
Dominika Meindl in FALTER 33/2021 vom 18.08.2021 (S. 24)
Ruth ist keine von denen, die „Verpaartheit als den Maßstab allen Seins glorifizierten“, sie fühlt sich alleine wohl und sicher. Sie hat erfolgreich an ihrer Resilienz gearbeitet, aber nach dem Unfalltod ihres Mannes war es hart. Die Söhne sind lieb, aber sie werden flügge. Das Holzhaus am Fluss ist heimelig, aber das sich leerende Nest weckt Begehrlichkeiten ekelhafter Immo-Entwickler.
Ruth lebt in einem Idyll, dessen Gefährdung ihr bewusst ist. Die Nachricht, ob sie wisse, dass ihr verstorbener Mann eine Affäre gehabt habe, markiert den „Moment, in dem sich meine Verhältnisse verschoben“. Von nun an kommen immer derbere Beschimpfungen auf sämtlichen virtuellen Kanälen daher. Der Täter oder die Täterin muss aus dem nahen Umfeld kommen, und das bedeutet eine fundamentale Verunsicherung. „Bleib auf Distanz, betrachte es wie eine Berichterstatterin, eine Erzählerin, genau das bist du ja.“ Ruth versucht das Stalking zunächst zu ignorieren, für die introvertierte Drehbuchautorin werden die Hassmails aber immer zermürbender, vor allem, weil auch für gut gehaltene Freunde davon zu faseln beginnen, dass es immer zwei Seiten gebe: „Als sei es das ganz normale Fegefeuer, in das ein Frauenleben wie meins halt zwingend führt.“
Knechts Figurenzeichnung ist gewohnt gelungen, und gewohnt exakt ist das Porträt der Gegenwart: Die Protagonistinnen wissen, welche Serien man gerade bingt und wie man Ceviche ausspricht. Diese präzise Beobachtungsgabe dient aber in „Die Nachricht“ einem relevanteren Anliegen; sie führt vor Augen, wie es sich in einem Land lebt, in dem jede siebte Frau schon einmal von Stalking betroffen war und in dem die Zahl der Femizide jährlich steigt. Knecht beschreibt dieses ganze Spektrum an Ungleichheit, das Belästigungspatchwork, diese Müdigkeit angesichts dessen, dass man als Frau immer aufpassen muss, immer. „Ich konnte mich selbst beschützen, aber es war anstrengend.



