Du stirbst nicht

Roman
352 Seiten, Hardcover
€ 20.6
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ISBN 9783462040982
Erscheinungsdatum 27.02.2009
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Kiepenheuer & Witsch
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HerstellerangabenAnzeigen
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
Bahnhofsvorplatz 1 | DE-50667 Köln
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Kurzbeschreibung des Verlags

Vom Hirnschlag erwacht – die atemberaubende Geschichte einer Heilung

Helene Wesendahl weiß nicht, wie ihr geschieht: Sie findet sich im Krankenhaus wieder, ohne Kontrolle über ihren Körper, sprachlos, mit Erinnerungslücken. Ihr Weg zurück ins Leben konfrontiert sie mit einer fremden Frau, die doch einmal sie selbst war.

Kathrin Schmidt packt ihre Leser diesmal durch die Beschränkung, und zwar im wörtlichen Sinne. Mit den Augen ihrer erwachenden Heldin blicken wir in ein Krankenzimmer, auf andere Patienten, das Pflegepersonal und den eigenen Körper, der plötzlich ein Eigenleben zu führen scheint. Und wir erleben die mühsamen Reha-Maßnahmen mit, die Reaktionen der Familie, den aufopferungsvollen Einsatz ihres Mannes – und die bruchstückhafte Wiederkehr ihrer Erinnrung.

Was da zutage tritt, konfrontiert Helene mit einem Leben, in dem sie sich kaum wiedererkennt, und das vieles in Frage stellt, was in der neuen Situation so selbstverständlich scheint. Sie entdeckt frühe Brüche in ihrer Biographie, verdrängte Leidenschaften und aus der Not geborene Verpflichtungen. Als ihr bewusst wird, dass ihr Herz sich bereits auf Abwege begeben hatte und sie den Mann, der sie jetzt so eifrig pflegt, eigentlich verlassen wollte, droht sie den Boden unter den Füßen zu verlieren.

Kathrin Schmidt gelingt das Erstaunliche: Sie macht den Orientierungs- und Sprachverlust nach einer Hirnverletzung erfahrbar und zeigt einen Weg der Genesung, der in zwei Richtungen führt, zurück und nach vorn. Dabei entsteht ein Entwicklungsroman ganz eigener Art, der durch seine innere Dynamik fesselt und durch die Rückhaltlosigkeit, mit der seine Heldin sich mit ihrer Vergangenheit und Gegenwart konfrontiert, fasziniert. Er überzeugt vor allem durch die bewegende Schilderung eines sprachlichen Neubeginns.

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ISBN 9783462040982
Erscheinungsdatum 27.02.2009
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
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FALTER-Rezension

Ich komme mir irgendwie bekannt vor

Daniela Strigl in FALTER 42/2009 vom 14.10.2009 (S. 27)

Souverän erzählt Kathrin Schmidt vom Versuch einer Frau, die eigene Souveränität wiederzugewinnen

Als Geschenk für Hypochonder ist ­dieses Buch definitiv nicht geeignet. Es erzählt die Geschichte einer 44-jährigen Frau, die eines Tages vom Geräusch ­klappernden Bestecks erwacht und sich in der Küche ihrer Eltern glaubt. In Wirklichkeit ist sie, was ihr noch längere Zeit nicht klar wird, im Spital. Verkabelt, bewegungsunfähig, der Sprache nicht mächtig – was ihr in den Sinn kommt, ist Englisch. Sie weiß nicht, wer genau sie ist und was mit ihr passiert ist. Sie hat Angst – Angst, ferngesteuert zu sein. Immerhin freut sie sich über Besuch: "Die kennt sie. Es sind ihre Söhne. Deren Namen wollen ihr zwar nicht einfallen, aber das macht jetzt nichts. Sie glaubt, sie lacht."
Helene Wesendahl (ja, "Helene" kommt ihr bekannt vor) erfährt, dass sie eine Hirnblutung als Folge eines geplatzten Aneurysmas hatte, zweimal operiert wurde. Ihr erstes Wort ist "Matthes", so heißt ihr Mann, sie sagt "Mads": "Er versteht es! Ihr Ehrgeiz ist entfacht. Bist Eulen?, fragt sie ihn. Er guckt. Überlegt er? Ruft plötzlich: Ja, bin Eulen! Ja, ja! Sie könnte nicht Jandl sagen, denkt sie. Nicht Mayröcker."

