

Frauenliteraturkanon
Robert Misik in FALTER 21/2022 vom 25.05.2022 (S. 18)
Bei Nicole Seiferts Buch ist nicht einmal das Thema klar. "Frauen Literatur" prangt auf dem Cover, aber "Frauen" ist durchgestrichen. Doch Unklarheit ist das Thema: Der Literaturkanon ist männlich, über viele Epochen auch der Moderne wurden Autoren als Schöpfer von "Literatur" angesehen, Frauen als Schöpferinnen von "Frauenliteratur". Bis ins 20. Jahrhundert hinein waren respektierte Autorinnen nur Ausnahmen, wie etwa Jane Austen, George Sand oder Louise Aston. Allein die Umstände machten eine Autorinnen-Existenz fast unmöglich. Aber Literatur von Frauen wurde sofort auch abgewertet. Während Literatur von Männern von der Welt handelt, wurde Literatur von Frauen betrachtet, als drehte sie sich allein um die Gefühle von Frauen im Salon. Die Thematiken sind aber sehr oft die Unterdrückung der Frauen, auch ihre psychische Zerstörung. "Weibliche Figuren kämpfen in Bildungsromanen, anders als männliche, nicht mit und in der Außenwelt, sondern mit den Beschränkungen, die ihnen die Gesellschaft qua Geschlecht auferlegt", schreibt Nicole Seifert.