Sengendes Licht, die Sonne und alles andere

Die Geschichte von Joy Division
384 Seiten, Hardcover
€ 20.6
-
+
Lieferbar in 14 Tagen

Bitte haben Sie einen Moment Geduld, wir legen Ihr Produkt in den Warenkorb.

Mehr Informationen
ISBN 9783453272514
Erscheinungsdatum 27.04.2020
Genre Sachbücher/Musik, Film, Theater/Biographien, Autobiographien
Verlag Heyne
Übersetzung Conny Lösch
LieferzeitLieferbar in 14 Tagen
HerstellerangabenAnzeigen
Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Neumarkter Straße 28 | DE-81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
Kurzbeschreibung des Verlags

Joy Division gelten bis heute als einflussreichste Protagonisten des Post-Punk und Bezugspunkt für nachfolgende Entwicklungen wie Gothic Rock, Dark Wave oder Indie-Rock. Obwohl die Band nur zwei offizielle Studioalben aufnahm, sorgten diese und einige legendenumwitterte Liveauftritte dafür, dass Joy Division zur aufregendsten Undergroundband ihrer Zeit aufstiegen. Doch kurz vor der ersten großen Amerika-Tour nahm sich Sänger Ian Curtis das Leben.Der Musikjournalist Jon Savage hat zahlreiche Interviews mit zentralen Figuren der Joy-Division-Geschichte zu einer umfassenden Oral History zusammengestellt. Entstanden ist die beeindruckende Geschichte einer Band, die eine ganze Generation bewegte und das Bild der Stadt Manchester entscheidend prägte. Und es ist auch der niederschmetternde Bericht über Krankheit und innere Dämonen, die einen charismatischen Sänger und visionären Texter dazu brachten, der Welt zu entfliehen.»

Mehr Informationen
ISBN 9783453272514
Erscheinungsdatum 27.04.2020
Genre Sachbücher/Musik, Film, Theater/Biographien, Autobiographien
Verlag Heyne
Übersetzung Conny Lösch
LieferzeitLieferbar in 14 Tagen
HerstellerangabenAnzeigen
Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Neumarkter Straße 28 | DE-81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
Unsere Prinzipien
  • ✔ kostenlose Lieferung innerhalb Österreichs ab € 35,–
  • ✔ über 1,5 Mio. Bücher, DVDs & CDs im Angebot
  • ✔ alle FALTER-Produkte und Abos, nur hier!
  • ✔ hohe Sicherheit durch SSL-Verschlüsselung (RSA 4096 bit)
  • ✔ keine Weitergabe personenbezogener Daten an Dritte
  • ✔ als 100% österreichisches Unternehmen liefern wir innerhalb Österreichs mit der Österreichischen Post
FALTER-Rezension

Der lange Schatten

Gerhard Stöger in FALTER 20/2020 vom 15.05.2020 (S. 35)

Am 4. April 1980 saß Ian Curtis in der Garderobe des Londoner Rainbow Theatre und weinte. Eben noch war er mit seiner Band Joy Division auf der Bühne gestanden und hatte wild getanzt, wie immer bei Konzerten. Für seine unberechenbaren Bewegungen war er ebenso bekannt wie für seinen kühlen und gleichzeitig intensiven Gesang. Doch mit dem Ende des Songs „Atrocity Exhibition“ hatte Curtis nicht aufgehört zu zucken. Als er ins Schlagzeug fiel, war klar: Es handelte sich um einen weiteren epileptischen Anfall, diesmal vor Publikum.



„Wir wussten nicht, was wir machen sollten“, erinnert sich Gitarrist Bernard Sumner an den Anblick des weinenden Sängers, dem schmerzlich bewusst war: Das unstete Rock-’n’-Roll-Leben und seine mit starken Medikamenten behandelte Krankheit, das geht nicht zusammen. „Er war unser Freund, wir wollten ihm helfen, aber wir hatten keine Lösung für das Problem.“ Sechs Wochen später war Ian Curtis tot.



Hin- und hergerissen zwischen zwei Frauen, hat der junge Familienvater mit seiner Gattin Deborah am Abend des 17. Mai 1980 über Scheidung gesprochen und sie unter einem Vorwand weggeschickt. Er hat viel Alkohol getrunken, den Werner-Herzog-Film „Stroszek“ im Fernsehen gesehen, Musik seines Helden Iggy Pop gehört und sich dann in den Morgenstunden des 18. Mai, gerade einmal 23-jährig, mit der Wäscheleine erhängt. Drei Tage später sollten Joy Division in New York das Auftaktkonzert ihrer ersten Amerika-Tournee spielen; keine 24 Monate davor war ihre Debütsingle erschienen. Im Eigenverlag, Auflage 1000 Stück.



