Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur
368 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783446274211
Erscheinungsdatum 26.09.2022
Genre Sachbücher/Geschichte
Verlag Hanser, Carl
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Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
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Kurzbeschreibung des Verlags

»Macht euch die Erde untertan« – Philipp Bloms Universalgeschichte der Unterwerfung der Natur

»Macht euch die Erde untertan«: Vor rund 3000 Jahren legte der Autor der Genesis seinem Schöpfer diesen Satz in den Mund. Damit war die Idee geboren, dass der Mensch eine Sonderstellung auf der Erde einnimmt und deren Ressourcen rücksichtslos ausbeuten darf. Sie war so stark, dass sie sich über den ganzen Planeten verbreitete. Wer sich ihr widersetzte, bekam es mit Kolonisatoren und Geschäftemachern zu tun, die sich auf angeblich höhere Werte beriefen. In seiner Universalgeschichte der Umwelt erzählt Philipp Blom die Geschichte der Unterwerfung der Natur, deren Konsequenzen die Menschheit heute an den Rand des Abgrunds führt. Nur wenn sie sich von dem Wahn befreit, über der Natur zu stehen, bleibt ihr die Chance, zu überleben.

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FALTER-Rezension

Der Mensch steht nicht außerhalb der Natur

Kirstin Breitenfellner in FALTER 42/2022 vom 21.10.2022 (S. 36)

An der Weltlage verzweifeln derzeit viele Menschen – so auch Philipp Blom, der sonst so besonnene Historiker, Journalist und Radiomacher. „Die Unterwerfung. Anfang und Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur“ heißt seine in Buchform gegossene Reaktion darauf. Darin beschreibt Blom die Geschichte der menschlichen Wahnidee, die Natur zu beherrschen, und die narzisstische Vorstellung, über dieser zu stehen.

In einem klassisch kulturgeschichtlichen Ansatz geht es dabei weniger um die Eingriffe, mit denen die menschlichen Zivilisationen das Antlitz der Erde verändert haben – wie Rodungen, Bewässerungssysteme und die Ausbeutung von Ressourcen –, als um die Genese der Ideen, die angetreten waren, um diese zu rechtfertigen.

Seinen Lesern verlangt Blom dabei einiges an Geduld ab, beginnend mit einer ausführlichen Analyse einer mesopotamischen Vase und einer seitenlangen Rekapitulation des Gilgamesch-Epos, dessen fehlerhafter Held ihm als „der erste Träger dieses Wahns“ gilt. Im Alten Testament wird mit der Aufforderung, sich die Erde untertan zu machen, „die Unterwerfung zur schriftlich festgelegten Leitidee und zum göttlichen Auftrag“. Der Mensch schwingt sich zum Herrn über die Schöpfung auf.

Um es vorweg zu sagen: Den für den Denkhorizont und die Handlungsmöglichkeiten der damaligen Gesellschaft vermutlich so kühnen wie unvorstellbaren Imperativ als „Wahn“ und „Narzissmus“ zu bezeichnen, erweist sich als wenig hilfreich. Denn der Autor verwendet diese aus dem Bereich der Psychiatrie stammenden Begriffe wie einen Basso continuo, ohne sie zu erklären. Erschwerend kommt hinzu, dass auch sein adjektiv- und metaphernreicher Stil mehr den raunenden Erzähler markiert als den kühlen Wissenschaftler.

Blom scheut sich nicht, die ferne Vergangenheit mit für heutige Verhältnisse entwickeltem Vokabular heraufzubeschwören. Bei der Venus von Willendorf und anderen „delikaten Figuren mit den üppigen Rundungen aus dem Paläolithikum und dem Neolithikum“ spekuliert er über eine „steinzeitliche Pornografie“. Neanderthaler bezeichnet er salopp als „primitivere Liebhaber oder Partner der frühen Homo sapiens“, die Maori rotteten die „riesigen, flugunfähigen Moa-Vögel aus, um einen regen lokalen Markt zu befriedigen“.

Aber es stimmt schon: Früher waren Menschen auch nicht anders, sie hatten nur weniger Möglichkeiten. „Menschen haben ihre Umwelt schon immer umgeformt und dabei nur ihre unmittelbaren Interessen im Blick gehabt. […] Auch in der Zeit vor der Flut waren Menschen gierig, versuchten Jäger, mehr zu jagen, als sie essen und verwerten konnten, wurden durch Brandrodungen ganze Landschaften verändert.“

Spannend wird es aber, wenn Blom der Frage nachgeht, warum die tatsächliche Unterwerfung der Natur ihren Ausgang von Europa nahm und nicht von anderen, damals viel mächtigeren Reichen. Seine Antwort: Zufall. Auch China hatte keine Skrupel, seine Ressourcen auszubeuten, und das, obwohl seine führende Philosophie auf dem Gedanken der Harmonie mit dem Fluss der Natur beruhte. „Tatsächlich aber wurde kaum ein Fluss in seinem natürlichen Bett gelassen.“

Europa konnte erstarken, weil China seine Kontrolle über Seewege und Handelsknoten freiwillig aufgegeben hatte, und zwar genau in dem Moment, als es mit den technischen Entwicklungen der Schifffahrt des Reichs der Mitte gleichgezogen hatte. Anders als das Osmanische Reich hatte Europa, bestehend aus zahlreichen rivalisierenden und damit Entwicklungen antreibenden Kleinmächten, Zugang zum Atlantik. Dazu kam die Erfindung der Feuerwaffen, die eher der für die europäische Kriegsführung wichtigen Städtebelagerung zugute kamen als Kämpfen in der Steppe, zu denen China und das Osmanische Reich greifen mussten, um ihre Grenzen zu sichern.

Der europäischen Aufklärung stellt Blom zunächst kein sehr gutes Zeugnis aus, denn sie habe theologische Konzepte wie die menschliche Ausnahmerolle, den historischen Fortschritt und die erlösende Vernunft fortgesetzt, sich damit der Übermacht der Kirche gebeugt und sogar den Kolonialismus unterstützt. „Die Sklavenhändler lernten bald, ihren Wohlstand im Lichte der Evangelien und der Aufklärung zu begründen.“ Mit dieser Art von „Rechtfertigungsindustrie“, die auch die Not des europäischen „Lumpenproletariats“ legitimieren sollte, geht Blom genauso hart ins Gericht wie mit den Allmachtsfantasien der Naturbeherrschung nach dem Zweiten Weltkrieg von den USA und Europa über die UdSSR bis nach China.

Erst zum Schluss versucht er einen optimistischen Ausblick und thematisiert damit das im Titel angesprochene „Ende der menschlichen Herrschaft über die Natur“. In seinem überzeugenderen, weil stringenteren Buch von 2017, „Die Welt aus den Angeln“, hatte Blom dargelegt, wie die Kleine Eiszeit von 1570 bis 1700 dem europäischen Denken und Handeln einen enormen Entwicklungsschub verschafft hatte. Dasselbe hofft er nun von einer „weitergedachten“ Aufklärung für die derzeitige Klimakatastrophe.

Dazu schlägt er ein Menschenbild vor, das den theologischen Ballast abwirft und den ehemaligen „Herrn der Schöpfung“ als einen symbiotischen Organismus und ein „Produkt ungeahnter Kommunikationsprozesse zwischen zahllosen Lebensformen“ begreift, den neuesten naturwissenschaftlichen Forschungen der Genetik und den Erkenntnissen über das Mikrobiom des Darms entsprechend. Was diese „radikale Wiederentdeckung des Menschen als Teil der Natur“ konkret bedeuten würde, müsste Blom in seinem nächsten Buch dann auch näher ausführen.

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