

Sebastian Fasthuber in FALTER 16/2020 vom 17.04.2020 (S. 34)
Die Eltern von Paul Celan starben 1942 in einem Lager für Zwangsarbeiter, die Mutter wurde von einem SS-Mann erschlagen. Martin Heidegger hat den Nationalsozialismus als Erneuerung des Abendlandes begrüßt und sich nach dem Krieg nie wirklich zu seinen Verstrickungen geäußert. Eine Begegnung des Dichters und des Philosophen erscheint unter diesen Vor-zeichen schwer vorstellbar. Und doch trafen sich die beiden in den ausgehenden 1960ern mehrfach.
Heidegger führte Celan auf seine Denkerhütte in Todtnauberg. Ein echtes Gespräch indes wurde nicht daraus. Der Philosoph blieb unverbindlich oder schwieg überhaupt, wo Celan sich eine Erklärung erhofft hätte. Hans-Peter Kunischs Rekonstruktion der Begegnungen ist akribisch recherchiert und spannend zu lesen. In Nebenrollen treten Hannah Arendt, Ingeborg Bachmann und Herbert Marcuse auf. Ein Crashkurs 20. Jahrhundert.