Menschenkinder

Artgerechte Erziehung – was unser Nachwuchs wirklich braucht
256 Seiten, Hardcover
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ISBN 9783466310685
Erscheinungsdatum 27.06.2016
Genre Ratgeber/Lebenshilfe, Alltag/Familie
Verlag Kösel
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Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH
Neumarkter Straße 28 | DE-81673 München
produktsicherheit@penguinrandomhouse.de
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Kurzbeschreibung des Verlags

Was brauchen Kinder wirklich? Eine Umgebung, die zu ihren Bedürfnissen passt, denn diese haben sich in den letzten Jahrtausenden kaum verändert. Bestsellerautor und Kinderarzt Herbert Renz-Polster zeigt: Wer das biologische Urprogramm seiner Kinder versteht, kann ihnen zuverlässig beistehen. Auch in einer Welt, die sich heute so rasant wandelt wie nie zuvor.»Der bekannte Kinderarzt möchte Eltern ermutigen, den Blick auf ihr Kind zu richten und nicht ständig wechselnden Ratgebern nachzulaufen.« ELTERN, 01.03.2011Immer neue Theorien erklären, was Kinder angeblich brauchen – und was die Eltern angeblich alles falsch machen. Da ist nur ein Problem: Die Theorien ändern sich ständig – und sie widersprechen sich. Die Eltern stehen damit vor einer ernüchternden Tatsache: Ein guter Teil dessen, was über Kinder behauptet wird, ist reine Spekulation. Gut gemeint (in aller Regel), aber trotzdem: Geschwätz.Dieses Buch zeigt:- dass das widersprüchliche Gerede erst aufhört, wenn wir die jahrtausendealte Geschichte unserer Kinder kennen,- dass es zu billig ist, den Eltern den schwarzen Peter zuzuschieben, wenn die Erziehung nicht klappt,- dass die artgerechte Kindheit dringend unter Naturschutz gestellt gehört.Kinder kommen mit uralten Bedürfnissen und Erwartungen auf die Welt. Es mag bequem sein, diese zu ignorieren, doch das hat einen Preis: für die Kinder, für die Eltern – und für die ganze Gesellschaft.Der Bestsellerautor, Kinderarzt und vierfache Vater Dr. med. Herbert Renz-Polster bringt sein tiefgründiges Verständnis der kindlichen Entwicklung in die Erziehungsdebatte ein. Sein Plädoyer macht Mut und zeigt, was wir alle tun können, damit unsere Kinder die in ihnen angelegten Stärken und Fähigkeiten entfalten. Neu: Auch als Hörbuch erhältlich.

Ausstattung: Mit s/w-Fotos

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ISBN 9783466310685
Erscheinungsdatum 27.06.2016
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FALTER-Rezension

Das große Zittern

Gerlinde Pölsler in FALTER 24/2017 vom 16.06.2017 (S. 34)

Verunsicherte Eltern lesen massenweise Ratgeberbücher. Manche erhöhen den Druck nur weiter. Wie finden Eltern, was ihnen hilft?

