

Die Intellektuelle, die Tänzerin und die Bäckerin
Sebastian Fasthuber in FALTER 46/2017 vom 15.11.2017 (S. 35)
Joachim Meyerhoff ist aktuell nicht nur Schauspieler des Jahres, sondern auch einer der erfolgreichsten Autoren am Buchmarkt. Unfassbare 1,4 Millionen Exemplare hat der Verlag Kiepenheuer & Witsch von seinen Büchern verkauft. Es handelt sich dabei nicht um eitle Schauspielerbiografien, sondern um Romane. In den ersten drei Teilen des autobiografischen Erzählprojekts „Alle Toten fliegen hoch“ balancierte der Burgschauspieler gekonnt zwischen Witz und Tragik, wenn er von vier Familienmitgliedern Abschied nahm: dem mittleren Bruder, der bei einem Autounfall starb, dem Vater und den Großeltern.
Dem neuen Roman „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“ fehlt es über weite Strecken am existenziellen Moment. Der Protagonist hat inzwischen sein Schauspielstudium abgeschlossen und verdingt sich Anfang der 1990er als Ensemblemitglied an aus der Zeit gefallenen Häusern: Bielefeld und Dortmund. Die Arbeit langweilt ihn. Weil niemand auf seinen Vorschlag einsteigt, extremes, körperliches Theater nach Vorbild der katalanischen Truppe La Fura dels Baus zu machen, verlagert er seine Ambitionen aufs Private und kultiviert ein Doppelleben.
In Bielefeld lebt er mit der superintelligenten und verdammt komplizierten Studentin Hanna zusammen, in Dortmund zieht er mit der Tänzerin Franka durch die Nacht und hat immer wilderen Sex. Das Pendeln zwischen den Städten und Frauen nimmt ihn mit. Ruhe findet seine Seele nur bei einer dicken Bäckerin, mit der dann auch noch eine mütterliche Drittfrau ins Spiel kommt.
Sicher: Meyerhoff kann schreiben und wird seine Fangemeinde auch mit diesem Buch unterhalten. Trotzdem ist ihm „Die Zweisamkeit der Einzelgänger“ gründlich misslungen. Sein Gefühl für Timing verlässt ihn mitunter, einige Szenen zwischen Joachim und Hanna ziehen sich wie Strudelteig. Die ach so faszinierenden Frauenfiguren entpuppen sich mit der Zeit als eher eindimensional. Und die Toten lassen kaum von sich hören. Zehn Prozent Tragik und 90 Prozent Komik – da ist was verrutscht, das passt nicht.