Kanada

464 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783446240261
Erscheinungsdatum 27.08.2012
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Übersetzung Frank Heibert
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Illegaler Handel, ein Banküberfall, drei Morde - um nicht weniger geht es in Richard Fords sprach- und bildgewaltigem Roman. Dells Eltern sind nach einem gescheiterten Banküberfall in Montana festgenommen worden; er selbst ist zu seinem Schutz nach Kanada gebracht worden. Nun trifft er dort in einem einsamen Städtchen auf eine merkwürdige Schar. Bei Arthur Remlinger kann er unterschlüpfen - doch der Besitzer eines heruntergekommenen Jagdhotels erweist sich als ein Mann mit dunkler Vergangenheit. Inmitten der überwältigenden Landschaft von Saskatchewan entfaltet sich die Geschichte einer schmerzvollen Passage in die Welt der Erwachsenen, wo es keine Unschuldigen geben kann.

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FALTER-Rezension

Sebastian Fasthuber in FALTER 34/2012 vom 24.08.2012 (S. 26)

Wer zusehen muss, wie die eigenen Eltern in Handschellen abgeführt, Bankräuber geschimpft und ins Gefängnis gebracht werden, und schließlich allein zurückbleibt, könnte darüber durchaus den Verstand verlieren. Er könnte panisch durchs ganze Haus rennen und heulen und sich der Verzweiflung anheimgeben, weil von nun an nichts mehr in Ordnung ist. Das mag für manch einen zutreffen. Aber niemand weiß, wie er in so einer Situation reagiert. Ich kann nur sagen, das meiste davon fand nicht statt (…)."

Man schreibt das Jahr 1960. In der Kleinstadt Great Falls, Montana verbringt der einsame Teenager Dell Parsons den Sommer mit Schachspielen und seiner Zwillingsschwester Berner, mit der er rumhängt. In ein paar Wochen soll er auf die Highschool wechseln, und als wissbegieriger Bub freut er sich auch darauf. Doch daraus wird nichts werden, weil seine Eltern sich zu einer Wahnsinnstat hinreißen lassen, worauf die Familie von einem Tag auf den anderen zerfällt.

Warum es Dell Parsons trotz widrigster Startvoraussetzungen gelingt, ein normales Leben zu führen, und was das überhaupt sein soll - ein normales Leben -, davon handelt Richard Fords meisterhaft erzählter und komponierter Roman "Kanada".

50 Jahre später blickt Dell zurück. Er lebt in Kanada, ist Lehrer geworden und fragt sich, wie seine Eltern so aus der Spur geraten konnten. Die Parsons gehörten der unteren Mittelschicht an, ihr Leben war bestimmt vom häufigen Wechsel des Wohnsitzes und fruchtlosem steten Neubeginn: "Sie liefen vor ihrer Vergangenheit weg und blickten nur zurück, wenn es gar nicht anders ging; ihr ganzes Leben hing immer irgendwo in der Luft." Der Vater wird wegen Beteiligung an illegalem Handel mit Rinderhälften unehrenhaft aus der Air Force entlassen und versucht sich später als Autohändler und Immobilienmakler - erfolglos.

Gemeinsam mit seiner zerbrechlichen Frau begeht er schließlich aus Verzweiflung - er schuldet ein paar Indianern, mit denen er krumme Dinger gedreht hat, 2000 Dollar - einen Bankraub. Am Donnerstag, erinnert sich Dell ein halbes Jahrhundert später, fuhren die beiden los, "als Negativposten lediglich überschaubare Schulden bei einer kleinen, wenig effektiven Gruppe von Indianern - ein Problem, das sie auch anders hätten ausbügeln können". Sie werden geschnappt und eingesperrt. In der Haft schreibt die Mutter die "Chronik eines Verbrechens, begangen von einem schwachen Menschen", und bringt sich danach um.

Die Zwillinge reagieren unterschiedlich. Berner läuft davon und wird in der Folge zu einem frühen Hippiemädchen. Dell lässt sich von einer Freundin der Mutter über die Grenze nach Kanada bringen, wo er bei deren Bruder aufwachsen soll. Damit endet der erste Teil des Romans. Im zweiten hat es der Bursche freilich auch nicht leichter. Sein Gastgeber ist ein merkwürdig nervöser Zeitgenosse. Vor Jahrzehnten ist der Mann selbst aus den USA nach Kanada geflohen, weil er ein Verbrechen begangen hat.

