Große Erwartungen

Roman
832 Seiten, Hardcover
€ 45.3
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ISBN 9783446237605
Erscheinungsdatum 26.09.2011
Genre Belletristik/Hauptwerk vor 1945
Verlag Hanser, Carl
Übersetzung Melanie Walz
Herausgegeben von Melanie Walz
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

Charles Dickens schönster und reifster Roman liegt nun in brillanter Neuübersetzung vor. Der Waisenjunge Pip erlernt das Handwerk des Schmieds, dann stiftet ihm ein unbekannter Wohltäter ein Vermögen, damit er sich in London zum Gentleman ausbilden kann. Es geht um Kindheit und Erwachsenwerden, um Arm und Reich, um Klug und Dumm, um Gut und Böse. Melanie Walz hat in ihrer Neuübersetzung den unverwechselbaren, leicht ironischen Ton Dickens' perfekt getroffen. Im Nachwort erklärt sie die Entstehungsgeschichte des Buches.

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FALTER-Rezension

"Welche Kurzweil!"

Klaus Nüchtern in FALTER 5/2012 vom 03.02.2012 (S. 26)

"Große Erwartungen" sind nur allzu berechtigt: Charles Dickens' Bildungs-, Gesellschafts- und Schauerroman liegt in einer großartigen Neuübersetzung vor

Das Dickens-Jahr 2012, in dem England den 200. Geburtstag seines populärsten Romanciers feiert, hat sich erwartungsgemäß nicht an den Kalender gehalten. Noch vor Silvester strahlte BBC 1 eine neue, dreiteilige TV-Verfilmung der "Großen Erwartungen" aus, über die sich ranke Twentysomethings mit gewissenhaft verstrubbelten Folkvollbärten in den Boutiquen von Chelsea noch eine Woche später unterhielten.
Nun hat nicht jedes Land so filmkompatible Dichter wie Dickens, aber die nationale Traditionspflege und das Interesse, das dieser entgegengebracht wird, ist schon beeindruckend. 1999 kam eine Fernsehfassung mit Charlotte Rampling als Miss Havisham heraus (nun verkörpert von Gillian Anderson), weitere Serien datieren von 1981, 1967 und 1959.
Daneben gibt es ein halbes Dutzend Verfilmungen, angefangen von David Leans Adaption von 1946 bis hin zu der Version, die uns heuer noch ins Kino steht und die – very British, indeed – mit Helena Bonham Carter, Ralph Fiennes sowie dem Komiker David Walliams ("Little Britain") in der Rolle des Paradetrottels Onkel Pumble­chook aufwartet.

Die hartnäckige Zuneigung der Kamera hat gute Gründe: "Große Erwartungen" ist ganz großes Kino. Und im Vergleich mit Jane Austen, deren Werk ja auch gerne verfilmt wird, legt es Dickens doch um einiges breiter an: In seinen Romanen muss die ganze Gesellschaft Platz finden, nicht nur ein kleiner Ausschnitt, weswegen die Location-Scouts auch nach Drehorten Ausschau halten müssen, die den Komfortstandard von Ballsälen und flachwelligem, schafbestandenem Hügelland unterschreiten. Ähnliches gilt in Hinblick auf Genre und Stil: vom Horror der Gothic Novel bis zum schneidenden Sarkasmus der Sozialsatire – alles da, alles drin.
Ja, selbst in humoralpathologischer Hinsicht ist der Roman mit unterschiedlich temperierten Gemütern einigermaßen systematisch besetzt: Mrs. Joe als Cholerikerin, ihr sanftmütiger Gatte, Joe Gargely, als Sanguiniker, Miss Havisham als Melancholikerin. Lediglich das Phlegma ist nicht ganz lupenrein vertreten, weil sich die schöne Estella in ihrer Verachtung des männlichen Geschlechts bei aller Kaltherzigkeit doch eine Spur zu hitzig zeigt.
Miss Havisham hat sich als Tote zu Lebzeiten ein schauerliches Schattenreich eingerichtet, auf dem fahl die kalte Asche ihrer einst glühenden Leidenschaft lagert, und es ist von höherer dramaturgischer Triftigkeit, wenn sie, die im Herzen ihrer Ziehtochter Estella einen Eispalast errichtet hat, als vertrocknete Jungfrau buchstäblich in Flammen aufgeht.
Als Widerpart in diesem verhatschten Bildungsroman, in dem die großen Erwartungen, die alle hegen und die Erziehungsprojekte, die alle betreiben, entweder grandios scheitern oder sich als Katastrophe erfüllen, steht ihr Magwitch gegenüber. Der entlaufene Sträfling, der dem jungen Pip, seines Zeichens Protagonist und Ich-Erzähler, Schauder über den Rücken jagt und Schuldgefühle in die Brust pflanzt, wird beständig mit dem nassen Element assoziiert: Er taucht in den Marschen auf wie aus dem Nichts, verschwindet ein paare Ozeane weiter in Australien und soll nach seiner Rückkehr mit dem Schiff außer Landes gebracht werden.
Als Fels in der Brandung der ungesunden, erkalteten, bezwungenen und verdrängten Leidenschaften erweist sich Joe: Eine Seele von einem Menschen, warmherzig und loyal, ist er dem jugendlichen Helden Schwager, Vater, Freund und großer Bruder zugleich; und wird dennoch von diesem verraten, denn Pip geniert sich für die niedere Abkunft Joes, die ihm doch auch selbst anhaftet. Aber so ist das nun einmal, wenn man als Vollwaise in einem gottverlassenen feuchten Kaff in der Themsemündung aufwächst und in die große Stadt zieht, um ein Gentleman zu werden.

