Das Problem mit den Frauen

128 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783462050240
Erscheinungsdatum 16.02.2017
Genre Sachbücher/Politik, Gesellschaft, Wirtschaft
Verlag Kiepenheuer & Witsch
Übersetzung Silke Pfeiffer
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Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co. KG
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Kurzbeschreibung des Verlags


Können Frauen Genies sein? Oder sind ihre Arme zu kurz und ihre Köpfe zu klein? Warum haben wir im Geschichtsunterricht nur über zwei drei Frauen etwas gelernt? Was haben eigentlich all die anderen früher gemacht?

»Jacky Fleming schaut genau hin – und das muss sie auch, denn sie sind schwer zu finden: Frauen in der Geschichte.« The Guardian

»Schon der Anblick der weiblichen Gestalt lehrt, dass das Weib weder zu großen geistigen, noch körperlichen Arbeiten bestimmt ist.« Arthur Schopenhauer


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FALTER-Rezension

Nur Strichmännchen? Sicher nicht!

Gerlinde Pölsler in FALTER 10/2017 vom 10.03.2017 (S. 48)

Revolution, Sex, große Freiheit: Immer mehr Frauen erschaffen Graphic Novels und erzählen Frauengeschichte(n)

„Hier! Hier! Mach das Feuerzeug an!“ „Was ist jetzt wieder?“ „Ein Grenzstein!!“ Zwei Mädchen sind zu sehen, sie johlen und tanzen vor Freude. Jetzt kann das Abenteuer beginnen. Sie sind in Italien. Zu Fuß. Ans Meer wollen sie, die große Freiheit. Wir schreiben 1984, die 17-jährige Wiener Punkerin Ulli und ihre nymphomanische Freundin haben sich ohne Geld und Pass auf die Socken gemacht. 25 Jahre später brachte die gebürtige Wienerin Ulli Lust diese autobiografische Geschichte zu Papier: „Heute ist der letzte Tag vom Rest deines Lebens“.
Auf ihrer zweimonatigen Odyssee treffen die Mädchen Straßenmaler und Weltenbummler, Junkies und Mafiosi, wohnen in Villen und unter Sehenswürdigkeiten. Doch die Freiheit schmeckt anders als vorgestellt, zumindest für Ulli. Jeder eroberte Schlafplatz, jede ergatterte Mahlzeit geht einher mit der Forderung nach Gegenleistung. Ein ums andere Mal hat die blonde Ulli sexuelle Übergriffe abzuwehren, einmal wird sie vergewaltigt. Schwarze, gesichtslose Silhouetten stürzen sich auf das Mädchen; einer wickelt sich wie ein Reptil – flap! – um sie. Dazwischen aber bricht auch unbändiges Glücksgefühl aus (Sieh uns an, wir haben es ohne Geld bis nach Sizilien geschafft!), und Unerwartetes geschieht: Als Ulli zum ersten Mal für Geld mit einem Fremden ins Hotel geht, ist plötzlich auch die Lust mit von der Partie. Ein hartes, ungeschöntes Buch.
„Die Leute denken, Comics sind was für Jungen oder geistig zurückgebliebene Erwachsene“, sagt Marjane Satrapi, Schöpferin von „Persepolis“, einem der bekanntesten Comics überhaupt. Doch seit ein paar Jahren boomen sie regelrecht; Graphic Novels decken immer mehr Genres ab und erreichen immer breitere Leserschichten. Wie viel die Text-Bild-Kombination vermag, zeigt Ulli Lusts Buch: Erst mal unterhalten. Hineinziehen, auch wenn die Leserin mit dem Thema zuvor wenig am Hut hatte. Auf mehreren Ebenen gleichzeitig etwas transportieren, Gefühl, Witz, Wissen, Widersprüchliches. „Heute ist der letzte Tag ...“ enthält viele emanzipatorische Botschaften, braucht sie aber nicht auszuformulieren.