Dass die Patientin imstande ist, von ­ihrer Kenntnis der österreichischen Gegenwartsliteratur zu profitieren, verweist auf ihren Beruf, der ihr selbst aber erst ­später wieder einfällt: Sie ist Schriftstellerin, die Rückeroberung der Sprache ist also ein in jeder Hinsicht existenzielles Unterfangen. Mithilfe ihres Laptops, ihrer Mails, ihrer Texte, die sie liest, als wären sie von einer Fremden geschrieben, unternimmt Helene immer ausgedehntere Expeditionen in die eigene Vergangenheit.

Die Aphasie bildet sich nur langsam zurück, immer wieder stürzt das "Wortkartenhaus" zusammen. Während sie bereits Komplexes schreiben kann – mit besserwisserischen Therapeutinnen kommuniziert sie schriftlich –, fällt das Sprechen noch schwer: "Matthes war heute wieder da und fragte, was es zu essen gegeben habe. Als er nachfragte, sagte sie wieder Sand. Er wiederholte es, und da fiel ihr natürlich auf: Sand war völlig falsch. Quark hatte sie sagen wollen. Quark mit Kartoffeln. Sie haben gelacht."
Mit den Wörtern stellen sich Erinnerungssplitter ein, mit ihnen neue Wörter. Die letzten Wochen vor dem Hirnschlag scheinen ausgelöscht, dann dämmert es Helene: Da war etwas mit Matthes, der jetzt so selbstverständlich und kämpferisch für sie da ist. Ja, sie wollte von zuhause ausziehen, wegen einer Liebesgeschichte, die Viola hieß und einst ein Mann war. So bizarr das in der Zusammenfassung klingt: Aus Helenes Perspektive, die ganz und gar die des Lesers ist, entsteht das Puzzle des wiedergefundenen Lebens, Stein für Stein, bezwingend unspektakulär. Nicht nur das Gehen muss die Patientin neu lernen, auch das Fühlen.
Dass der Verdacht, die Autorin, eine ausgebildete Psychologin, müsse Ähnliches selbst erlitten haben, bestätigt wird, tut nichts zur Sache dieses außergewöhnlichen Buchs. "Du stirbst nicht" ist alles andere als eine betuliche Krankengeschichte, wie der Titel vermuten ließe. Hier kämpft jemand um seine Souveränität, praktiziert Witz als Notwehr.

Kathrin Schmidt kommt ursprünglich von der Lyrik. In einer prägnanten und überaus vitalen, ungeschminkt wirkenden Sprache schildert sie nicht nur den dornigen Genesungsweg einer zum Neubeginn verurteilten Frau, mit seinen kleinen Fortschritten und massiven Rückfällen, als Gratwanderung zwischen Unvernunft und Selbstbehauptung gegen die ärztliche Übermacht. Vor allem erzählt Schmidt hier, nicht schlicht und doch ergreifend, die Geschichte einer Ehe, einer Jugend in der DDR, aber auch einer im Arbeiter- und Bauernstaat schier unmöglichen Transgenderexistenz.
Am Ende steht der Anfang, das Gefühl, von einem "Schnipsgummi" am Kopf getroffen worden zu sein, das Bild reißt, die Beine geben nach, sie schafft gerade noch den Weg ins Wohnzimmer zu Matthes. "Ich sterbe, sagt sie ruhig. Du stirbst nicht, sagt er ruhig."

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