Weh

Über den Schmerz und das Leben
160 Seiten, Hardcover
€ 20.6
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ISBN 9783446267787
Erscheinungsdatum 17.08.2020
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft/Gesellschaft
Verlag Hanser, Carl
Übersetzung Barbara Schaden
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HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Was passiert, wenn Schmerz unser Leben kapert? – Ein entlastendes Buch jenseits der Ratgeberliteratur

Was bedeutet Schmerz für unser Leben? Was geschieht, wenn er unseren Alltag kapert? Und wie können wir mit einem Erleben umgehen, für das uns oft die richtigen Worte fehlen? Lisa Olstein kennt diese Fragen aus eigener Erfahrung. Und sie ist nicht allein – mehr als zwölf Millionen Menschen leiden in Deutschland an chronischen Schmerzen. In ihrem ungewöhnlichen Buch findet Olstein Worte und Bilder für den Schmerz, die über die sterilen Kategorien der Medizin hinausgehen. Sie schöpft aus den Naturwissenschaften, aus Kunst und Philosophie, ihre Quellen reichen von Lukrez bis Virginia Woolf, von Jeanne d’Arc bis „Dr. House“ – Ein beeindruckendes, poetisches Zeugnis des Lebens mit Schmerz.

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ISBN 9783446267787
Erscheinungsdatum 17.08.2020
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FALTER-Rezension

Gebt den Schmerzen Raum!

Andreas Kremla in FALTER 43/2020 vom 21.10.2020 (S. 41)

Was wehtut, wird gerne weggeschoben. Über Schmerz sprechen wir meist als etwas, das nicht sein soll und darf. Oft wird er mit Schmerzmitteln niedergehalten, die zwar keine Heilung bringen, aber Freiheit vom leidigen Symptom. Drei sehr unterschiedliche Bücher durchbrechen diese Verdrängung und zeigen verschiedene Seiten davon, was Schmerz sein kann, wenn er sein darf. „Weh – Über den Schmerz und das Leben“ von Lisa Olstein, „Unsichtbare Schmerzen. Was die Wissenschaft über die Arbeit lernen kann von jenen, die sie verrichten“ von Karen Messing und „Palliativgesellschaft. Schmerz heute“ von Byung-Chul Han.

Einer der dichtesten Titel, die man einem Buch über Schmerz geben kann, lautet „Weh“. Lisa Olstein beginnt bei sich und ihren qualvollen Erfahrungen mit Migräne. Es folgt ein Feuerwerk an überraschenden Ideen und Gedankensprüngen. Denn die Symptome der Autorin bilden nur einen der Fäden, die sie laufend ineinanderwebt. Auf einem anderen fädelt sie Künstler und Philosophen auf, die Schmerzen erlitten oder über diese geschrieben haben – von den Vorsokratikern über Plinius den Älteren bis zu Alva Noë, einem US-amerikanischen Gegenwartsdenker.

Gleichermaßen ausführlich widmet sie sich dem historischen Prozess gegen ­Jeanne d’Arc wie auch dem Serienhelden Dr. House, seines Zeichens genialer Diagnostiker und chronischer Schmerzpatient. Aus der Wissenschaft zieht sie einen weiteren Faden – mit der bitteren Erkenntnis, dass diese bisher an Verständnis und Behandlung ihrer Migräne gescheitert ist. Olstein ist in den USA eine bekannte Lyrikerin. In ihren vielfach prämierten Gedichtbänden fängt sie die Alltagswelt in Bildern ein, die Trivialitäten einzigartig und Selbstverständliches in neuem Licht erscheinen lassen. Mit dem unangenehmen, oft unannehmbaren Thema Schmerz verfährt sie ähnlich. Mit Selbstreflexionen, Assoziationen und Einblicken in die Kulturgeschichte des Schmerzes nebst eingestreuten Gedichten macht sie ein großes Thema in so einfacher wie eindringlicher Sprache begreifbar. Dabei erschafft Olstein ein wunderbar flirrendes Gewebe zwischen Essay und Sachbuch.

