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Kurzbeschreibung des Verlags
Ist der Koran eine Botschaft an die Heiden der arabischen Halbinsel, die innerhalb von nur 22 Jahren zur Gründung einer neuen Religion geführt hat? Ist er die schon kurz nach dem Tod ihres Verkünders kanonisierte heilige Schrift, die uns dennoch authentisch erhalten ist? Angesichts des beispiellosen Erfolgs des Koran ist es kein Wunder, daß diese Darstellung immer wieder in Frage gestellt und Hypothesen formuliert werden, die die frühislamische Geschichte umschreiben und den Koran in einer anderen Region, zu einer anderen Zeit und sogar ohne die Mitwirkung Muhammads entstehen lassen. Alle bisherigen Rekonstruktionen sind aber miteinander unvereinbar und ergeben kein plausibles Bild der Ereignisse, sondern werfen nur zahllose neue Probleme auf.
Die Frage muß anders lauten: Ist der Koran wirklich ein rein islamischer und damit dem westlichen Leser fremder Text? Oder ist er nicht eher eine neue und eigenwillige Stimme in jenem Konzert spätantiker Debatten, mit denen auch die theologischen Grundlagen der jüdischen und christlichen Religion gelegt worden sind? Nicht den Koran müssen wir aufgrund neuer Handschriftenfunde oder mit Hilfe linguistischer Experimente ummodellieren – unsere Perspektive auf den Koran müssen wir entscheidend ändern, wenn wir seine revolutionäre Neuheit in den Blick bekommen wollen. Angelika Neuwirth, Leiterin des Projekts Corpus Coranicum – Dokumentierte Edition und historisch-literaturwissenschaftlicher Kommentar an der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, liest den Koran als Text der Spätantike, einer Epoche, die auch für die europäische Kulturgeschichte formativ war. Der Koran wird so als ein vertrauter Text erkennbar, den wir unbeschadet zum 'europäischen Erbe' rechnen könnten, trennten ihn nicht uralte Vorurteile von einer unvoreingenommenen Wahrnehmung.
Der Koran ist das Produkt einer kriegerischen, in patriarchalen Stämmen organisierten Zivilisation, die sich zwischen Hochreligionen und Großmächten behaupten musste und durch militärische Entschlossenheit zu unvorhersehbarer Macht gelangte. Nun verkündet eine verdiente Koranforscherin, "ursprünglich" sei der Koran das Zeugnis einer "Debattenkultur" gewesen, in der man "ergebnisoffen" andere religiöse Lehren "kritisch sichtete", daher gehöre er zu Europa.
Das ist ideologiegeleitete Geschichtsklitterung mit neokolonialer Note: Anstatt die Eigenart und Ferne jener Welt verstehend zu akzeptieren, werden ihr Dogmen von heute übergestülpt. Wer bereit ist, sich durch Redundanzen und Kulturalistenjargon durchzukämpfen, wird jedoch in den seriösen Kapiteln darüber informiert, wie und weshalb der Koran altarabische Dichtung, Psalmen, biblische Stoffe, Hymnen der Mönche, Schwüre der Seher, zeichentheologische Motive aufgriff und veränderte – wichtige Schritte zur einer Historisierung, die die islamische Welt so lange verweigerte.