Vielen Dank für das Leben

Roman
400 Seiten, Hardcover
€ 22.6
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783446239708
Erscheinungsdatum 30.07.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser, Carl
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Toto ist ein Wunder. Ein Waisenkind ohne klares Geschlecht. Zu dick, zu groß, im Suff gezeugt. Der Vater schon vor der Geburt abgehauen, die Mutter bald danach. Und doch bleibt Toto wie unberührt. Im kalten Sommer 1966 geboren, wandelt er durch die DDR, als ob es alles noch gäbe: Güte, Unschuld, Liebe. Warum, fragt er sich, machen die Menschen dieses Leben noch schrecklicher, als es schon ist? Toto geht in den Westen, wo der Kapitalismus zerstört, was der Sozialismus verrotten ließ. Nur zwei Dinge machen ihm Hoffnung - das Wiedersehen mit Kasimir und sein einziges Talent: das Singen. Es führt Toto bis nach Paris. Ein wütender, schriller Roman einer großen Autorin über das Einzige im Leben, was zählt.

Mehr Informationen
ISBN 9783446239708
Erscheinungsdatum 30.07.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser, Carl
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Fucking Apfelbäumchen

Stefan Ender in FALTER 41/2012 vom 12.10.2012 (S. 14)

In ihrem neuen Roman beschreibt Sibylle Berg den Fall eines Menschen von ganz unten ins Bodenlose

Bosheit ist eine grundsätzlich gute, notwendige Sache. So sehr etwa die Wende zur verpflichtenden Gutherzigkeit, die der christliche Weg mit dem Neuen Testament vollzogen hat, gesamtgesellschaftlich zu begrüßen war, so scheint die Aufforderung zu einer permanent nicht­aggressiven Gemütslage den einzelnen Menschen zu überfordern und in die Sackgasse der ausschließlichen Positivemotion zu führen.
In diesem Dilemma befindet sich Sibylle Berg definitiv nicht. Als verlässliche Hasskraft der deutschen Literatur findet die in Zürich lebende Autorin erstaunlich viel, eigentlich sogar fast alles eklig, bedrückend und falsch – und gießt ihre Enttäuschung über das missglückte Experiment Menschheit seit Jahrzehnten mit großer Regelmäßigkeit und Begeisterung in die Formen von Theaterstücken und Romanen.

"Vielen Dank für das Leben" als Titel ist ironisch gemeint, klar. Die in der DDR geborene Autorin schildert in ihrem Roman den Fall eines in der DDR geborenen Kindes von ganz unten ins Bodenlose. Was Gott (im Alten Testament natürlich) Hiob angetan hat, ist ein Pappenstiel zu dem, was Berg Toto, ihrem als Zwitter geborenen Protagonisten, im Lauf der knapp 400 Seiten dieses Werks zumutet.
Details? Als Kind einer alleinerziehenden Alkoholikerin landet Toto noch auf den ersten Seiten des Romans im Heim. Einem kurzen Moment der Erfahrung freundschaftlichen Glücks steht der Dauerzustand von Schikane, Drangsal und Misshandlung gegenüber. Toto wird von der Heimleiterin an eine "Pflegefamilie" auf dem Land verkauft, das Paar, so die Erzählerin, "ein Paradebeispiel für misslungenes Hassmanagement". Toto wird geschlagen, als Arbeitskraft ausgebeutet, haust im Stall.
Einigermaßen volljährig büxt die Hauptfigur mit einer linken West-Anarchistengruppe in die BRD aus. Dort wird alles noch viel schlimmer. Toto, mit einem "kristallklaren Sopran" gesegnet, darf zwar kurz in einer Bar singen, wird aber dort eigentlich auch nur als billige Schankkraft und Putze ausgenutzt. Eine Irrfahrt durch unselige Arbeitsverhältnisse, billige Kleinstwohnungen und Obdachlosenheime folgt. Über all das Unglück beklagt sich Toto aufgrund seiner/ihrer jesusgleichen Dulder(innen)mentalität jedoch nie.
Als Totos Gegenspieler etabliert Berg ausgerechnet jene Figur, welcher die chronisch Benachteiligte im Heim ihr erstes Glücksmoment zu verdanken hat: Kasimir. Die Autorin zeichnet ihn als einen Wiedergänger von Bret Easton Ellis' Patrick Bateman aus "American Psycho": ein gefühlsgestörter Karrierist, dessen emotionale Blessur ausgerechnet in seiner intensiven Hassliebe zur fetten, unansehnlichen Toto besteht und der jedes zart aufkeimende Pflänzchen des Glücks in Totos Leben mit berechnender Hand vertrocknen lässt.

Die vorhersehbare Tour der Leiden wäre furchtbar öde, wenn Berg nicht so gut schreiben könnte, wenn sich diese Mischung aus comichafter Überzeichnung, schrulliger Ruppigkeit, aus Bauhaus und Poesie nicht so toll läse. Berg lässt sich über Flugreisen aus ("eine kleine Kiste, die im All herumwackelt und Fleisch transportiert"), über nackte Menschen "mit all dem Gehänge und Gelampe an ihren Körpern", sogar unschuldige Apfelbäumchen belegt sie mit dem adjektivisch verwendeten Terminus "fucking" und Flüsse fließen "grau und bösartig".
Weiters fallen amüsante Momentaufnahmen, besser: Zerrbildchen der 1980er-, 1990er- und der Nullerjahre in Ost und West an. Als Bonus-Track spendiert Berg sogar noch einen Blick in die Zukunft. Den bösen Blick auf die Menschheit, das hat die Autorin mit dem gespannten Gesichtsausdruck und der buddhistischen Gelassenheit vor kurzem in einem Standard-Interview verraten, kann sie privat abstellen. Für ihre Bücher wünscht man sich das nicht: Da tut die böse Berg meist einfach zu gut.

weiterlesen