Dort dort

288 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783446264137
Erscheinungsdatum 19.08.2019
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Hanser Berlin in Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG
Übersetzung Hannes Meyer
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Tommy Orange gibt mit seinem vielbesprochenen Bestseller "Dort dort" Native Americans eine Stimme. "Eine neue Art amerikanisches Epos." (New York Times)

Jacquie ist endlich nüchtern und will zu der Familie zurückkehren, die sie vor vielen Jahren verlassen hat. Dene sammelt mit einer alten Kamera Geschichten indianischen Lebens. Und Orvil will zum ersten Mal den Tanz der Vorfahren tanzen. Ihre Leben sind miteinander verwoben, und sie sind zum großen Powwow in Oakland gekommen, um ihre Traditionen zu feiern. Doch auch Tony ist dort, und Tony ist mit dunklen Absichten gekommen. "Dort dort" ist ein bahnbrechender Roman, der die Geschichte der Native Americans neu erzählt und ein Netz aufwühlend realer Figuren aufspannt, die alle an einem schicksalhaften Tag aufeinandertreffen. Man liest ihn gebannt von seiner Wucht und seiner Schönheit, bis hin zum unerbittlichen Finale.

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ISBN 9783446264137
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FALTER-Rezension

Viel getrommelt und getanzt

Sigrid Löffler in FALTER 42/2024 vom 18.10.2024 (S. 22)

Er gilt als die kraftvolle neue Stimme der nordamerikanischen Ureinwohner: Tommy Orange, Jahrgang 1982, ein Native American vom Stamm der Cheyenne und Arapaho. In seinen beiden Romanen „Dort, dort“ und „Verlorene Sterne“ rückt er ein gerne verdrängtes Thema neu ins Bewusstsein – den Vernichtungskrieg, den die europäischen Einwanderer gegen die Ureinwohner führten.

Beide Romane beginnen mit einem sarkastischen Schnelldurchgang durch die Leidensgeschichte der American Indians in ihrem vergeblichen Kampf gegen die Kolonisatoren – von der Vertreibung aus ihren angestammten Territorien über die Massaker an den rebellischen Stämmen der Prärie-Indianer bis zur erzwungenen Assimilation, die die Ureinwohner vor das Dilemma stellten, entweder in der überlegenen Zivilisation auf- oder unterzugehen.

„Dieser Krieg hat länger angehalten, als es die USA heute gibt. Dreihundertdreizehn Jahre. Und nach all dem Töten und Vertreiben und Versprengen und Wieder-Zusammentreiben von Indianern, um sie in Reservate zu sperren, und nachdem die Bison-Population von rund dreißig Millionen auf ein paar Hundert Wildtiere zusammengeschossen war, schließlich bedeutete ,jeder tote Bison einen Indianer weniger‘, kam ein neuer politischer Slogan für das Indianerproblem auf: ,Den Indianer töten, um den Menschen zu retten‘. Als die Indianerkriege langsam abkühlten, als Landraub und Selbstverwaltung der Stämme zu bloßer Bürokratie wurden, steckte man die Indianerkinder in Internate, wo man ihnen beibrachte, was alles am Indianer-Sein falsch war. Damit aus ihm ein Nicht-Indianer im Sinne dieser Schulen wurde, tötete man den Indianer, um den Menschen zu retten.“

Das Augenmerk des Autors gilt vor allem ­jener Generation von Urban Indians, die in den letzten 50 Jahren das elende Dasein in den Indianerreservaten aufgaben, um in den Städten Arbeit und ein besseres Leben zu suchen. Konkret erzählt Tommy Orange von der schwierigen Existenz einer Handvoll städtischer Indianer und deren Familien in seiner Heimatstadt Oakland, Kalifornien.

Sie sind gezwungen, ihr Dasein auf und in dem Land zu fristen, das ihnen weggenommen wurde, und sie kämpfen nicht nur gegen Armut und Arbeitslosigkeit. Fast alle Romanfiguren sind und waren eine Zeit lang suchtkrank, abhängig von Nikotin, Alkohol oder anderen Drogen. Die Familien sind zerstückelt, die Männer hauen irgendwann ab und überlassen es den Frauen, sich und die Kinder durchzubringen und so etwas wie ein Familienleben zu improvisieren. In beiden Romanen spielt der Teenager Orvil Red Feather eine Protagonistenrolle, neben den beiden taffen Halbschwestern Opal Bear Shield und Jacquie Red Feather, die als Erzieherinnen des Schulabbrechers fungieren.

