

Thomas Leitner in FALTER 49/2019 vom 04.12.2019 (S. 34)
Anders als in Frankreich ist die Rolle des „öffentlichen Intellektuellen“ im deutschsprachigen Raum spärlich besetzt. Einer der wenigen, der sie ausfüllt, ist Navid Kermani. Seine Es-
says, Reiseberichte und Romane fanden großen Widerhall. So wurde er in den letzten 20 Jahren zum vielbeschäftigten Redner: auf Bühnen von Hamburg bis Wien, im Deutschen Bundestag, in der Paulskirche und vor seinem geliebten FC Köln.
„Morgen ist da“ präsentiert seine vielfältige, aber immer kohärente Rhetorik. An die antike Tradition der strukturierten, verlesenen Rede anknüpfend, tritt er mit großen Themen – Spiritualität, gesellschaftliche Offenheit – an das Auditorium heran. Dabei geht Kermani stets von konkreten Anlässen aus. Das „hört“ sich auch nachgelesen gut an und offenbart des Autors stupende Fähigkeit, unterschiedliche Erwartungshaltungen zu erfüllen und gleichzeitig gegen den Strich zu bürsten.