Die Tür fliegt auf, raschen Schrittes betritt Sabine Wirnsberger ihr Institut, das Handy am Ohr. Die Psychologin, Psychotherapeutin und Mutter dreier erwachsener Kinder ist viel beschäftigt: Sie leitet das Institut für Familienförderung mit Filialen in Graz und mehreren steirischen Städten. Der Verein mit seinen hundert Mitarbeitern bietet Elternbildung und Erziehungscoaching sowie Therapien und therapeutische Gruppen für Kinder und Jugendliche. Im „Coolnesstraining“ etwa sollen aggressive Kinder ihre eigenen Gefühle und die der anderen wahrnehmen lernen. Das „Therapeutische Zaubern“ soll Selbstvertrauen und Aufmerksamkeit stärken.
Eltern-Workshops und Kindertrainings finden ebenso rege Nachfrage wie die Ratgeberliteratur für Eltern. Im Schnitt erscheint pro Woche mehr als ein neues schlaues Erziehungsbuch. Wann immer Jesper Juul oder Jan-Uwe Rogge („Kinder brauchen Grenzen“) etwas Neues herausbringen, wird es ein Bestseller: Juuls „Leitwölfe sein“ aus dem Vorjahr verkaufte sich mehr als 50.000-mal.
Eltern sind verunsichert, und so manches Buch hat den Druck zusätzlich erhöht.
Die Verunsicherung verwundert auch nicht. Die Welt, in die Eltern gerade Kinder setzen, ist selbst von Unsicherheit geprägt: Der eigene Job kann morgen weg sein. Keiner weiß, welche Berufe in 20 Jahren noch existieren und wie viele Leute künftig noch Arbeit haben werden. Der mächtigste Mann der Welt wurde zu ebendiesem durch Eigenschaften, die wir an unseren Kindern nicht haben wollen. Welche Kompetenzen wird unser Nachwuchs also einmal brauchen? Hat es überhaupt noch Sinn, ein Sparbuch anzulegen; wie viel wird es noch wert sein, wenn das Kleine volljährig ist? Wird es die EU dann noch geben?
Der Soziologe Heinz Bude sieht eine „Gesellschaft der Angst“: Heute gebe es für alles zig Möglichkeiten, und gerade die Um-die-40-Jährigen fürchteten sich ständig, etwas falsch zu machen.
Das gilt auch für die Erziehung, für die kaum noch verbindliche Regeln existieren. Viele Eltern mit jetzt Minderjährigen sind mit einem ganz anderen Erziehungsstil aufgewachsen als dem, den sie selber praktizieren wollen: Bei vielen fand noch die gsunde Watschen selbstverständlichen Einsatz; andere wuchsen so gut wie ohne Regeln auf. Wie die Balance zwischen hoher Empathie und dem Setzen von Grenzen aussehen könnte, das haben sie schlicht noch nicht erlebt. Was die Sache mit der geschlechtergerechten Arbeitsteilung im Alltag genau heißt, darum raufen sie ebenso wie mit neuen Patchwork-Konstellationen.

Zumindest weiß jeder, was alles schieflaufen kann. Magersüchtig oder depressiv, Leistungsverweigerin oder Tyrann kann das Kind werden. Hört man ja jeden Tag. Und dann? Wo sonst nichts mehr fix ist, auch der Partner morgen weglaufen kann? Wo nur die Blutsverwandtschaft als unzerreißbares Band bleibt, das Kind also das Bedeutsamste ist?
Klingt, als könnten Eltern Hilfe gebrauchen. Doch „das Dorf“, das es laut dem afrikanischen Sprichwort braucht, um ein Kind großzukriegen, das existiert kaum noch.
„Wir haben es mit einer Elterngeneration zu tun, die sich ihrer Verantwortung sehr bewusst ist“, sagt Sabine Wirnsberger. „Doch die Eltern stehen unter großem Druck, sie stellen unglaublich hohe Anforderungen an sich selbst.“
In ihrer Unsicherheit neigten manche dazu, sich plakative Konzepte überzustülpen und dann starr abzuarbeiten. „Doch damit geht ihre Authentizität verloren. Die Kinder kriegen dann zu wenig mit, wer ihre Eltern wirklich sind.“ Führt man zum Beispiel nur eine „Bärenumarmung“ aus Haim Omers Konzept der Neuen Autorität durch – dabei „umarmen“ die Eltern ein wütendes Kind, auch wenn es weglaufen will –, dann sei das Kind irritiert. Zumal, wenn Mama oder Papa selbst nicht so sicher sind, ob das was Gscheites ist. „Kinder nehmen wahr, was ihre Eltern nicht aussprechen. Sie spüren, wenn diese verunsichert sind. Eigentlich könnte man sagen, dass Kinder ihre Eltern besser kennen als die Eltern sie.“
So manches Buch hat den Druck zusätzlich verstärkt. Da finden sich Eltern einerseits gemaßregelt, weil sie sich zu wenig Zeit für ihre Kinder nähmen und zu faul seien, diese richtig zu erziehen. Gleichzeitig dürfen sich Mütter und Väter böse Ergüsse über „Helikopter-Eltern“ anhören und wie unverschämt es sei, wenn Mütter Kinder zu ihrem „Projekt“ machten. Und wussten Sie, dass Überfürsorge angeblich genauso viel Schaden anrichtet wie Vernachlässigung?

