Was ein Mann ist

Roman
512 Seiten, Hardcover
€ 24.7
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ISBN 9783446258242
Erscheinungsdatum 19.02.2018
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser, Carl
Übersetzung Henning Ahrens
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HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

„Ich bin nicht mehr jung – aber wann ist das passiert?“, stellt James nach einem missglückten Flirt fest. Ob es der Teenager auf einer Interrail-Reise ist oder der in den Süden ausgewanderte Rentner: James und acht weitere Männer im Alter von siebzehn bis siebzig, unterwegs irgendwo in Europa, müssen sich beweisen, mit Frauen oder woran sie sich sonst klammern. Sie würden gerne stark sein. Meist aber sind sie feige, unbeholfen, eitel, wenn nicht gar widerwärtig. Und doch auch bemitleidenswert und zerbrechlich in ihrer verspäteten Reumütigkeit. Mit einzigartiger Raffinesse und Ironie dringt Szalay, der neue Star der britischen Literatur, mit seinem Roman in die wenig erkundete Psyche des modernen Mannes.

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ISBN 9783446258242
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FALTER-Rezension

Im Inneren des Mannes

Maik Novotny in FALTER 11/2018 vom 16.03.2018 (S. 8)

Nickolas Butler und David Szalay machen sich in den USA respektive in Europa auf die Suche nach dem Wesen des XY-Wesens

Männer, das steht jetzt endgültig fest, sind Schweine. Filmproduzenten erweisen sich als Vergewaltiger, vergötterte Schauspieler als dauergeile Creeps, Männlichkeit wird als toxic masculinity entlarvt. Mitleid mag man auch nicht mit ihnen haben, wenn man sich die Weinerlichkeit der Männerrechtler und das Rudel neurotischer Würstchen mit gefärbten Haaren und gestraffter Gesichtshaut ansieht, das weltweit immer noch am Ruder sitzt.
Wie geht es dem literarischen Mann in Zeiten von #MeToo? Schafft er es mit testosteronschwangerem Kraftlackeltum, die Krise auszusitzen? Oder verliert er sich in heulsusenhafter Selbstbespiegelung? Muss nicht sein. Zwei Romane, die sich auf eine analytische Rundreise ins Innere des Mannes von heute begeben, zeigen, wie’s auch anders geht.
Der in Kanada geborene Brite David Szalay legt die Messlatte schon im Titel seines Romans „Was ein Mann ist“ ziemlich hoch. Eine Irreführung, über die man ebenso gnädig hinwegsehen kann wie über die Tatsache, dass es sich hier weniger um einen Roman als um neun Kurzgeschichten über Männer handelt, die nichts miteinander zu tun haben. Sie folgen in doppelter Chronologie aufeinander: Jede spielt in einem Monat desselben Jahres, von April bis Dezember, während die Protagonisten von adoleszenten 17 bis arthritischen 70 in ihren Lebenswinter hineinaltern.
Fast alle stehen unentschlossen an der Schwelle zu einem neuen Lebensabschnitt oder einer wichtigen Entscheidung. Alle sind auf Reisen. Zwei junge Briten schweigen sich im Interrail-Zug zwischen Berlin und Prag an, ein Franzose strandet ratlos auf Zypern, ein ungarischer Bodybuilder begleitet als Leibwächter eine Gelegenheitsprostituierte nach London, ein Immobilienmakler schwankt in den französischen Alpen zwischen Romantik und career opportunity, ein Oligarch bilanziert auf der Luxusyacht grimmig seine kaputte Biografie. Es wird viel geraucht und in grindigen Wohnungen herumgesessen.

