Diese Fremdheit in mir

Roman
592 Seiten, Hardcover
€ 26.8
-
+
Lieferung in 3-10 Tagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783446250581
Erscheinungsdatum 01.02.2016
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser, Carl
Übersetzung Gerhard Meier
LieferzeitLieferung in 3-10 Tagen
HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Kann man die falsche Frau heiraten und trotzdem die große Liebe finden? Mevlut ist Straßenverkäufer in Istanbul, als er sich Ende der 60er Jahre auf der Hochzeit seines Cousins in die jüngere Schwester der Braut verliebt. Drei Jahre lang schreibt er ihr Liebesbriefe nach Anatolien. Doch dann schickt man ihm die ältere Schwester. Pflichtbewusst heiratet Mevlut Rayiha, und ausgerechnet ein Jugendfreund nimmt seine Angebetete zur Frau. Die beiden Familien leben drei Jahrzehnte in enger Verbundenheit, doch dann nimmt ihr Schicksal eine dramatische Wende. Istanbul aus der Sicht kleiner Leute: Ein großartiger Schelmenroman und ein Familienepos – vor allem aber erzählt der Nobelpreisträger Pamuk eine erstaunliche Liebesgeschichte.

Mehr Informationen
ISBN 9783446250581
Erscheinungsdatum 01.02.2016
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser, Carl
Übersetzung Gerhard Meier
LieferzeitLieferung in 3-10 Tagen
HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Beim Barte des Hirsebierverkäufers

Dominika Meindl in FALTER 11/2016 vom 18.03.2016 (S. 26)

In „Diese Fremdheit in mir“ folgt Orhan Pamuk einem Händler durch die Straßen und die jüngere Geschichte von Istanbul

Istanbul sei sein Schicksal und die Hauptfigur seiner Romane, hat der Schriftsteller Orhan Pamuk erklärt. Das trifft auch auf „Diese Fremdheit in mir“ zu, ein Epos über die kleinen Leute in der großen Stadt und ein Roman mit guter Haltung, der indes zuweilen so brav ist wie sein Protagonist Mevlut Karataş.
Vordergründig geht es um „die Geschichte vom Leben und den Träumen des Joghurt- und Boza-Verkäufers“, wie der auktoriale Erzähler gleich klarstellt. Mevlut folgt mit zwölf seinem Vater von Anatolien nach Istanbul, in ein Gecekondu, eines der schnell hingemauerten Häuser, die einen Hügel nach dem anderen überziehen. Bald schmeißt er die Schule zugunsten von Arbeit, Selbstbefriedigung und Brautwerbung. „Er dachte an die damals noch viel ruhigeren Straßen Istanbuls, an das stille Glück beim Masturbieren, an die tiefen Gefühle seines so einsamen Herzens.“

Während seines Wehrdienstes schreibt Mevlut glühende Liebesbriefe an eine 14-Jährige, die er kurz auf einer Hochzeit gesehen hat. Da er arm ist, entführt er sie mithilfe eines Cousins, muss allerdings, als er Rayiha zum ersten Mal sieht, einsehen, dass man ihm die falsche Schwester zugeführt hat. Pflichtbewusst heiratet er sie trotzdem.
Nach Jahrzehnten regen Familienlebens überkommt Mevlut der Gedanke, dass er sich bei seinen Märschen durch die Stadt eigentlich durch die eigenen Hirnwindungen bewege. Worauf Pamuk mit dieser Metapher hinaus will: Angesichts der destruktiven Expansion Istanbuls kann daraus nur Entfremdung folgen. Die Stadt platzt aus allen Nähten, seit den 1950er-Jahren ist sie von einer Million auf 15 Millionen ­Einwohner angewachsen. Und sie alle träumen vom Aufstieg: „Wer reich ist, ist bloß früher nach Istanbul gekommen als wir, sonst nichts.“

Die Figur des Straßenverkäufers ist erzähltechnisch gut gewählt: Mevlut kommt überall hin und verkörpert zugleich den Wandel, denn das leicht alkoholische Hirsebier Boza, das er verkauft, wird einerseits vom effektiveren Raki, andererseits von religiöser Abstinenz abgelöst. Darüber hinaus steht Mevlut auch für die Globalisierung: Er und seinesgleichen verdienen weltweit nur das Allernötigste, sind billige Arbeitskräfte, die zum Boom der Schwellenländer beitragen und doch in ein archaisches Joch gespannt bleiben.
Es war ein Straßenverkäufer, der sich am Platz des Himmlischen Friedens vor die Panzer gestellt, ein anderer, der in Tunesien mit seiner Selbstverbrennung den Arabischen Frühling ausgelöst hat. Mevlut aber ist kreuzbrav, an der Grenze zur Einfalt. Die Veränderungen machen ihn nicht rebellisch, sondern melancholisch. „Wenn irgendwo die verdammte Politik reinspielt, stehe ich am Ende immer als der Dumme da.“
Pamuk selbst möchte nicht als politischer Autor gelten, wird aber angesichts der Radikalisierung der türkischen Regierung mehr denn je als solcher wahrgenommen. „Diese Fremdheit in mir“ spielt vor dem Hintergrund jener Zeit, in der die neo-osmanische, frömmelnde AKP an die Macht kam und die Wirtschaft die Demokratie überholte. Aus Motiven wie den aggressiven grauen Straßenkötern, die am Taksim-Platz jeden Fremden anknurren, darf die Leserin entsprechende Schlüsse ziehen.
Die Geschichte, die der Roman erzählt, beginnt mit der Entführung Rayihas, springt ins Jahr 1994, in dem Erdoğan Bürgermeister von Istanbul und Mevlut nach 25 Jahren auf der Straße zum ersten Mal überfallen wird. Erst danach verläuft sie linear, von der Kindheit im bettelarmen Dorf bis zum Ruhestand im Eigenheim.
Erzählt wird alles in epischer Breite, mit den wichtigen Ingredienzen: Liebe, Tod und Ökonomie, ergänzt um eine Chronologie, die neben Ereignissen von globaler Bedeutung auch profane Details auflistet: „Sommer 1978 Mevlut lässt sich einen Schnurrbart wachsen.“
Bei aller Ironie liegt hier aber auch ein Problem: Die Geschichte der Stadt trüge ein Epos locker, doch die Handlung kann nicht mithalten. Sie gerät Pamuk etwas gar dünn, um nicht zu sagen: fad. Nicht nur Istanbul ist sein Schicksal, sondern auch die erhöhten Erwartungen an den Literaturnobelpristräger von 2006.

weiterlesen