Selbst der Bestsellerautor Jesper Juul, bei dem viel Humor durchblitzt und der sicher nicht zu den Scharfmachern zählt, schreibt gelegentlich sehr absolute Sätze: „Solange unsere Kinder bei uns leben, sind wir zu einhundert Prozent dafür verantwortlich, wie sie sich entwickeln.“ Peergroup, Schule, Gesellschaft, Veranlagung spielen da überhaupt keine Rolle. Juul sagt den Eltern aber gleichzeitig sinngemäß immer wieder: Cool down. Ihr dürft Fehler machen. Die Kinder werden damit klarkommen.
Andere sprechen zwar berechtigte Aspekte an, greifen jedoch zu einer Wortwahl, dass einem angst und bange werden kann. Dazu gehört der Diskurs über Tyrannenkinder, den der deutsche Psychiater Michael Winterhoff mit mehreren Bestsellern angestoßen hat und den im Vorjahr die Wiener Psychotherapeutin Martina Leibovici-Mühlberger fortführte. „Übergewichtig und essgestört, chillbewusst und leistungsverweigernd, verhaltensoriginell, tyrannisch und voll Widerstand, so präsentieren sich immer mehr Kinder“, heißt es in ihrem Buch „Wenn die Tyrannenkinder erwachsen werden: Warum wir nicht auf die nächste Generation zählen können“. Die Eltern jener Missratenen erscheinen als zu faul, um klare Regeln vorzugeben, oder egoistisch, weil nur mit Geldverdienen beschäftigt. Geldverdienen als Notwendigkeit kommt eher nicht vor. Aber wie soll das verzweifelten Eltern helfen? Konkrete Wege für „schwierige“ Kinder finden sich darin nicht.
Die meisten Theorien über Kinder „sind verzagt, sie sind pessimistisch, und sie verbreiten eine Heidenangst“, so der Kinderarzt Herbert Renz-Polster in der Neuauflage seines Buchs „Menschenkinder“. Kinder erscheinen als defizitbehaftet und gefährlich, nur darauf aus, die Macht an sich zu reißen. „Nicht einmal schlafen können die Kleinen – sie müssen das durch ‚Schlaftrainings‘ lernen – die zum Teil nur deshalb nicht unter die Genfer Konvention fallen, weil damit keine Kriegsgefangenen, sondern Babys behandelt werden.“ Alles sei gleich eine Wissenschaft, daher hätten Eltern Riesenangst, einmal das Falsche zu tun: „Dann macht eine Synapse zick anstatt zack, und die Kleinen sind für ihr Leben geschädigt!“

In jüngster Zeit jedoch erscheinen verstärkt Titel à la „Eltern, entspannt euch!“ (Ulrich Conrady), es wird wieder mehr Optimismus versprüht. Renz-Polster meint in seinem „Menschenkinder“-Buch, Eltern könnten ruhig mehr auf die Stärken der Kinder schauen: „Wenn unsere Kinder wirklich auf ihrem jahrtausendelangen Weg bestehen konnten, dann nicht, weil sie mit Problemen beladene Mimosen waren, sondern deshalb, weil sie gute Antworten auf die Herausforderungen gefunden haben, die sich ihnen stellten.“ Warum also sollen ausgerechnet die Kinder von heute die Kurve nicht kriegen? Stark im Fokus ist neuerdings das eigene elterliche Verhalten – anstatt des Versuchs, das Kind „in den Griff zu bekommen“. Gut so, glaubt die Praktikerin Wirnsberger: „Es ist viel wichtiger, dass man sich selbst beobachtet, als dass man ständig die Kinder beobachtet. Kinder lernen viel mehr durch das, was Eltern leben, viel weniger durch das, was sie sagen.“ Oder, wie der Autor Robert Fulghum meinte: „Machen Sie sich keine Sorgen, dass Ihre Kinder nie hören. Sorgen Sie sich lieber, weil sie Sie beobachten.“