Es ist ein schöner Zug von Dickens, diesem scharfsichtigen, sarkastischen und ungemütlichen Autor, dass er seinen bescheidensten und aus bescheidensten Verhältnissen stammenden Charakter mit dem größten Sprachaufwand gestaltet und ausgestattet hat. Komisch und rührend zugleich redet sich Joe einen Knopf in die Zunge und labert seinem Gegenüber eine Kante ans
Bein, wenn er – ebenso erfolglos wie originell – versucht, die Sprache der besseren Leute zu sprechen. Das liest sich in der grandiosen Neuübersetzung von Melanie Walz dann wie folgt: ",Wesgleichen oder auch anders gesagt, Pip', bemerkte Joe nun in einem Ton, der sowohl größte Entschiedenheit als auch tiefste Vertraulichkeit und höchste Höflichkeit ausdrückte, ,da ich so frei war und deine Schwester geheiratet habe und damals das war, was man einen Ledigen nennt, wenn man es so nennen will.'"
Mit dem, was wir als realistischen Roman des 19. Jahrhunderts zu kennen glauben, haben die zunächst in wöchentlichen Folgen in Harper's Weekly und All the Year Round und im Juli 1861 als Buchausgabe erschienenen "Großen Erwartungen" erstaunlich wenig zu tun.
Die Verknüpfung der einzelnen Handlungsfäden und Motivketten ist herzlich unwahrscheinlich, das Personal hochgradig heterogen: Jemand wie Joe besteht aus Sprache, Fleisch und Blut, andere sind bloß scherenschnittartige Typen. Dort aber, wo Typen auf einmal überraschend Tiefe gewinnen, ist Dickens ganz besonders großartig.

Nehmen wir zum Beispiel Mr. Wemmick. Mr. Wemmick hat einen Mund wie ein Briefkastenschlitz und redet, als hätte ihm Franz Kafka dort die Sätze hineingeschoben: "Ich bin nur ein Untergebener, ich kann nichts für Sie ausrichten. Versuchen Sie nicht, einen Untergebenen so zu behandeln. Wenn Sie Ihren Beitrag nicht aufbringen können, mein Lieber, dann wenden Sie sich besser an einen Vorgesetzten; in dieser Branche gibt es mehr als genug Vorgesetzte (…)".
So klingt Mr. Wemmick, wenn er quasi "von Amts wegen" spricht. Wer ihn wirklich "privat" sprechen möchte, muss ihn in Walworth besuchen, wo Mr. Wemmick ganz nach dem Motto "my home is my castle" mit seinem alten Vater lebt, den er stets nur als "den Betagten" apostrophiert.
Ansonsten ist Mr. Wemmick einer der liebenswürdigsten Schrulls der Weltliteratur in einem der wunderbarsten Romane ebendieser. Wer "Große Erwartungen" nicht mag, ist für die Literatur verloren. Wer Mr. Wemmick nicht mag, ist ein schlechter Mensch.
Alle anderen werden bei der Lektüre mit Joe ausrufen: "Welche Kurzweil!"

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