu intensiv die für seriöse Forschung notorisch unbrauchbare Memoirenliteratur von Politikern, Spitzeln, Polizeiagenten und allerlei Wichtigtuern. Diese Quellengattung produziert allenfalls Einsichten in Salonklatsch, der zur historischen Aufklärung gar nichts beiträgt.
So berichtet Zamoyski, ein französischer Premier sei mit „einer buckligen Zwergin von untadeliger Abstammung und solcher Hässlichkeit“ verheiratet worden, „dass er in Ohnmacht fiel, als er sie zum ersten Mal sah. Er sah sie allerdings nie wieder“, weil er Frankreich sofort verließ und in russische Dienste getreten sei.
Dank solcher dubioser Quellen weiß Zamoyski auch, dass Metternich „mit fast jeder Dame, die in Paris etwas galt, intime Beziehungen“ pflegte und Friedrich Engels im Mai 1849 in Dresden auf den Barrikaden kämpfte, obwohl er sich damals nachweislich im Rheinland und in der Westschweiz aufhielt. Mit solchen Griffen in die Schlüsselloch-Historiografie schadet der Historiker seinem Ruf.

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