In „Erziehen ohne auszurasten. Wie ich aufhörte meine Kinder anzuschreien – und wie Sie das auch schaffen“ schildert die US-Amerikanerin Sheila McCraith, wie sie früher oft mit ihren vier Kindern gebrüllt habe – und irgendwann ihrer Familie verkündete, dass sie „von nun an 365 Tage am Stück nicht mehr schreien würde. Sollte ich doch schreien, würde ich wieder bei Null anfangen.“ Grundidee: „Ich kann nicht immer kontrollieren, wie meine Kinder sich verhalten, aber ich kann mein Verhalten kontrollieren.“ So lernen die Kinder, wie man mit Wut umgehen kann, und sehen, dass sich auch ihre Mutter redlich um ein besseres Zusammenleben bemüht.
Genau dafür plädieren auch Robert Brooks und Sam Goldstein in „Das Resilienz-Buch. Wie Sie Ihre Kinder fürs Leben stärken“. Wollen Eltern, dass Kinder Rückschläge einstecken und Konflikte lösen lernen, dann müssten sie vielleicht erst an sich selber etwas ändern. Jesper Juul wendet dieses Prinzip im neuen „Liebende bleiben“ auf die Paarbeziehung an: „‚Ich bin nicht zufrieden mit meinem Leben, deswegen musst du dich ändern!‘ Das geht nicht. Leider.“
Ermutigend und entlastend ist auch „Hilfe, meine Kinder streiten“ (Adele Faber/Elaine Mazlish). Ziel: dass Eltern und Kinder damit umgehen und Konflikte im Rahmen halten lernen. Zuallererst sollten Eltern kindliche Gefühle von Schmerz und Eifersucht anerkennen und dies auch aussprechen. Wie man dem alltäglichen Kampf im Kinderzimmer begegnen kann, das haben die Autorinnen als Mütter und als Leiterinnen zahlreicher Elternkurse erprobt. Fort- und Rückschritte, Verzweiflung und Galgenhumor sind ausgiebig dokumentiert. „Das ist zu viel für mich. Es wäre einfacher, die Kinder einmal die Woche zu einem Therapeuten zu schicken“, sagt eine Kursteilnehmerin. „Einmal die Woche?“, antwortet ein anderer: „Bei dem, was zwischen meinen Kindern passiert, bräuchte ich einen Therapeuten mit Übernachtungsmöglichkeit.“
Humor einfließen lassen, auf sich selbst hören und wissen, dass es die perfekte Erziehung nicht gibt – das möchte Psychologin Wirnsberger den Eltern mitgeben. „Erziehung geht in Wellen“, sagt sie. Auch sie habe manchmal gedacht: „Jetzt halt ich’s nicht mehr aus. Oft ist man sehr mit sich zufrieden, dann wieder gar nicht, und manchmal ist man auch verzweifelt. Das ist die Realität.“ Ratgeber könne man als Anregung nutzen, brauche sie aber nicht als absolute Wahrheit zu verstehen. Viele der Männer, die Ratgeber verfassen, würden den Alltag mit Kindern gar nicht kennen.
Den Briten Tom Hodgkinson, der 2009 seinen leichtfüßigen „Leitfaden für faule Eltern“ vorlegte, haben seine Freunde gar ausgelacht, als er eröffnete, er schreibe einen Elternratgeber. „Wir lehnen die Idee ab, dass Elternschaft harte Arbeit bedeutet“, heißt es da im „Manifest“. Und: „Dankbarkeit dafür, dass die Kinder in unser Leben getreten sind, könnte ein guter Anfang sein.“

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