Taube und Wildente

Roman | »Ein unerhörtes Stück Literatur über Liebe, Kunst und Verrat samt glorioser Pointe.« Tobias Haberl, Süddeutsche Zeitung
336 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783423280006
Erscheinungsdatum 19.10.2022
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag dtv Verlagsgesellschaft
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dtv Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
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Kurzbeschreibung des Verlags



»Mosebachs Sprache ist ein farbiges Fest.« Michael Maar


Wie jedes Jahr verbringt die Familie Dalandt den Sommer in der Provence. Die Hitze macht träge, in der Zypresse zirpen Zikaden, und jeden Morgen läuft die Hausherrin im Nachthemd durch den Garten zum Pförtnerhaus, wo der Verwalter sie erwartet. Ihr Mann ist durch eine eigene verhängnisvolle Beziehung abgelenkt. Da entzündet sich ein Ehestreit an »Taube und Wildente«, einem Stillleben aus dem 19. Jahrhundert. Was hat es mit dem zinnoberroten Punkt in seinem Zentrum auf sich, macht der es nicht zu einem modernen Meisterwerk? Aber die Frau will es verkaufen, die Spannung zwischen beiden wächst. Martin Mosebach, der menschliche Schwächen schildert wie kein zweiter, malt mit Wörtern. Ein flammender Roman über Kunst, Liebe und Verrat.


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ISBN 9783423280006
Erscheinungsdatum 19.10.2022
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FALTER-Rezension

Ekelattacken mit Einstecktüchlein

Jörg Magenau in FALTER 42/2022 vom 21.10.2022 (S. 22)

Es gibt keine einzige Figur in dieser kleinen Gesellschaft, die sympathisch wäre. Das ist man von Martin Mosebach so gewöhnt. Der hat sich auf den Verfall spezialisiert, auf moralisch Anrüchiges, auf bürgerliche Dekadenz – allerdings stets in einer kostbaren Sprache und in ausgewählter Kulisse, mit Sinn für erlesene Details und guten Geschmack. „Grausamkeit. Zuschauen, wie etwas Schönes zerfetzt wird“, lautet der erste, durchaus programmatische Satz, notiert von einer der Hauptfiguren, dem Verleger Ruprecht Dalandt, der in einem Landhaus in der Provence beobachtet, wie eine Katze mit einer Zikade spielt und diese genüsslich tötet.

Dalandt, Mitte 60, trägt das silberne Haar halblang. Er leitet den Verlag Papyros Press, der sich mit feinen Bildbänden und hermetischer Lyrik Renommee und kulturelles Kapital erarbeitet hat. Verkaufbarkeit ist nicht so wichtig, denn Dalandts Frau Marjorie ist Erbin eines beträchtlichen Familienvermögens, das ein paar Generationen zuvor mit der Ausbeutung von Bodenschätzen und Arbeitern im Kongo erworben worden ist. Seither gibt es nichts mehr zu tun, als den Reichtum zu verwalten. Dabei ist Marjorie jedoch an eine Stiftung gebunden, der auch das Haus in Südfrankreich gehört.

Außer dem sich in langjährig eingeübter Äquidistanz kaum noch verbundenen Ehepaar versammeln sich dort Marjories unnahbare Tochter Paula mit Enkelin Nike und deren unbedarftem Freund, dem Möchtergernpianisten Max; die Verlagsmitarbeiter Fritz Allmendinger und Sieglinde Stiegle, die sich schließlich aus nichts als karrieristischen Gründen im Dienst einer Großintrige verheiraten; ein englischer Maler, der Cezanne-Skizzen für Touristen kopiert und im Haus an den Wänden herummarmoriert; sowie das etwas muffige portugiesische Hausverwalterehepaar Dos Santos.

All diese von Neid, Missgunst und Lieblosigkeit gezeichneten Figuren sind damit beschäftigt, sich zu belauern und in fragwürdige amouröse Beziehungen zu verstricken, denen jede emotionale Tiefe abgeht. Im Zentrum der Aufmerksamkeit aber steht „Taube und Wildente“, ein Stillleben des eher unbedeutenden Malers Otto Scholderer, das zu der von Marjories Großvater angelegten Kunstsammlung gehört und in das sich Ruprecht – die Grautöne! – verliebt hat. Doch um die notwendige Dachreparatur bezahlen zu können, will Marjorie ausgerechnet dieses Bild – Spielball und Einsatz der Eheentfremdung – veräußern, sodass Ruprecht beschließt, es selbst zu kaufen – mit Geld, das als Förderung für ein Verlagsprojekt eingeworben worden war.

Die eigentliche Tragödie dieser Figuren ereignet sich aber nicht auf der Handlungsebene, sondern besteht darin, dass jedes Bemühen um Distinktion vergeblich ist. All die kulturvollen Anstrengungen, was unternommen wird, um sich einen kulturvollen Raum zu schaffen, ist längst spießig geworden: das Reisen und der Aufenthalt im Mittelmeerraum – Mosebachs bevorzugter literarischer Region – sowieso, aber auch das Verlegen hochgeistiger Marginalia und das Sammeln von Kunst, das eher einer Kapitalanlage gleicht, als dass es etwas mit Ästhetik und Geschmack zu tun hätte.

Das Bedauern über den Verlust von Schönheit prägt Mosebachs Stil. Er schreibt gewissermaßen mit Einstecktüchlein und manikürten Fingernägeln. „Beträchtlich“ ist eines der Worte, die er bevorzugt. Ob Wertzuwachs, Altersunterschied, Prestige oder Distanzen – alles ist so „beträchtlich“ wie diese Prosa selbst. Mosebachs stets auf Vornehmheit bedachten Sätze leuchten wie der Samtbeschlag an der Wand, den Ruprecht anbringen lässt, um „Taube und Wildente“ besser zur Geltung zu bringen.

Die Spannung dieser Prosa liegt in der Sprache selbst, weil nicht zu unterscheiden ist, ob Mosebach das wirklich so meint oder ob er damit seine Figuren kennzeichnet; ob der Ekel, den er damit hervorruft, beabsichtigt oder unfreiwillig ist. Stil und Inhalt entsprechen sich vollständig. Die Dekadenz ist diesem Stil ebenso eingeschrieben wie die emotionale Distanz, an der noch die größten Gemeinheiten und Katastrophenszenarien abperlen. Es geht den Protagonisten und mit ihnen Martin Mosebach um „Haltung“, und so ist es schon der Gipfel der Gefühlsausbrüche, wenn Marjorie am Ende, als sie dann doch noch einmal, allerdings ohne ihn zu berühren, neben Ruprecht liegt und meint, ein Lächeln bei ihm identifiziert zu haben. Man kann das für große Kunst oder für großen Kitsch halten. Reizlos ist es nicht – genau wie „Taube und Wildente“ von Otto Scholderer.

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