
Halali! Oder: Heute ist schon alles egal
Sebastian Fasthuber in FALTER 35/2013 vom 28.08.2013 (S. 36)
Helene Hegemann hat, drei Jahre nach der künstlichen Aufregung um "Axolotl Roadkill" – künstlich, denn immer schon haben sich Autoren bei anderen Autoren bedient, und angeblich hat auch vor Hegemann schon die eine oder andere sehr junge Frau einen Roman geschrieben –, ein neues Buch verfasst: "Jage zwei Tiger". Der Titel geht auf die slowenische Konzeptband Laibach zurück, die in einem CD-Booklet schrieb: "Wenn du schon scheitern musst, scheitere glanzvoll. Jage zwei Tiger."
Genau: Die Zitate sind diesmal brav ausgewiesen, der Quellennachweis listet u.a. den US-"Philosophen" Axl W. Rose auf. Wie dieser Roman überhaupt bemüht wirkt, was bei einem Buch nach einem Einstandserfolg samt Riesenskandal kein Wunder ist. Man spürt die Anstrengung, die in jedem Absatz steckt. Anstrengend ist auch die Lektüre, denn Hegemanns Sprache ist eine mittlere Katastrophe.
Kunstsinnig und schon "irgendwie" (ein Lieblingswort) literarisch soll sie wirken, und kommt doch nur verkappt cool rüber: "Der Typ, mit dem Cecile gestern Sex gehabt hatte, und ihre Mutter führten unangenehmen, mit verkappter Flirtiness aufgeladenen Smalltalk." Dafür hätte man Benjamin von Stuckrad-Barre damals gegrillt. Heute ist schon alles egal, und oft ist kaum zu verstehen, was die Autorin mitteilen will. Da sagt jemand: "Das sind keine wirklichen Schmerzen mehr, aber es fühlt sich auch nicht so richtig normal an, irgendwie, keine Ahnung, tiefer als sonst, eklig, kannst du dir das vorstellen?" Nun, irgendwie eigentlich nicht.
Und die Story? Keine Ahnung, irgendwas mit einem Jungen namens Kai, der seine Mutter bei einem Verkehrsunfall verloren hat und später bei seinem Vater dessen 17-jährige Geliebte Cecile – reich, Kokainproblem, alles erlebt, alles gesehen, zumindest im Internet – trifft.
"Jage zwei Tiger" ist der Roman, der herauskommt, wenn man nach Christian Krachts "Faserland", "Glamorama" von Bret Easton Ellis und einem Hauch von Houellebecq strebt und alles falsch macht. "Scheiße, mir ist langweilig", sagt einer, nachdem er sich mit Kai einen Hip-Hop-Clip mit "so slutty Crackhuren" angeschaut hat. Der antwortet: "Scheiße, mir auch."



