

Barbara Jany in FALTER 11/2025 vom 14.03.2025 (S. 30)
Manche Geschichten schwingen sich erst ein, bevor sie ihre Kraft entfalten. So zeigt sich Dmitrij Kapitelmans neuer Roman als weitere Einwanderungsstory aus Osteuropa, die Generationenkonflikte und Zugehörigkeitsfragen mit viel Herz und schwarzem Humor aufbereitet. Es geht um einen Mutter-Sohn-Konflikt, der durch den russisch-ukrainischen Krieg noch verschärft wird. Bei Mama läuft nämlich russisches Propaganda-Fernsehen in Dauerschleife, obwohl ihr Herz für Kiew schlägt, wo sie viele Jahre gelebt hat.
Mit der Kiew-Reise des Sohnes entwickelt die Geschichte ihre Stärke: Eindrücklich schildert Kapitelman die Versuche der Menschen, im Krieg einen Alltag aufrechtzuerhalten. Hier schleift sich auch seine anfangs überbordende Sprachspielerei ab. Das Schwarz-Weiß-Bild zur Situation gewinnt wertvolle Grautöne.