Dells Unschuld und die Schlamassel, in die er ohne sein Zutun binnen weniger Monate hineingerät, sind herzzerreißend. Er verdingt sich als Handlanger in einem heruntergekommenen Hotel, wobei er vor allem einem derben Naturburschen namens Charley beim Vorbereiten zur Entenjagd hilft, die das Hotel US-Touristen anbietet. Dabei träumt Dell nach wie vor davon, eine Schule zu besuchen und zu lernen. Als er eines Tages mit einem wackligen Fahrrad die nächstgelegene pädagogische Anstalt ansteuert, entpuppt sich diese als von verbissenen Nonnen geführte Mädchenschule. Der gute Dell wird verjagt und als Perversling beschimpft, während ihm die Mädchen Derbheiten ins Ohr flüstern.

Dass Dell nicht auf die schiefe Bahn gerät, stellt weniger ein Wunder als eine Leistung dar. Es liegt daran, dass er sich nie ganz hängen lässt, permanent über seine Lage nachdenkt und versucht, trotz allem an das Gute zu glauben:

"Über die Jahre habe ich mir angewöhnt anzuerkennen, dass jede Situation, die mit Menschen zu tun hat, auf den Kopf gestellt werden kann. Alles, was mir irgendjemand als wahr versichert, könnte es nicht sein. (…) Die meisten Dinge bleiben nicht sehr lange, wie sie waren. Dieses Wissen hat mich allerdings nicht zynisch gemacht. Zynismus hieße, das Gute ist nicht mehr möglich; und ich weiß mit Sicherheit, dass es das ist."

Richard Ford, der mit der Frank-Bascombe-Trilogie ("Der Sportreporter", "Unabhängigkeitstag", "Die Lage des Landes") berühmt wurde, erweist sich in "Kanada" einmal mehr als großer Erzähler. Bei ihm ist es beinahe egal, worüber er schreibt. Es sind die in der heutigen Literatur beinahe beispiellose Genauigkeit seiner Beobachtungen und sein Umgang mit Sprache, die selbst jene seiner Bücher zu einem Fest machen, die man getrost als handlungsarm bezeichnen kann - wie zuletzt "Die Lage des Landes". Und diesmal hat der Mann sogar noch eine ordentliche Story zu bieten.

Was einem bei der Lektüre von "Kanada", das beileibe kein Pageturner ist und seinen Reiz nur langsam entfaltet, schier den Atem raubt, ist die Art und Weise, wie sich der Erzähler immer näher an Dells Empfinden und damit an die Grundfesten der menschlichen Existenz heranpirscht.

Als Richard Ford vor fünf Jahren zu Gast bei den Salzburger Festspielen war, hielt er ein - mit Augenzwinkern serviertes - Plädoyer für den genauen Blick: "Wenn man im Sommer mit einem Hubschrauber irgendwo über Amerika fliegt und unten einen Mann sieht, der auf seinem Grundstück steht, meint man, einen typischen Amerikaner zu sehen. Zoomt man näher und nimmt dem Typen seinen Hut ab, ist er garantiert ein Pakistani."

Auch in seinem jüngsten Roman hat der Autor wieder einmal "gezoomt". Seinem Helden Dell Parsons hat diese Fähigkeit, genau hinzuschauen, gegebenenfalls einen veränderten Blickwinkel einzunehmen und seinem Schicksal dadurch andere Perspektiven abzugewinnen, das Leben gerettet. Am Ende scheint auch noch ein guter Lehrer aus ihm geworden zu sein: "Ich glaube daran, dass das Sichtbare den größten Teil des Existenten bildet, so habe ich es meinen Schülern immer beigebracht. Und dass uns das Leben leer geschenkt wird. Bedeutung kann belastend sein, aber mehr auch nicht. Verborgenen Sinn gibt es so gut wie nicht." Sätze aus der Königsklasse.

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