Beide Romane thematisieren die Zerstörung des historischen Gedächtnisses der Native Americans und deren Versuche, dieses wieder zu restituieren, die verlorenen Stammessprachen, Zeremonien, Tänze und Gesänge wiederzubeleben; allerdings immer in dem Bewusstsein, selbst gar keine „echten“ Indianer mehr zu sein. Sie ­veranstalten sogenannte „Powwows“, ­Traditions- und Brauchtumstreffen, auf denen viel getrommelt und getanzt wird, und wissen doch, dass sie sich bloß für ein Folklore-Event verkleidet haben: „Kein Indianer von damals, als die Weißen uns das erste Mal so genannt haben, würde uns heute noch als Indianer erkennen. So hätten sie sich ­selber überhaupt nicht genannt. Sie hatten ja ihre eigenen Sprachen und Namen für alles. ­Genau wie sie ja auch in Afrika alle ihre verschiedenen Länder mit eigener Geschichte haben und doch alle Afrikaner sind.“

Bereits mit seinem vor sechs Jahren erschienenen preisgekrönten Debütroman „Dort, dort“ hatte Tommy Orange international Eindruck gemacht. Er erzählte darin vom Aufstand der Urban Indians Kaliforniens gegen ihre Entrechtung und Entterritorialisierung, der 1969 in der historischen Besetzung der ehemaligen Gefängnisinsel Alcatraz gipfelt, an der der Autor etliche seiner Figuren teilnehmen lässt. Im Finale des Romans treffen sich alle bei einem Powwow in Oakland, bei dem es zu einer Schießerei mit vielen Toten und Verletzten kommt. Dabei wird der Teenager Orvil Red Feather angeschossen und schwer verwundet.

In „Verlorene Sterne“, seinem neuen Roman, erzählt Orange mehr über Orvils Herkunft und darüber, wie es mit dem Jungen nach dem Powwow-Anschlag weiterging. Erzählt wird im Wesentlichen Orvils Suchtgeschichte, die den vorhersehbaren Verlauf nimmt. Es beginnt damit, dass dem Jungen, der einen Steckschuss abbekommen hat, gegen die Schmerzen viel zu starke Morphiumtabletten verschrieben werden. Bald erhöht er eigenmächtig die Dosis: „Ihm kam der Gedanke, dass er süchtig wurde. Das Wort war ihm nicht fremd. Diesen Vorwurf hatte er schon in Bezug auf Videospiele und sein Handy und Bildschirme im Allgemeinen gehört. Und er wusste, dass er von Süchtigen abstammte. In seinem Fall war ihm schon vor seiner Geburt die Sucht eingestochen worden. Von seiner Mom mit Nadel und Heroin.“ Ein Schulkamerad gewöhnt ihn an Tabletten, die sein Vater zuhause in einem Privatlabor herstellt. Um seine Sucht zu bedienen, wird Orvil selbst zum Dealer. Am Ende stehen eine Überdosis und ein qualvoller Entzug.

Der Gefahr des Elendskitschs, zu dem eine solche Geschichte leicht verkommen könnte, entgeht Tommy Orange durch den abgebrüht-coolen Erzählton, den er anschlägt. Schon sein Rückblick auf die Leidensgeschichte der indianischen Völker vermied alle Weheleid- und Klage-Rhetorik, sondern behandelte die historische Katastrophe mit bissigem Ingrimm. Lässiger ist dieser pathos-gefährdete Stoff noch nie erzählt worden.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

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Was es heißt, ein Native American zu sein

Sebastian Fasthuber in FALTER 36/2019 vom 06.09.2019 (S. 32)

Tommy Orange ist der Sohn einer weißen Mutter und eines Vaters vom Stamm der Cheyenne. In seinem Debütroman erzählt er von einer Gruppe junger Menschen, die in Kalifornien groß werden. Sie stammen von Native Americans ab, wobei die meisten von ihnen mit der damit verbundenen Geschichte und Kultur praktisch gar nicht vertraut sind. Das haben sie mit den Lesern des Buchs gemeinsam.

„Wir wurden von allen anderen definiert und werden hinsichtlich unserer Geschichte und unseres aktuellen Zustands als Volk nach wie vor verleumdet“, heißt es im Prolog, der auf wenigen Seiten rekapituliert, wie die amerikanischen Pilgerväter den Indianern das Land raubten und diese abschlachteten. Dann springt „Dort dort“ in die Gegenwart. Orange geht es nicht ums Moralisieren, aber er verfolgt durchaus ein didaktisches Ziel, will mit Klischees über Native Americans aufräumen.

Der Roman spielt in Städten anstatt in Reservaten. Zwölf Figuren treten auf und mit Fortdauer der Handlung immer stärker miteinander in Verbindung. Da gibt es ein paar Jugendliche, die sich als Handlanger eines Dealers verdingen und in die Kriminalität abrutschen, bis irgendwann auch Schusswaffen im Spiel sind; einen Mann, der sein Leben nach seinem Studienabschluss völlig ins Internet verlegt; Väter, die sich plötzlich aus dem Staub gemacht haben, und Mütter, denen es mehr schlecht als recht gelingt, ihren Kindern ein halbwegs normales Umfeld zu bieten.

Als Kristallisationspunkt des Plots dient das große Powwow, das erstmals in Oakland stattfinden wird. Bei diesem Treffen wollen die Native Americans ihre Kultur mittels Tanz und traditioneller Kleidung feierlich Ausdruck verleihen. Doch alles steuert auf eine Katastrophe zu. „Dort dort“ spricht die Sprache der Straße und verfügt über lyrische Kraft, ohne in Pathos zu verfallen.

Tommy Orange hat einen düsteren, brutalen und bewegenden Roman über Amerika geschrieben. Er handelt davon, wie das wohl finsterste Kapitel von dessen Geschichte bis heute nachwirkt.

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