Das Lieben danach

192 Seiten, Hardcover
€ 22.7
-
+
Lieferung in 2-5 Werktagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783446282919
Erscheinungsdatum 18.02.2025
Genre Sachbücher/Kunst, Literatur/Biographien, Autobiographien
Verlag Hanser, Carl
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

„Dieses Buch zu lesen ist eine radikale Erfahrung. Ein leuchtender Text über zerbrechenden Schmerz und die Schönheit der Selbstversöhnung“, so Gabriele von Arnim. Dieses Buch bricht die Scham

Was für eine Entdeckung – es braucht ein ganzes Leben, um einen solchen Text zu schreiben. „Die Geschichte erschien mir viele Jahre lang gänzlich unerheblich.“ Von diesem Satz aus erzählt die heute siebzigjährige Helene Bracht von einer über Jahrzehnte verschütteten Erfahrung, die sie mit sehr vielen Frauen und vielen Männern teilt: der, dass es auf dem Lebensweg mit der Liebe und der Sexualität nicht nur gut und einvernehmlich zuging. Wie liebt und begehrt man, wenn Verletzendes verborgen hinter einem liegt? Wie lebt und liebt man immer weiter? Fulminant ein Tabu brechend und dabei einzigartig gewitzt und souverän erzählt dieser Text vom Missbrauch – und seinen Grenzen. Diese Bilanz wird Denkweisen verändern und vielen Menschen viel bedeuten.

Mehr Informationen
ISBN 9783446282919
Erscheinungsdatum 18.02.2025
Genre Sachbücher/Kunst, Literatur/Biographien, Autobiographien
Verlag Hanser, Carl
LieferzeitLieferung in 2-5 Werktagen
HerstellerangabenAnzeigen
Carl Hanser Verlag GmbH & Co.KG
Vilshofener Straße 10 | DE-81679 München
info@hanser.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Spiegelkabinette aus Lügen

Julia Kospach in FALTER 12/2025 vom 19.03.2025 (S. 28)

Im „wunderwilden Garten“ namens Sexualität, wo ebenso empfindliche wie vitale Pflänzchen der zwischenmenschlichen Interaktion kultiviert werden – darunter Rausch, Gier, Scham, Lust, Hingabe, Macht oder Ekel –, ähnelt „eine frühe Missbrauchserfahrung dem Giersch mit seinen Rhizomen“: Sie ist „ein sich unterirdisch ausbreitendes, praktisch unverwüstliches Wurzelgeflecht“, das die Neigung hat, an den unerwartetsten Stellen aufs Neue auszutreiben.

Diese botanische Missbrauchsmetapher, die Helene Bracht in ihrem Buch „Vom Lieben danach“ verwendet, ist so ungewöhnlich, wie sie treffend ist. Um im Bild zu bleiben, ließe sich weiter sagen: Den Giersch, dieses verhasste Unkraut, hält man nicht durch Ausgraben am besten in Schach, sondern indem man ihn abpflückt. Das schwächt ihn mit der Zeit. So muss man es mit ihm machen: Pflücken, Aufessen und schließlich, ja: Inkorporieren und Verdauen.

So ähnlich muss es Helene Bracht über viele Jahre mit ihrer eigenen Missbrauchserfahrung gemacht haben, dass daraus nun ihr glasklares, radikales und irrwitzig fesselndes Buch über weibliches Begehren, über Liebesversuche, Täter und Opfer, über Sexualität und Schuldumkehr, Machtmissbrauch und Selbstermächtigung, Manipulation, Unterwerfung und Verstellung entstehen konnte.

Es fällt tatsächlich schwer zu glauben, dass es sich dabei um die erste literarisch-biografische Veröffentlichung der 70-jährigen Berliner Psychologin und langjährigen Theaterregisseurin handelt. Und um Literatur handelt es sich: So sehr ist Helene Bracht Herrin ihres Stoffs. So elegant, souverän und vollkommen eigenständig ist ihr Stil; so sehr gelingt es ihr, etwas Hybrides, Vages, Vielschichtiges, Uneindeutiges wie Missbrauch und dessen Folgen in Worte zu fassen. Vielleicht kommt das auch daher, dass sie – wie es einmal im Buch heißt – beizeiten gelernt hat, sich die Welt durch Sprache „vom Leibe zu halten“?