„Love Will Tear Us Apart“, wenige Monate vor Curtis’ Tod aufgenommen, wurde postum zum einzigen kleinen Hit des Quartetts aus Manchester; der Song erreichte die Top 20 der britischen Charts. Heute gilt er als einer der besten der Rockgeschichte, „Un­known Pleasures“ (1979) und „Closer“ (1980), die zwei Studioalben von Joy Division, sind als Klassiker kanonisiert und haben ganze Musikrichtungen geprägt; der düstere Mythos der Gruppe fasziniert ungebrochen.



Unter all den großen jungen Toten des Rock ist Ian Curtis der ungewöhnlichste: Er ist nicht als umjubelter Star gestorben wie Jimi Hendrix, Kurt Cobain oder Amy Winehouse, sondern erst nach seinem Tod berühmt geworden. Noch zwölf Monate vor dem Suizid war Curtis wie seine Bandmitglieder auf einen Brotjob angewiesen; als er starb, galten Joy Division als Geheimtipp. Postum avancierte er zum Posterboy der Verzweiflung. „Auf seiner Persönlichkeit lag ein Schatten, der so düster war, dass nicht mal er selbst noch was darunter erkennen konnte“, erinnert sich sein einstiger Bandkollege Sumner.



Anton Corbijn, der Joy Division als junger Nobody fotografiert hatte, setzte ihnen mit dem Biopic „Control“ 2007 ein würdiges Filmdenkmal; auch Dutzende Bücher haben sich bereits an ihnen abgearbeitet. Zu Curtis’ 40. Todestag kommt nun ein weiteres dazu: In „Sengendes Licht, die Sonne und alles andere“ erzählt der britische Journalist und Punk-Chronist Jon Savage die Geschichte von Joy Division, ihres Sängers und seiner erst spät diagnostizierten Epilepsie-Erkrankung als Oral-History-Interviewcollage aus teils aktuellem, teils historischem Material bereits verstorbener Protagonistinnen und Protagonisten. Auch die beiden obigen Sumner-Zitate stammen daraus.



Trotz des tragischen Endes ist es ein durchaus euphorisches und teils geradezu heiteres Buch, das auf Verklärung und Bedeutungshuberei verzichtet. „Wir hatten so eine ‚Leck mich am Arsch‘-Einstellung gegenüber der Musikpresse, weil wir einen Großteil der Wörter, die in den Rezensionen benutzt wurden, gar nicht verstanden haben“, erinnert sich Schlagzeuger Stephen Morris an einer Stelle lapidar.



Die vier Mitglieder von Joy Division waren bei der Bandgründung keine Kunststudenten, sie waren Working-Class-Teenager, die sich für laute Musik, Alkohol und Mädchen interessierten. Ein Konzert der Sex Pistols in Manchester hat sie 1976 inspiriert, selbst eine Punkband zu gründen. Eine Geschichte, die sich in jenen Tagen tausendfach ereignet hatte – und doch sollte diese verlaufen wie keine zweite.



Joy Division folgten dem Credo des Do-it-yourself, wendeten sich künstlerisch aber bald von den Formeln des Punk ab. Sie pfiffen auf seine Insignien und trugen stattdessen Hemden und Kurzhaarschnitte. Die Texte des belesenen Sängers wollten ungleich mehr, als das System zu ficken und Anarchie zu propagieren. Aus anfänglichem Unvermögen und schlechtem Equipment entstand dazu ein ganz eigener Sound: Die Bassgitarre von Peter Hook fungierte als Melodieinstrument, der Rhythmus des Schlagzeugs stand im Zentrum.



Die ureigene Klangästhetik ihrer Platten prägte Martin Hannett, ein wunderlich-genialer Produzent, der Joy Division im Studio auch einmal dazu nötigte, eine Sprühdose als Rhythmusinstrument einzusetzen. Hannett verstand es auf magische Art, die in der Musik bereits angelegte Mischung aus Schönheit und Beklemmung, Distanz und Nähe zu verdichten.



„Punk hatte einem ermöglicht, ‚Fickt euch‘ zu sagen“, zitiert Savage in seinem Buch Tony Wilson. Jenen großmäuligen TV-Moderator aus Manchester, der sein überschaubares Erbe auf den Putz gehaut hatte, um nicht zuletzt für Ian Curtis’ Band Factory Records zu gründen, später eines der prägenden britischen Independent-Plattenlabel der 1980er.



„Aber irgendwie ging es danach nicht weiter. Es war nur eine einzige giftige, wütende Formulierung nötig gewesen, um den Rock ’n’ Roll wiederzubeleben, aber früher oder später musste jemand mehr hervorbringen als ‚Fickt euch‘. Joy Division waren die Ersten, die das gemacht haben. Sie haben die Energie und Einfachheit von Punk genutzt, um komplexere Emotionen auszudrücken.“



„Walk in silence / Don’t walk away, in silence“ lauten die ersten Worte von „Atmosphere“, Curtis’ allerschönstem Song. Der überlebende Rest von Joy Division benannte sich nach seinem Tod in New Order um und machte mit melancholischem Elektropop doch noch in großem Stil Karriere. Aber das ist eine andere Geschichte.

weiterlesen