Zunehmend zeigen in diesem Genre Frauen als Zeichnerinnen und Texterinnen auf und erzählen Geschichte und Geschichten von Frauen. Da ist Claire Bretécher, die mit ihrer Serie „Die Frustrierten“ im Nouvel Observateur bekannt und als „Frankreichs bester Soziologe“ bezeichnet wurde. Da ist die US-Amerikanerin Alison Bechdel, deren „Fun Home“ ein Bestseller wurde: Tatsächlich redet sie vom „funeral home“, dem Beerdigungsinstitut ihrer Familie, dem Vater, der seine Homosexualität unterdrückt, und ihrem eigenen Coming-out. Pénélope Bagieu wiederum hält in „California Dreamin’“ die Biografie der Sängerin Cass Elliot von The Mamas & the Papas fest. Die wollte schon als Kind eine berühmte Musikerin werden. „Dass das für ein dickes Kind jüdischer Migranten in Baltimore nicht leicht wird, beeindruckt sie wenig.“
Das beliebte Genre der Autobiografie stark mitgeprägt hat Marjane Satrapi mit ihrem „Persepolis“. Wobei sie dieses „Autofiktion“ nennt: in weiten Teilen autobiografisch, aber nicht alles ist wortwörtlich genau so passiert. In schlichtem Schwarzweiß erzählt Satrapi, die 1969 in Teheran geboren wurde und nun in Paris lebt, die Geschichte eines kleinen Mädchens, das im Iran der Islamischen Revolution aufwächst. Marjanes Familie gehört zum alten Teheraner Bürgertum, sie ist wohlhabend, gebildet und träumt vom Marxismus.
Marjane steht auf Jeans und westliche Musik, stattdessen muss sie unter das Kopftuch und hasst es. Im Wohnzimmer hört sie Verwandte von den Folterungen unter dem Schahregime erzählen, sie erlebt Verhaftungen durch Islamisten. Einmal trifft sie die Mutter in Tränen aufgelöst – diese war beim Einkaufen von Bärtigen gedemütigt worden, weil sie nicht verschleiert war. Ihre Eltern schicken Marji mit 14 nach Wien – sie fürchten, im Iran könnte ihrer aufmüpfigen Tochter etwas passieren.
Sie zeichne für jene westliche Welt, sagte Satrapi einmal, die „vor lauter Kopftüchern“ die Vielfalt der realen Gesichter des Iran nicht sehe. Widerständigkeit zeigt sie auch in ihrem Buch „Sticheleien“. Nach dem Essen legen sich die Männer zur Rast, die Frauen schreiten zum Abwaschen. So weit, so traditionell – doch dann legen unter der Ägide der Großmutter die Frauen aller Generationen los: mit subversivem Philosophieren und Spott über die Männer. Da wird zwar einiges als gegeben akzeptiert, etwa der Zwang zur Jungfräulichkeit bis zur Ehe. Aber nur nach außen hin: Man weiß auch, was zu tun ist, wenn eine die Jungfrauenphase hinter sich gelassen hat.

In ihrer Heimat wurde Satrapi als Staatsfeindin und „Hure des Westens“ beschimpft. Gleichzeitig staubte sie für „Persepolis“ mehrere Preise ab, das Werk wurde weltweit mehr als eine Million Mal verkauft. Die von ihr produzierte Verfilmung erhielt eine Oscar-Nominierung.
Der vielen Autorinnen und ihrer Erfolge ungeachtet nominierte 2016 das Comicfestival im französischen Angoulême, das bedeutendste Europas, für seinen Grand Prix 30 Männer und keine Frau. Das Festival „möge Frauen“, sagte sein Chef, aber sie hätten nichts so Bedeutendes geschaffen.
Das könnte direkt aus Jacky Flemings „Das Problem mit den Frauen“ stammen. „Früher gab es keine Frauen“, beginnt die Britin, „deshalb lernt ihr im Geschichtsunterricht auch nichts über sie. Es gab nur Männer, und ziemlich viele waren Genies.“ Frauen schufen immer „nur kleine Kunst, mittelmäßige oder höchstens etwas größere Kunst, wenn Pferde drauf waren, aber nie und nimmer große Kunst, wie nur ein Mann sie hervorbringen kann.“

Wenn Fleming Korsette und Ideen vom kleinen Frauenhirn mit ihrem Sarkasmus überzieht, dann bezieht sich das nur auf den ersten Blick auf die Vergangenheit: Man denke nur an den wiedererstarkten Biologismus. „Hier seht ihr die ersten vier Frauen, die Medizin studiert und dadurch ihren Sexappeal verloren haben. Eine Tragödie, und so unnötig, schließlich gab es bereits jede Menge Ärzte“: Auch heute ist der Gedanke weit verbreitet, es brauche eine besondere Begründung, wenn Frauen in einen bisher Männern vorbehaltenen Teil der Welt vordringen wollen.
Wie schwer das immer schon war, zeigt das britische Trio Mary M. und Bryan Talbot sowie Kate Charlesworth in „Votes for Women“. Sie erzählen vom Kampf der Suffragetten aus der Dienstmädchenperspektive. Die fiktive Hauptfigur, Sally, agiert inmitten realer historischer Figuren, darunter Emmeline Pankhurst. Über dokumentarisch wirkende Zeichnungen erlebt die Leserschaft mit, wie unerbittlich die Kämpferinnen fürs Frauenwahlrecht verfolgt, erniedrigt, eingesperrt wurden. Hungerstreikende wurden zwangsernährt, manche starben nach den Torturen. „Votes for Women“ besticht auch durch akribische Recherche; es ist gespickt mit Originalschlagzeilen und -plakaten, ein Anhang erläutert Hintergründe zu einzelnen Szenen. Das Buch zeigt, dass nicht nur die Oberschicht, sondern auch Dienstmädchen und Arbeiterinnen sich am Kampf beteiligten. Sofort steht da eine Zeichnung von Jacky Fleming vor dem geistigen Auge: Frauen, wie sie einander aus dem Abfalleimer der Geschichte helfen.

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