Evangelio

Ein Luther-Roman
352 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783462050103
Erscheinungsdatum 09.03.2017
Genre Belletristik/Gegenwartsliteratur (ab 1945)
Verlag Kiepenheuer & Witsch
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HerstellerangabenAnzeigen
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
Bahnhofsvorplatz 1 | DE-50667 Köln
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Kurzbeschreibung des Verlags


4. Mai 1521 bis 1. März 1522: Martin Luther hält sich auf der Wartburg auf. Gänzlich unfreiwillig, denn er ist auf Geheiß des Kurfürsten von Sachsen in Gewahrsam genommen worden. Dort sieht er sich größten Anfechtungen ausgesetzt, vollbringt aber auch sein größtes Werk: In nur zehn Wochen übersetzt er das Neue Testament ins Deutsche.

Feridun Zaimoglu begibt sich in die Zeit, auf die Burg und in die Kämpfe, die der Verdolmetscher auszufechten hat. Dazu bedient er sich eines Ich-Erzählers, der zwar eine erfundene Figur, aber äußerst faszinierend ist: Landsknecht Burkhard, ein ungeratener Kaufmannssohn, ist Martin Luther zum Schutze an die Seite gestellt. Seine Perspektive ist es, die den Blick auf das Leben, das Streben und die Qualen des Reformators eröffnet.

Burkhard selbst ist Katholik und Anhänger des alten Brauchs und sieht Luthers Wirken mit Sorge. Er will nicht abfallen, nicht mit der Sitte brechen und muss doch den, der dieses tut, schützen und bewahren. Ja, er muss Luther sogar begleiten, als dieser heimlich die Burg verlässt und sich bei Melanchthon in Wittenberg aufhält. Und er muss Luther beistehen, als ihn die sogenannte Teufelsbibel in schlimmste Teufelsvisionen stürzt.

Mit klingender Sprache, erstaunlichem Kenntnisreichtum und dramatischer Zuspitzung erzählt Feridun Zaimoglu von einem großen Deutschen, einer Zeit im Umbruch und der Macht und Ohnmacht des Glaubens.


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ISBN 9783462050103
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FALTER-Rezension

Sie blöken Lieder mit Zung und Zähnen

Stefanie Panzenböck in FALTER 11/2017 vom 15.03.2017 (S. 8)

Feridun Zaimoglus „Evangelio“ oder: Was Sie über Luther immer schon gewusst haben und daher nicht lesen wollen

Feridun Zaimoglu liebt das Spiel mit deftiger Sprache. Seit über 20 Jahren gilt er als wichtiger Autor der deutschsprachigen Literatur, bekannt wurde er mit seinem Buch „Kanak sprak“, in dem er Menschen mit Migrationshintergrund in Form von Monologen porträtiert. In Wien erregte Zaimoglu unter anderem Aufsehen, als er türkische Flaggen im Museumsquartier anbrachte, um die türkischstämmige Bevölkerung in Wien sichtbar zu machen. Jetzt also Martin Luther.

Wir schreiben das Jahr 1521. Über den Mönch und Kirchenkritiker wurde soeben die Reichsacht verhängt, nachdem er seine 95 Thesen, die sich hauptsächlich gegen den Ablasshandel des katholischen Klerus wandten, publiziert und nicht widerrufen hatte.
Der Kurfürst von Sachsen, Friedrich der Weise, nimmt ihn in Gewahrsam und bringt ihn auf der Wartburg bei Eisenach in Sicherheit. Dort sollte Luther ein Jahr unter dem Decknamen Junker Jörg bleiben und das Neue Testament ins Deutsche übersetzen.
Das Jubiläum „500 Jahre Reformation“ in Form eines Wartburg-Kammerspiels abzuhandeln und sich auf das Wesentliche, nämlich auf Luthers Bibelübersetzung, zu konzentrieren, ist ein interessanter Ansatz, an der Umsetzung scheitert „Evangelio“ aber. Zaimoglu hat es sich zur Aufgabe gemacht, so tief wie möglich in die Zeit einzutauchen. Er hat sich offenbar eingehend mit der Sprache des 16. Jahrhunderts auseinandergesetzt und das Ergebnis der Recherchen seinen Figuren in den Mund gelegt.
Eine von diesen, der fiktive Landsknecht Burkhard, wird Luther zu dessen Schutz an die Seite gestellt und fungiert darüber hinaus als Erzähler der Geschichte. Er ist Katholik und wird, trotz mancher Zweifel, der alten Kirche treu bleiben.
Aus dieser, gleich zu Beginn des Romans etablierten Konstellation ergibt sich ein brisanter Konflikt: Der Reformator ist abhängig von einem, der ihm nicht folgt, der Aufpasser muss sein Leben für jemanden einsetzen, den er im Grunde für gefährlich und verrückt hält.
Das klingt nach einer guten Idee, allerdings bleibt es auch bei der Idee. Danach plätschert die Handlung dahin, und dem Leser wird es doppelt schwer gemacht, ihr zu folgen und sich auf sie einzulassen.

Die Authentizität beanspruchende Kunstsprache, die Zaimoglu für den Roman entwickelt hat, ist eher ein Hindernis als eine Hilfe: „Wie lang werde ich meine Gebärde verstellen? Ich reg die Faust zum Streich, will ihm die Büberei ahnden. Es war Torheit, die ich reute, ich lass ab. Der Kerl treibt Scherzreden. Von ihm hängt’s nicht ab, ob ich bei Ehren bleib. Er ist von eingeschüttetem Wein geschwollen. Die Trägen blöken Lieder mit Zung und Zähnen, nicht mit der Seel.“
Hat man sich an den Sound gewöhnt, begegnet man einer sattsam bekannten Abfolge von Sachverhalten: Luther kritisiert den Ablasshandel, wird von Teufelsvisionen heimgesucht, ist cholerisch, hat massive Verdauungsprobleme, ergeht sich in heftigem Antisemitismus und Schimpftiraden wider sittlich verkommene Frauen. Dazwischen werden Briefe Luthers an seinen Freund, den Theologen Melanchthon, montiert.

Zaimoglus Roman gelingt es nicht, neue Facetten Luthers zu entdecken oder auch einfach nur zu erfinden, dafür werden immer wieder grausame Folter- und Vergewaltigungsszenen in die Handlung eingebaut, die in Grundzügen an Michel Foucaults berühmte Beschreibung der Sechsteilung eines Vatermörders in „Überwachen und Strafen“ erinnert: „Auf dies Zeichen fährt der Blutvogt dem Zinker mit dem Eisen hinein, es kümmert ihn nicht Schrei und Jammer, er sticht und wühlt und sticht, er spreizt ihm die Brust, schneidet das Herz aus dem Leibe und schlägt ihm damit drei Male aufs Maul. Der Herren Durst ist nicht gestillt. Der Henker schlägt der Leich auf der Bank Nägel in die Schläfen, und bei der dritten Gunst haut er mit einem Streich das Haupt ab.“ In „Evangelio“ erscheinen dergleichen Szenen bald nur noch als effektheischende Splatter-Elemente, die ein gescheitertes Sprachexperiment auch nicht mehr retten können.

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