Das vergessene 20. Jahrhundert

Die Rückkehr des politischen Intellektuellen
480 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783446235090
Erscheinungsdatum 08.03.2010
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Hanser, Carl
Übersetzung Matthias Fienbork
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

Was bedeutet soziale Gerechtigkeit? Welchen Platz nimmt Europa neben den Supermächten ein? In Zeiten der Krise rücken diese Grundsatzfragen wieder in den Mittelpunkt. Tony Judt präsentiert in seinem neuen Buch die politischen Denker des 20. Jahrhunderts, die mit ihren Argumenten die großen Debatten dieser Ära beherrschten: Hannah Arendt, Eric Hobsbawm, Albert Camus und viele mehr. Gerade heute, in einer Zeit, in der Politik und Geschichte wieder dramatische Wendungen nehmen, sollten wir sie neu entdecken.

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FALTER-Rezension

Das Jahrhundert der marxistischen Großdenker

Erich Klein in FALTER 10/2010 vom 12.03.2010 (S. 38)

Geistesgeschichte: Tony Judt erinnert an das 20. Jahrhundert, den Kommunismus und "die Intellektuellen"

Wer heute jünger als 40 ist, hat den Kommunismus nicht mehr bewusst erlebt." Was wie eine Parodie auf den 68er-Spruch klingt, dass man keinem über 30 trauen solle, stellt in Tony Judts Aufsatzsammlung "Das vergessene 20. Jahrhundert" fast eine Art kategorischen Imperativ dar. Der Kommunismus ist nach 1989 und dem damals nicht ganz zu Unrecht proklamierten Ende der Geschichte für den britischen Historiker noch immer das zentrale intellektuelle Ereignis des 20. Jahrhunderts.
Doch wer soll daran erinnern? "Von allen Transformationen, die in den letzten drei Jahrzehnten zu beobachten waren, ist der Abgang der ,Intellektuellen' vielleicht die symptomatischste. Das 20. Jahrhundert war das Jahrhundert der Intellektuellen." Damit sind vor allem mehr oder weniger marxistische Großdenker wie Jean-Paul Sartre, Michel Foucault, Günter Grass oder Susan Sonntag gemeint – deren einflussreiche Gegenspieler von rechts, Celine, Jünger oder Eliade, werden in ihrer Bedeutung dabei nicht unterschätzt.

"Ich bin in einer marxistischen Familie aufgewachsen. Heutzutage kann man damit nicht mehr punkten, aber es hatte seine Vorteile." Der Spott, den Tony Judt über einen Louis Althusser oder – bei allem Respekt "vor dem größten historischen Naturtalent" – über Erik Hobsbawm ob dessen Kommunismus ausgießt, wirkt wie eine Pflichtübung. Interessanter ist Judts Umgang mit gebrochenen Figuren wie dem Paradeintellektuellen der 50er-Jahre, Arthur Koestler.
Der 1905 in Budapest geborene ­Koestler begeistert sich für den Zio­nisten Vladimir Jabotinsky, 1931 wird er Mitglied der KPD, kaum aus dem Spanischen Bürgerkrieg zurück, erklärt er mit dem Roman "Sonnenfinsternis" auf nachhaltige Weise die Moskauer Schauprozesse.
1950 ist Koestler das intellektuelle Zentrum des Antikommunismus. Es sind die Trümmerhaufen von Lebenswerken, denen Judt Bedeutung zuerkennt und Geltung verschafft: ­jenem von Primo Levi etwa, dem italienischen Chemiker, der als Jude 1944 von den Nazis nach Auschwitz deportiert wird und nach seiner Befreiung seinen ersten Roman "Ist das ein Mensch" (1947) verfasst, der jahrzehntelang keine Beachtung findet. 1986, ein Jahr vor seinem Freitod, notiert Levi: "Die wirkliche kollek­tive und allgemeine Schuld nahezu aller Deutschen damals bestand da­rin, dass sie nicht den Mut hatten zu sprechen."
Manès Sperber, der aus dem österreichischen Galizien der Vorkriegszeit nach Wien geht, konstruiert sich – anders als Joseph Roth – nicht den Traum von einer universellen k. u. k. Monarchie, er tritt der KPD bei und bald wieder aus. Sperber zeige, "dass säkulare Juden den religiösen Auftrag, für eine bessere Welt zu sorgen, in einer Art säkularen Erlösungsglauben übersetzen."

Hannah Arendts vielfach gescholtene Reflexionen zum Totalitarismus von Nationalsozialismus und Stalinismus leitet Tony Judt aus deren zentraler Einsicht ab, dass das Problem des Bösen die Grundlage des geistigen
Lebens im Nachkriegseuropa sein werde – eine Sichtweise, die vor allem bei den Intellektuellen Osteuropas breite Zustimmung fand.
Hannah Arendt beschwor mehrfach die Gefahr, im Totalitarismus den "Fluch des Jahrhunderts" zu sehen und darüber "die unzähligen kleinen und weniger kleinen Übel zu übersehen" – jeder der von Tony Judt porträtierten Intellektuellen war sich dessen bewusst. Wobei die Zusammenstellung der Ahnengalerie durchaus überraschen mag: Albert Camus findet sich neben Leszek Kołakowski, Edward Saïd neben Karol Wojtyła.
In einem zweiten und dritten Teil durchläuft Tony Judt in thematischen Essays die Zeit vom Zweiten Weltkrieg bis zur Gegenwart.
Der Bogen spannt sich von Frankreichs Niederlage bis zu Tony Blair als "Gartenzwerg" des britischen Kulturerbes; es geht um Belgiens "nationale Frage", um Rumänien vor und nach dem Fall des Eisernen Vorhanges; zwei Essays, die sich vor einigen Jahren zum internationalen Skandal auswuchsen, attestieren Israel, als Staat nicht erwachsen werden zu wollen.
Die Darstellung amerikanischer Außenpolitik reicht vom Kalten Krieg der Kubakrise bis zum Irakkrieg. Tony Judt hat mit seinem Buch ein imposantes Mosaik an Zeit- und Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts ­geschaffen, das man lebendiger und leidenschaftlicher kaum finden wird. Zumal auch heute noch einmal an folgenden ­Befund zu erinnern ist: "Schon die großen Reformer des 19. Jahrhunderts wussten, dass die soziale Frage nicht verschwindet, wenn sie nicht gelöst wird. Sie suchte sich einfach radikale Antworten."

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