

Kirstin Breitenfellner in FALTER 43/2023 vom 27.10.2023 (S. 28)
Als die ostdeutsche Autorin Jenny Erpenbeck Mitte der 1990er nach Graz zog, stieß sie durch Zufall auf Christine Lavant. Zum 50. Todestag erstellte sie eine Auswahl von Gedichten ("Seit heute, aber für immer"), die die kopftuchtragende dichtende Bergarbeitertochter endgültig vom Nimbus einer katholischen Volksdichterin befreien sollte.
Erpenbeck setzte dieser kompromisslosen Persönlichkeit aber auch in einem luziden Essay ein würdiges Denkmal: "Über Christine Lavant" ist eine Biografie in a nutshell, flankiert von Gedichten. Mag sein, dass Lavant weniger Glamour besaß als ihre Landsfrau Ingeborg Bachmann. Lavants Biografie -ihr sozialer Aufstieg, ihre Förderung durch ehemalige Nazi-Größen, ihr Verstummen nach dem Scheitern ihrer großen Liebe -besitzt aber fast noch mehr Sprengkraft.