Karen Messing untersucht in ihrem Buch „Unsichtbare Schmerzen“ leidvolle Arbeitsbedingungen. Ihr Interesse dafür entstand in den 1970er-Jahren in einer kanadischen Phosphatraffinerie. Die Gewerkschaft verlangte eine Untersuchung der radioaktiven Stäube. Eine junge, auf Molekulargenetik spezialisierte Biologin war die Einzige, die sich von Konflikten mit den Arbeitgebern nicht abschrecken ließ. Sie hieß Karen Messing. Ihre Studienergebnisse führten zur Einrichtung einer Absaugungsanlage, und der Weg der Wissenschaftlerin führte weiter in Richtung Ergonomie und Arbeitsmedizin.

Reinigungskräfte, die ihr Arbeitspensum nicht mehr bewältigen können, Verkäuferinnen, die mehrere Babysitter beschäftigen, um mit den kurzfristig eingeteilten Schichtdiensten zurecht zu kommen, Bankangestellte, denen man ihre vom ständigen Stehen verursachten Verspannungen nicht glauben will: Diese und andere Arbeitnehmer, deren Schmerzen nicht gesehen wurden, hat sie untersucht.

Heute blickt die vielfach ausgezeichnete Kanadierin, die ein interdisziplinäres Forschungszentrum mitbegründet hat, auf die Zusammenarbeit mit Pionieren der Arbeitsmedizin und der Ergonomie zurück. Neben der Verbesserung von Arbeitsbedingungen hat ihre Forschung auch zu mehr Gleichstellung von Frauen beigetragen. Das Buch der über 75-Jährigen verbindet Lebensrückblick und Sachbuch: In vielen kleinen Geschichten, die den Leser sowohl in den Alltag der Arbeitenden als auch in jenen der Forscher mitnehmen, erzählt es die Geschichte des sinnerfüllten Arbeitsweges seiner Autorin sowie die Historie des Arbeitnehmerschutzes in den letzten 40 Jahren.

Eine Gesellschaft, die Schmerzen medikamentös und medial betäubt und verdrängt, kritisiert der gebürtige Südkoreaner Byung-Chul Han in „Palliativgesellschaft. Schmerz heute“. Unterdrückt werde dadurch zunächst die politische Dimension: ohne Schmerzen keine Empörung und kein Protest. Klaglos würde so das Gebot der ­Selbstoptimierung von allen übernommen. Aber auch auf individueller Ebene käme vieles zu kurz in einer auf Betäubung ausgerichteten Gesellschaft. Aus dem Schmerz geborene Poetik wie bei Kafka oder Nietzsche sei Geschichte. Und selbst die Liebe würde ohne (oft schmerzliches) Begehren zum Konsum, der den anderen zum ­Sexualobjekt verdingliche.

Von Han stammt der Begriff der „Müdigkeitsgesellschaft“ (so hieß sein erster Bestseller von 2010). Schlanke Streitschriften, die auf knappen 100 Seiten aktuelle gesellschaftliche Entwicklungen präzise ausleuchten, sind sein Markenzeichen. In seinem neuen Buch fehlt deswegen auch nicht die Analyse der Covid-19-Krise. Die Pandemie verstärke die Paradigmen der Palliativgesellschaft, die nicht mehr auf ein gutes Leben, sondern nur noch auf ein „gesundes“ Überleben ziele, konstatiert Han. Auch wenn er keine expliziten Therapievorschläge liefert, macht Han deutlich, was es braucht, um gesellschaftlich und privat wieder zu einem vollen Leben zurückzufinden: Raum für Schmerz.

Alle drei Werke wagen den Blick auf die dunkle Seite unserer so zwanghaft hell ausgeleuchteten Welt. Auch wenn sie schon früher verfasst sein mögen, passen sie zu dem durch die Pandemie bedingten Hedonismusknick. Sich damit zu beschäftigen, macht das Erleben und die Weltsicht allerdings nicht eintöniger, sondern bunter und reicher.

In dieser Rezension ebenfalls besprochen:

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