Eine italienische Reise

Auf den Spuren des Auswanderers, der vor 300 Jahren meine Geige baute
320 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783446260719
Erscheinungsdatum 05.11.2018
Genre Sachbücher/Geschichte/Regionalgeschichte, Ländergeschichte
Verlag Hanser, Carl
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

Um 1700 machte sich ein Geigenbauer aus dem Allgäu auf den Weg nach Italien. Seinen Namen kennen wir nicht, aber eines seiner Instrumente: gebaut in süddeutscher Tradition, aber vermutlich in Venedig fertiggestellt. Es legt Zeugnis ab von einem Netzwerk, in dem bereits vor mehr als drei Jahrhunderten Menschen, Waren und Wissen durch Europa zirkulierten.
Philipp Blom hat diese Geige entdeckt und kommt von ihrem Klang nicht mehr los. Nun hat er ihre Geschichte erforscht. Sie handelt von Migration, von der Lebenswelt der Handwerker, aber auch von Venedig, der damaligen Hauptstadt der Musik. Die Suche nach dem namenlosen Geigenbauer liefert den Schlüssel zu einer ganzen Epoche – die unserer Gegenwart gar nicht so fremd ist.

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FALTER-Rezension

Von Sachsen bis Neapel, von Wien bis Paris

Thomas Leitner in FALTER 46/2018 vom 16.11.2018 (S. 37)

Der Historiker und Schriftsteller Philipp Blom erzählt über seine Liebe zu einer Geige eindrucksvoll europäische Geschichte

In der aktuellen Entwicklung des Kinos ist zu beobachten, wie sich die Grenzen zwischen Dokumentar- und Spielfilm verwischen. Der Historiker und Schriftsteller Philipp Blom tut Ähnliches: Er schreibt die Geschichte seiner Geige, wo und wie er sie erwarb, wann und durch wen sie entstanden sein könnte, warum Letzteres in Schwebe bleibt. Er hebt dabei die Grenzen zwischen historischem Fachbuch und Selbstreflexion eindrucksvoll auf. Der Leser, bei aller Fülle an wirtschafts-, sozial- und kulturgeschichtlichen Details, sieht sich immer auch mit einem genuin literarischen Werk konfrontiert. Es ist ein Stil, der an W.G. Sebald erinnert, dessen Lektor Blom in seiner Jugend war. Da hatte er, aus einer Musikerfamilie stammend, bereits Ambitionen auf eine Violinistenkarriere aufgegeben und die Leidenschaft als Historiker in einem weit gespannten publizistischen Œuvre mit Schwerpunkt Aufklärung entfaltet.

Die Geige ließ ihn nie los, und zu Beginn seiner Wiener Zeit erwarb er ein besonderes Exemplar – wegen der ungeklärten Herkunft auch noch relativ günstig. Sie verbindet Züge süddeutscher und venezianischer Geigenbautradition auf so eigene Weise, dass eine endgültige Zuschreibung hypothetisch bleibt. Venedig um 1700 und das Füssen des vorhergehenden Jahrhunderts bilden also die geografischen Eckpunkte eines von Sachsen bis Neapel, von Wien bis Paris reichenden Panoramas der Herkunftssuche. Migratorische Ströme – Handwerker, Händler und fahrendes Volk – und die Zirkulation von Materialien kreuzen sich im beginnenden Welthandel. Da ist einerseits das urbane Leben in der sich abzeichnenden Dekadenz der Lagunenstadt. Dort der Schatten ehemaliger Größe in einer von den Nachwirkungen des Dreißigjährigen Krieges und der Kleinen Eiszeit versehrten Provinzstadt.

Virtuos macht Blom auf engstem Raum die bekannten Aspekte des venezianischen Treibens lebendig und setzt sie in Beziehung zueinander: das Zunftleben der Handwerker und die Musik in der Oper mit den Kastrasten, den Klöstern mit ihren Waisenchören; der Karneval und die durch ihn animierte, bis zum Menschenhandel in den Orient reichende Prostitution. Und in der Commedia dell’arte tauchen oft zwielichtige Dienergestalten auf, die Zanni, eine italienisierte Form von „Hans“. Viele Dienstboten waren süddeutsche Auswanderer, auch der hypothetische Bauer der Blom’schen Geige bekommt vom Autor diesen Namen. Die Deutschen waren eine der größten Minderheiten im Völkergemisch, alle standen sie unter Protestantismusverdacht. So kommt auch die Inquisition als Herrschaftsmittel ins Spiel – ihre Rolle wird auf beiden Seiten der Alpen beschrieben.

Die Schilderung von Füssen nimmt ihren Ausgang von einem seiner bekanntesten Kunstwerke, dem „Totentanz“ (1602). In zwölf Bildtafeln scheint er das katastrophale 17. Jahrhundert mit Krieg, Pest und Kälte vorwegzunehmen: Aus dem blühenden Handels- und Handwerkszentrum wird ein Abwanderungsgebiet. Zuvor war das wertvolle Holz aus den nahen Gebirgen Quelle des Wohlstands gewesen, für den Bau von Geigen in halbwegs ansprechender Qualität, vor allem aber exportierte man Halbfertigteile von Lauten für den italienischen Markt. Doch das Holz war durch den Klimawechsel rar geworden. Wenn Transporte stattfanden, blieben die Träger in Italien und versuchten sich dort zu verdingen: als Lehrlinge in den Geigenwerkstätten.

In einem der Bilder des „Totentanzes“ sitzt der Tod auf einem Fass und spielt auf der Geige. Blom assoziiert dies mit der Suite barocker Tänze, insbesondere der Form der Passacaglia. In ihrer Beschreibung gibt er gleichzeitig eine Idee vom Aufbau seines Buches: „… eine ruhig rollende Serie von Variationen über die Basslinie … (darüber) ranken sich Kommentare, Gegenstimmen, Reflexionen, virtuose Explosionen, gedankenverlorene Momente …“ Hier verknüpft Blom großartig Autobiografisches – Gedanken über seine schriftstellerische Tätigkeit und einschneidende persönliche Ereignisse – mit Gesellschaftspolitischem, vor allem der aktuellen Migrationsproblematik.

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