Szalays Arbeitstitel „Europa“ wäre kaum weniger generisch, aber ebenso treffend gewesen wie der schlussendlich gewählte. Denn es geht nicht nur um Männer, sondern auch um Arbeits- und Freizeitbiografien, die sich über den Kontinent verteilen, ohne das Glücksversprechen des Woandersseins einzulösen. Szalay begegnet ihnen weder mit Mitleid noch mit aufdringlicher Entlarvungsambition: Ob uns das langsame Vereinsamen des schottischen Ungustls Murray im Alterssitz in Kroatien nahegeht oder ob er einfach nur ein Ungustl ist, bleibt den Lesern überlassen. Wie sich Szalay überhaupt als sprachlich trittsicherer Erzähler erweist, der nie zu viel erklärt, wenn eine Andeutung genügt.
Nicht alle Episoden halten das Niveau. Die Geschichte vom dänischen Boulevardjournalisten, der aus der Affäre eines Ministers einen auflagenstarken Sexskandal bastelt, krankt an unplausiblem Setting und schablonenhafter Charakterzeichnung, und deutsche Drogen-Druffis heißen im 21. Jahrhundert doch bitteschön nicht ausgerechnet Otto, Lutz und Willi. Doch das sind verzeihliche Ausrutscher. Letztendlich gelingt Szalay mit seiner seriellen Momentaufnahme verlorener Figuren im Transit durch Zeit und Raum, die sich in der Unausweichlichkeit trister Alltagsorte verfangen und aus diesen rites of passage einfach keine lebenserhellenden Erkenntnisse gewinnen können, ein klug verdichtetes und melancholisches Werk. Die Frage, ob es ein Roman ist, darf offenbleiben. Die Frage, was ein Mann ist, muss offenbleiben.
Der amerikanische Mann ist ein Sonderfall. Im Land des hysterischen Hollywood-Heldentums wird höher gestrebt und tiefer gefallen. Wie man zurzeit sieht, kann die Krise des Mannes gleich die ganze Nation mit in den Abgrund reißen. Nickolas Butler macht sich in seinem Roman „Die Herzen der Männer“ auf die Suche nach dem Guten im amerikanischen Mann, das immer wieder verlorengeht. Als Gradmesser dafür dient ihm ein Pfadfinder-Camp in Wisconsin: die Eagle Scouts mit ihrem Moralkodex und ihrer Liebe zur Natur als amerikanische Idealbilder untoxischer Maskulinität.

Vor diesem Hintergrund erzählt Butler die Geschichte zweier ungleicher Freunde, die sich 1962 im Camp kennenlernen. Der schmächtige Nelson Doughty wird von den anderen gemobbt, Jonathan Quick erfüllt die Rolle des beliebten Sonnyboys. Doch es ist Nelson, der später als dekorierter Kriegsheld aus Vietnam zurückkehrt – traumatisiert, aber gereift. Er ist es auch, der die Nachfolge des von ihm verehrten Pfadfinderführers Wilbur antritt und den Idealen des good guy am nächsten kommt. Eine Generation später wird der zynisch gewordene Jonathan seinen gewissenhaften, mit einem klaren Ethos ausgestatten und sich zunächst sträubenden Sohn zu Entjungferungszwecken in einen Stripclub schleifen. Väter, die aus ihren Söhnen Männer machen wollen, ein uramerikanischer Topos. Mannsein als Ritual der Generationen.
Wie brüchige diese Rituale geworden sind, ist unübersehbar: In jedem der drei Kapitel sind die Väter abwesend, und die Söhne müssen selbst herausfinden, was richtig und was falsch ist. Als amerikanisches Kontinuum bleibt die Gewalt ein Begleiter: Erster Weltkrieg, Zweiter Weltkrieg, Vietnam und Afghanistan tauchen als unausweichlicher Fluch in Rückblenden auf. Die unmittelbare Gewalt trägt sich jedoch vor der Haustür zu: Schläge in der Küche, ein Schuss auf dem Parkplatz, zum Schluss eine Zuspitzung der Gewalt im Hort des Guten selbst, im Lager der Scouts.
The Big Country des mittleren Westens stellt dabei den Rahmen für das Amerikanische an sich zur Verfügung, und auch die Natur wird immer wieder als mögliches Paradies heraufbeschworen. Haubentaucher, Eisvogel und rauschendes Blattwerk als Mahnung an Reinheit und Unschuld. Huckleberry Finn und die sirrende Sinnlichkeit von Truman Capotes Grasharfe sind nur eine Angelrute entfernt.
Im dritten Kapitel, das Butler in einem 2019 spielen lässt, das der Trump-Ära von heute aufs Haar gleicht, rückt unerwartet Trevors Frau Rachel ins Zentrum des Geschehens. Dieser Wechsel zu einer weiblichen Perspektive eröffnet die Außensicht auf die „Herzen der Männer“, die sich am Ende im ganzen Spektrum von good guys, bad guys und Helden versammeln. Gottlob erschöpft sich darin nicht die einzige Funktion dieser Figur: Auch Rachel folgt ihrem Moralkodex und steht den Männern in Sachen Toughness in nichts nach.
Man könnte diese Geschichte mit moralisierendem Mahnen vortragen, mit Wut, oder mit bleiernem Symbolismus. Butler erzählt stattdessen mit anrührender Zartheit vom ewigen Versuch, besser zu sein als die Weinsteins, die Trumps, die schmierigen Typen mit den K.o.-Tropfen in der Tasche. Make America Nelson and Trevor again!

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