Fest steht: Um so etwas schreiben zu können, muss man über sehr lange Zeit unverwandt in die abgründigsten Ecken seiner eigenen Erfahrungen und Erinnerungen geblickt haben.

Die Geschichte, die am Anfang all dessen steht, „erschien mir viele Jahre lang gänzlich unerheblich“, schreibt Helene Bracht. Es ist die Geschichte mit „Strecker“, dem hochgebildeten, nikotinfingrigen mittelalterlichen Untermieter der Eltern und „lupenreinen Pädophilen“, der die kleine Leni zwischen ihrem fünften und achten Lebensjahr regelmäßig missbraucht, ihr mit süßer Stimme bewundernd ins Ohr säuselt, ihr Abbildungen kopulierender Paare zeigt und Gedichte vorträgt, bevor er sie beim Nachhilfeunterricht im Kinderzimmer oder – in den Sommerferien – auf Jagdhochsitzen von hinten packt, anschnauzt, im Schraubstockgriff hält und mit seinen Fingern schmerzhaft penetriert.

Der wiederholte Schock dieser Stimmungswechsel lehrt das kindliche Opfer die „brutale Anstrengung der Selbstverleugnung“. In der Nachkriegsgefühlskälte der eigenen Familie schwankt sie zwischen der Sehnsucht nach Streckers Zugewandtheit und tiefem Kummer.

Wie alle Missbrauchsopfer wird sie zur „Vertragspartnerin eines Lügenpakts“, bis ihre Mutter eines Tages Blutflecken in ihrem Höschen entdeckt (eine Defloration der grausigen Art) und die Tochter zur Rede stellt. Strecker verschwindet. An seine Stelle treten hermetisches Schweigen und ohnmächtiger Zorn aufseiten der Eltern und grenzenlose Scham auf der der Tochter.

In verwandelter Form kontaminieren diese Kindheitserfahrungen später das Beziehungsleben der erwachsenen Frau und lassen sie in Sexualitäts- und Liebesdingen ein beeindruckendes Repertoire an Vermeidungs-, Ausweich-, Verstellungs-, Autosuggestions- und verqueren Überlebensstrategien entwickeln. Dazu gehört auch eine Phase eigener machistischer Brutalität gegenüber weiblichen Geschlechtspartnerinnen.

Kurzum: Liebesbeziehungen mit Männern und Frauen wollen zeitlebens nicht recht funktionieren. Sie, die große Meisterin im So-tun-als-ob, geht schließlich auch noch einem Love Scammer auf den Leim. In diesem „Spiegelkabinett aus Lügen“ existiert kein Maß, kein Orientierungssystem, kein Gefühl für Grenzen – weder die eigenen noch die von anderen.

Bis sich irgendwann, in späten mittleren Jahren, ohne eigenes Zutun, etwas Neues einstellt: „Völlig geräuschlos öffnete sich die Tür zu einem zuvor unbekannten Möglichkeitsraum innerer Freiheit.“ Zu diesem Aggregatzustand gehört die Erkenntnis, „wie harmonisch und unauffällig sich eine Missbrauchs-Prägung in ein ausbeuterisches System von Geschlechterrollen einzupassen vermag“.

Ein paar Stichworte gefällig? „Die Gefügigkeit, die hohe Sensibilität für die Wünsche anderer, die Duldsamkeit, die Abhängigkeit von Komplimenten und Anerkennung, die selbstverständliche Dienstleistungsorientierung.“

Well, nevermore! Die Person, die uns zum Einstieg und zum Ausstieg von „Das Lieben danach“ entgegentritt, ist eine ältere, alleinstehende Frau, die – so wie Katja Kullmann in ihrem Buch „Die Singuläre Frau“ – aus freien Stücken am Spielfeldrand des Paarbeziehungssports steht und von dort aus klare, ruhige und durchaus zufriedene Blicke auf das Geschehen wirft. Und ein Buch wie dieses schreibt.

„Eine kapitale Last der vergangenen Lebensjahrzehnte ist mir unversehens vom Gemüt gepurzelt … Die ewige innere Spannung, als Frau gesehen und doch nicht belästigt werden zu wollen, hat sich gelöst. Alte Frauen sieht man nicht … Ich zähle einfach nicht. Welch unglaublich süße Freiheit."

weiterlesen