
Marianne Schreck in FALTER 31/2018 vom 01.08.2018 (S. 28)
Nero gehört zu den stark verzerrten Figuren des Altertums. Dass er Tyrann war und Künstler sein wollte, steht fest. Dass er wirklich Brandstifter Roms war, ist nicht verbürgt. Was der Philosoph und Politiker Seneca mit ihm zu tun hat? Er war sein Lehrer. James Romm rekonstruiert diese Verbindung bis zum grotesken Selbstmord Neros im Jahr 66 n. Chr.
Seine Erzählstimme ist lebendig und ansprechend. Zwar verliert er in komplexen Zusammenhängen diesen Sound, zieht aber an den richtigen Stellen erfrischend ironische Zwischenbilanzen. Mit der mächtigen Agrippina, Neros Mutter, hat er wie viele ein Problem. Ihr „gefährliches weibliches Wesen“, der Nimbus der Herrschsüchtigen, dient als Projektionsfläche patriarchaler Geschichtsschreibung. Romm bildet aber auch die weniger bekannten Frauenfiguren dieser Zeit ab: die britannische Königin Boudicca oder die ehemalige Sklavin Epicharis etwa.


