

Sein Herz brennt
Dirk Merbach in FALTER 27/2024 vom 05.07.2024 (S. 26)
Schelmische Leichtigkeit, dreiste Sprachakrobatik und Gitarrenriffs der allerhärtesten Sorte tragen und treiben durch dieses Buch. Ein autobiografisch aufgeladener Roman, der heranwächst zum Monument für den verlorenen Sohn. Dieser stürzt sich, an den Schmerzen einer chronischen psychischen Erkrankung zerbrechend, in die Tiefe eines Berliner Hinterhofes. Drumherum begleiten wir den Erzähler durch die morbiden Treppenhäuser des jüdischen Prag der 1960er-Jahre, von wo aus er später ins vergleichsweise aufgeräumte Ostberlin pendelt, um in den 1980ern ganz und gar dort zu
bleiben. Der Liebe wegen. Die zukünftige Gattin (eine Tochter von Christa Wolf) wohnt in einer typischen Altbau-WG der Prenzlauer-Berg-Boheme. Endlich fühlt sich der selbsternannte Trottel unter seinesgleichen, und seinesgleichen geschieht. Anarchie. Ein Land zerbricht, ein Leben endet, eine Welt tut sich auf. Sein Herz brennt. Dieser zauberhafte, die Regeln der Kunst überfliegende Text war zu allem Recht nominiert für den Deutschen Buchpreis 2022. Gewonnen hat dann ein anderer. Passt schon.